Ein nervtötendes piep Geräusch riss mich aus dem Schlaf. Ich musste ein paar Mal blinseln, um zu begreifen, wo ich war. Dantes schwere Hand lag auf meinem Bauch und hielt mich an der Hüfte fest. Der fehlende Schlaf hatte mich so tief ins Traumland verfrachtet, dass ich nicht bemerkt hatte, wie er ins Bett gekommen war.
Vorsichtig, ohne ihn zu wecken, entfernte ich mich aus seinem festen Griff, nahm mein Handy vom Nachttisch und ging auf Zehenspitzen ins Bad.
Ich wusch mir das Gesicht und putze meine Zähne.
Nachdem ich einigermaßen wach war nahm ich mein Handy von der Ansichte und sah auf den Display. Wie versprochen hatte mir die Person hinter den Computerstimme die Adresse geschickt. Ich kannte die Gegend nicht und würde somit mit Navi fahren müssen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich beeilen müsste.

Genauso leise wie zuvor, tapste ich zum Ankleidezimmer und zog mir eine schwarze Jeans heraus und einen genauso dunklen Pullover.

Kurz überlegte ich mir, ob ich eine Waffe nehmen sollte, verwarf den Gedanken aber wieder.
Zu meinem eigenen Schutz würde eine einzige Pistole nichts ausrichten können und wenn sie schon wollten, dass ich Hiroto tötete, dann sollten sie mir auch das Mittel dazu geben.
Besser, wenn man seinen Tod nicht mit der Familie Martinelli und deren Hülsen ins Verbindung bringt.
Doch ganz nackt wollte ich dann doch nicht gehen, also nahm ich den Dolch aus meiner Tasche, welchen ich schon bei dem geheimnisvollen Treffen am Hafen in Cape dabei hatte und verließ das Zimmer.

Im Flur sah ich mich einige Male um, aber die Luft war rein, also ging ich zur Treppe und nahm eine Stufe nach der anderen.
Im Erdgeschoss schlich ich leise zur Garage und schaffte es keiner Menschenseele zu begegnen.

Ich hörte Stimmen aus dem Zimmer, in welchen ein paar Tage zuvor Leonora an einem Stuhl gefesselt saß, aber ich ignorierte es und öffnete die Tür zur Garage.
Dort nahm ich mir die Schüssel von dem Audi und stieg leise hinein.

Wenn ich den Motor jetzt starte, könnten mich die Personen im Zimmer neben an hören. Aber wenn ich weiter wartete, dann verpasste ich die Zeit für den Anruf.
Nach einigen hin und her entschied ich mich dazu, es einfach zu riskieren.
Sollte mein Verschwinden Aufsehen erregen, dann fällt mir schon eine Aussrede ein.

Ich startete den Motor und ließ den Wagen leise aus der Garage rollen. Ich hätte meinen Ausflug vielleicht etwas besser planen sollen, aber meine Gedanken drehteten sich ausschließlich um den Gefallen und nicht um meinen Aufbruch.
Als ich es geschafft hatte einiger maßen leise vom Hof zu fahren bog ich auf die leere Straße und gab erst einige Meter später Gas.

Ohne genauen Plan fuhr ich den Weg entlang, bis ich ungefähr einen Kilometer vom Anwesend entfernt war und parkte am Straßenrand.
Mit zitternden Händen tippte ich die Adresse ins Autonavi.
Während die Route berechnet wurde lehnte ich mich im Sitz zurück und atmete ein paar Mal tief durch.

Ich konnte immer noch nicht fassen, was ich gleich zu tun gewillt war. Ich würde einen Menschen töten. Auch wenn es ein Mistkerl wie Hiroto ist, der meinen Mann entführt und Pablo getötet hatte, er war immer noch ein Mensch.
Ich redete mir ein, dass ich keine Wahl habe, dass das die einzige Möglichkeit war ohne noch mehr Schaden anzurichten, aber ich wusste, dass dies nur teilweise zu traf.
Das Leben war nicht schwarz oder weiß, es war grau.
Und genau diese Frage wird mir noch die Konsequenzen meiner Tat aufzeigen.
War ich für sie bereit? Nein ganz sicher nicht!

Ich fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht und sah dann zum Navi. Die Strecke war kalibriert und ohne einen weiteren Gedanken an die Folgen zu verschwenden, startete ich den Wagen.
Ich folgte den Anweisungen der weiblichen Stimme und kam nach dreißig Minuten an meinem Ziel an.
Ich sah auf die Uhr im Armaturenbrett und stellte fest, dass es keine Minute zu früh war.
Zügig nahm ich mein Handy und die Autoschlüssel und stieg aus.
Unauffällig überprüfte ich den Dolch, welchen ich in den hinteren Hosenbund meiner Jeans verstaut hatte und ging zu dem Gebäude vor mir.
Die Gegend war komplett verlassen, nichts als leere Felder und ein paar vereinzelnden Bäumen. In mitten dieser Pampa stand nur dieses eine Gebäude, das einer Lagerhalle ähnelte.
Der perfekte Ort für einen Mord. Erneut überfluteten mich die Zweifel. Ein Mord, ich werde gleich einen Mord begehen.
Die Kriminalität wurde uns in die Wiege gelegt, aber ein Mord, dass war selbst für Leute wie uns nichts leichtes.
Besonders für mich, denn ich hatte bis jetzt eine weiße Weste gehabt.
Versammte Scheiße, ich hatte zuvor noch nicht mal einen Kaugummi geklaut.
Die einzigen Male, in denen ich in kriminelle Handlungen verwickelt war, ging es um das Geschäft.
Entweder das meines Vaters, oder das von Sergio, aber das war das Geschäft.
Ich hatte nie jemanden beklaut, hintergangen, oder den Abzug gedrückt.
Ich hab kriminelle Geschäfte mit genauso Kriminellen gemacht. Das macht mich zwar nicht zu einer Heiligen, aber meine Hände waren dennoch sauber.
Und jetzt? Jetzt werde ich sie mit Blut beflecken, einer Schuld, welche ich mein Leben lang nicht abwaschen kann.

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