Kapitel -2-

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"It is better to be hated for what you are than to be loved for what you are not."
Andre Gide

„Ey"..."Ey aufstehen Pappnase" mein Bruder stieß mit seiner Fußspitze nach mir.

„Jackson!" genervt rollte ich mich auf die Seite. Blinzelnd öffnete ich die Augen. Ich hatte diese Nacht kaum geschlafen. Ich war so nervös. Es fiel mir nicht leicht, mich einer neuen Umgebung anzupassen. Schon recht nicht, wenn es sich um eine neue High School handelt und sich schon sämtliche Gruppen gebildet hatten. Ich wollte Jackson nicht am Ärmel hängen. Wie er mir mehrfach sehr stolz berichtet hatte, gehörte er zu den coolen. Ich wollte ihm das nicht gleich mit meiner Sozialen Unbeholfenheit kaputt machen. Ich würde schon allein zurechtkommen. Wer weiß, vielleicht ist Freundschaften schließen ja leichter als in meiner Erinnerung.

„Steh auf, ich nehme dich mit. Aber nur heute. Wir wollen nicht gleich Rufmord begehen...ich fahr in 15 Minuten los Herzchen. Hop Hop" frech grinste er mich an, eher er auf dem Absatz kehrt machte und im Badezimmer verschwand. Kurz sah ich ihm hinterher. Es ist ungewohnt. Ich kannte meinen Bruder zwar, aber irgendwie hatte ich mir das Leben mit Geschwistern anders vorgestellt. An die Zeit, wo wir noch eine Familie waren, kann ich mich nicht mehr erinnern. Meine Eltern trennten sich als ich 7 Jahre alt war. In den Ferien, wenn ich meinen Vater besuchten dufte, kam es nie zu Übernachtungen. Meine Mutter hatte sich ein Hotel genommen und mich morgens vor Dads Tür abgestellt und abends wieder abgeholt. Sie wollt ihm vermutlich nicht komplett die Kontrolle überlassen.

Über das Wochenende hatte ich festgestellt, dass ich tatsächlich viel mit meinem Bruder und auch Vater gemeinsam hatte. Wir hatten auf jeden Fall alle einen Dickschädel. Am Ersten Tag kam es schon zu einer kleinen Auseinandersetzung.

Müde befreite ich mich aus dem Haufen Decken und krabbelte zum Fenster, um die Vorhänge zu öffnen. Das Arbeitszimmer meines Vaters missbrauchte ich zurzeit als mein Schlafzimmer. Er behaarte seit Samstag immer wieder darauf mit mir im Laufe der Woche Möbel kaufen zu fahren, doch ich wies ihn immer wieder ab. Mir reicht die Matratze auf dem Boden. Meine Mutter würde bestimmt jeden Moment wieder kommen und ich dann wieder ausziehen. Es gab also keinen Grund so viel Geld umsonst auszugeben.

Die ersten warmen Sonnenstrahlen schienen in das kleine dunkle Zimmer und erhellten es. Bald würde es wieder wärmer werden und auch früher wieder hell. Diese Dunkelheit macht einen ganz melancholisch. Ich zog mich schwermütig an der kleinen Kommode hoch, die mein Vater für meine Kleidung ausgeräumt hatte und sah aus dem Balkon Fenster. Dads Arbeitszimmer lag im Obergeschoss und war Richtung Straße gelegt. Ich konnte beinahe alles sehen. Großgewachsene Bäume versperrten mir an manchen Stellen den Einblick. Es war eine tatsächlich sehr schöne Nachbarschaft mit gepflegten Vorgärten und großen Häusern. Diese Backsteinhäuser gefielen mir noch am besten. Sie hatten so viel Charakter. In meinen Augen sieht eh alles besser aus, wenn es nicht wie ein weißer Schuhkarton aussah. Mein Blick schweifte zum Nachbarhaus, welches genau an das unsere gebaut wurde. Sie standen sich so nahe, dass ich behaupten würde, ich könnte von diesem Balkon auf den gegenüber springen. Wenn ich nicht solche Höhenangst hätte, versteht sich.

„Dune?" hörte ich meinen Vater von unten rufen. Außer dem kleinen Missverständnis am Samstag kam ich gut mit meinem Vater zurecht. Er war kein so schlechter Mensch wie meine Mutter ihn dargestellt hatte. Er war sehr nett und zuvorkommend, etwas stürmisch vielleicht. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sein Arbeitszimmer bereits geleert und mein Zimmer hier vollständig eingerichtet. Ich jedoch plante nicht so weit hier zu bleiben. Für ein paar Wochen konnte ich ja wohl auf dem Boden schlafen.

„Ich bin Wach" entgegnete ich ihm und machte mich daran mein Bettzeug zu falten, zur Seite zu legen und die Matratze aufzustellen. Kurz darauf trat ich an meine Kommode, um mir Kleidung zu suchen. Was zieht man am ersten Schultag an? An meiner alten Schule gab es eine Uniform. Ach egal. So viel Auswahl gab es auch nicht. Da ich selbst nicht viel besaß, hatte Jackson seinen Kleiderschrank ausgemistet und mir vermacht. Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass ich sonst nicht in zu großer Männer Kleidung herumlaufen würde. Oh, ich liebe diese Holzfällerhemden und ausgewaschenen Jeans. Ich wurde tatsächlich öfter schon für einen Jungen gehalten. Mit meinen 181cm galt ich gerade so zur größeren Gesellschaft. Meine Dunkelbraunen lockigen/welligen haare band ich meistes zu einem Dutt und verstaute diese unter einem Käppi oder Kapuze, da mich sonst diese nervigen Strähnen kitzelten. Zudem verließ ich das Haus nie ohne Sonnenbrille da ich sehr lichtempfindlich war. So wurde für Oma Grete aus Dune ein gutaussehender junger Mann. Nach Monaten der damaligen Nachbarschaft, wo ich ihr am Wochenende im Garten geholfen hatte, hatte ich ihr damals nicht gestehen konnte, dass ich ein Mädchen war. Sie sagte immer, wie sehr ich sie an ihren Enkel erinnerte, den sie so sehr vermisste.

Einmal Klischee zum Mitnehmen bitte!Where stories live. Discover now