Kapitel 1

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Ich trottete langsam die Straße entlang. Es war Sonntag und ich überlegte,was ich jetzt alles hätte tun können,Eis essen,ins Schwimmbad gehen oder einfach mal nur herum sitzen. Aber stattdessen lief ich hier lang. Ich hoffte nie an meinem Ziel anzukommen. Wer geht an einem Sonntag,im Sommer schon ins Altenheim?,fragte ich mich. Ich wollte dort nicht hin. Es war irgendwie uncool sich um alten Damen in einem Altenheim zu kümmern. Ich fand es komisch,und ich wusste,dass mich meine Freunde aus gelacht hätten,wenn sie das gesehen hätten. Wer hätte das auch nicht? Es war verrückt als Junge dort zu arbeiten.Und alles war die Schuld meines Vaters. Er hatte die grandiose Idee gehabt,dass ich ja jetzt,wo ich volljährig war,mal Verantwortung zu übernehmen könnte. Ausgerechnet in einem Altenheim sollte ich helfen. Ich hasste Altenheime,dort roch es schrecklich nach Krankenhaus,man hatte ständig irgendeinen Dementkranken an der Backe,und die Altenpflegerinnen waren total nervig. So stellte ich es mir zumindest vor.

Ich stand vor einem großen Tor und wusste,dass ich da war. Ich ging hinein,obwohl ich eigentlich gar keinen Bock auf diese Arbeit hatte. Ich wusste,dass ich mich anstellte und mich unnötig aufregte,aber so war ich. Ich redete mir nichts ein. Es war einfach nicht mein Ding. Nach einiger Zeit,die ich im Eingangs Bereich herumgestanden hatte,kam eine Frau auf mich zu. Sie war gertenschlank und ziemlich klein. "Du musst Junis sein. Ich bin Petra. Wir hatten telefoniert,stimmts?",sagte sie und lächelte mich an. "Ja,genau. Was soll ich denn genau hier machen?",fragte ich etwas verzweifelt,weil ich wirklich keine Ahnung hatte,was da auf mich zukam. Ich hatte keine Lust auf diesen Job. Absolut keine Lust. "Nichts schweres,keine Angst.",antwortete mir Petra,"du sollst lediglich die Menschen hier zum lachen bringen. Wie du siehst,gibt es nicht viel,was sie hier machen können,aber wir versuchen sie so gut es geht zu unterhalten. Du sollst einfach ein paar Spiele mit ihnen spielen oder dich mit ihnen unterhalten." Irgendwie fand ich das gar nicht so schlimm. Klar,es waren alte Leute und ich war ein 18 jähriger Junge,aber das würde schon irgendwie klappen. Ich sah die Sache erstmal lockerer,weil ich jetzt genau wusste,was auf mich zu kam. "Okay,Petra. Ich versuchs,aber ich kann doch immer noch aufhören,wenn das nicht mein Ding ist oder?" "Na,klar. Wir freuen uns über deine Hilfe,aber wir halten niemanden fest." Sie führte mich in einen Raum,indem ziemlich viele Frauen und Männer saßen,die sich lautstark unterhielten und diskutierten. "Du kannst loslegen. Hier ist der Aufenthaltsraum. Ich lasse dich jetzt alleine",sagte Petra und ging. Schon kurz danach hörte ich einen alten Mann brüllen. "Käse,Käse!" ,schrie er die ganze Zeit. Was war denn mit dem falsch? Ich hatte ja gewusst,dass es nicht einfach werden würde,aber schon am ersten Tag so ein Bekloppter? Wollten die mich verarschen oder was? "Käse! Kääse!",schrie der Mann wieder und hängte sich an mein Hosenbein. "Horst,hör doch auf,lass den armen Jungen los",sagte eine Frau. Doch er wollte einfach nicht aufhören. "Käse!",schrie er weiter. Ich sah keine andere Möglichkeit und riss mir diesen Opa mit Gewalt vom Bein. Stark war er ja nicht. Als er dann nochmal "Käse" schrie,dachte ich mir platzt der Kragen. Ich nahm ihn beim Arm und führte ihn zu einem Stuhl. "Wenn sie jetzt noch einmal Käse rufen,dann können sie aber glauben,dass ich sie nicht einfach hier sitzen lasse.",versuchte ich diesem Horst klar zu machen. "Käse!",rief er dann. Ich drückte einen Knopf und eine Altenpflegerin stand schon im Raum.

"Was ist denn hier los?",fragte sie und ich erklärte ihr die Situation. "Er ist dement. Eigentlich sollte er gar nicht hier sein,aber er sucht immer Anschluss zu den anderen." "Ahh.",antwortete ich. Irgendwie tat mir der Mann ein bisschen leid. Ich war froh,als die Frau ihn weg brachte,ich hatte gar keine Lust mehr,aber ich bekam Geld für den Job und das wollte ich unbedingt haben. Ich schaute mich ein weiteres mal im Raum um und entdeckte abseits von den ganzen anderen eine Oma,die nah am Fenster in einem Schaukelstuhl saß. Sie las ein Buch und hatte ihre Brille weit unten sitzen,wie es meist nur Lehrerinnen haben. Diese Frau faszinierte mich. Ich konnte nicht sagen warum,aber obwohl sie so abseits saß,und scheinbar niemanden bei sich hatte,sah sie zufrieden aus. Sie wirkte nicht ausgeschlossen oder wie ein Outsider,so wie es sie an unserer Schule gab,sondern eher als wäre sie froh allein sein zu können.Wie von alleine ging ich zu ihrem Stuhl hin und schaute sie an. Sie war klein und sah sehr zerbrechlich aus,so wie nur alte Omas aussehen. "Guten Tag",sagte ich zu ihr und lächelte sie an. Ich wusste,dass es sie nicht störte,dass ich sie vom Lesen ab hielt. Das sah man ihr an.

Old but GoldWhere stories live. Discover now