42 Kilo

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42 Kilo

Wie die letzten Nächte liege ich auch heute wieder wach. Ich kann einfach nicht schlafen. Immer wieder höre ich wie sich Sina aus dem Zimmer schleicht und zur Toillete geht. Der Gedanke an Abführmittel lässt mich schon schaudern. Warum tut sie sich das nur an?

Mit tiefen Augenringen und noch tot müden schwinge ich meine Beine aus dem Bett und mache mich auf den Weg ins Bad. Ich hab glaube ich zwei Stunden mit etwas Glück heute geschlafen, mehr auf keinen Fall. Ich rüttele an der Tür doch sie ist zu. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir jedoch, dass Sina erst in einer halben Stunde aufstehen müsste. Ich lasse mich an der Wand neben der Tür runter gleiten. Dann muss ich halt warten.

Ich schließe meine Augen wieder, plötzlich höre ich ein Schluchzen aus dem Bad sage jedoch nichts. Warum tut sie sich das an? Sie macht nicht nur sich, sondern auch die ganzen Menschen um sich herum kaputt. Sie macht mich kaputt.

„Mira hilf mir mal bitte“, ruft meine Mutter als ich aus der Schule komme direkt. „Mum, ich hab hunger“, nörgele ich. „Wenn du das hier gesehen hast bestimmt nicht mehr“, ruft sie wieder. Ich stelle meine Tasche ab und folge der Stimme. In Sinas Zimmer.

„MUM! Was machst du hier“, rufe ich geschockt als ich das Zimmer sehe. Sie hat alle Schränke geöffnet und alles ausgeräumt. „Das kannst du doch nicht machen“, rufe ich aufgebracht und renn durch das Zimmer.

„Mira guck doch mal. Hier das sind Kartoffeln mit Quark. Die standen draußen auf der Fensterbank!“, wirft sie ein und hält mir ein Teller mit vertrockneten Kartoffeln vor die Nase. „Nimm das weg“, meine ich und drücke ihren Arm weg.

„Wir müssen, doch was dagegen machen!“, sie schaut mich flehend an. „Was willst du von mir? Du hast mich kein bisschen Unterstützt. Du hast mich nicht verstanden. Was erwartest du jetzt von mir?“ „Ich kann das nicht noch mal durchmachen. Bitte Mira du musst helfen. Sie darf nicht den selben Fehler machen.“ Ich starre meine Mutter fassungslos an. Will sie mir gerade wirklich klar machen, dass sie das nicht noch einmal durchstehen kann? Sie, die dafür null Verständnis zeigt? „Ich werde auch mit Meli reden müssen“, meint sie nachdenklich. „Warum?“, kommt es direkt von mir. „Na ja Sina sagt immer sie würde mit ihr was essen gehen.“ Ich falte meine Hände vor meinem Kopf zusammen. Das kann doch nicht alles wahr sein. „Mum. Du musst Sina in Ruhe lassen. Lass mich mit ihr reden. Du machst das alles nur noch viel schlimmer.“ „Nein. Ich rede mit ihr“, und damit verlässt sie das Zimmer. Ich starre ihr noch hinterher, aber so wie ich meine Mutter kenne macht es auch keine Sinn ihr hinterher zu laufen und auf sie einzureden. Sie würde ihre Meinung eh nicht ändern.

Ich schleppe mich mühsam in mein Zimmer und lasse mich sogleich auf mein Bett fallen. Ich brauche dringend schlafe!

Als ich das nächste mal meine Augen öffne höre ich schon das schreien von meiner Mutter. Ich gucke auf die Uhr uns muss feststellen, dass bereits zwei Stunden vergangen sind und Sina nun auch bestimmt zuhause ist.

„Ich weiß wie viel ich wiege, Mama. Das kann ich dir auch so sagen“, höre ich Sina sagen. „Ach dann belügst du mich doch eh nur wieder“, ruft meine Mutter aufgebracht. „Was mache ich? Ich belüge dich, ja? Womit den bitte?“, fragt nun auch Sina aufgebracht. Ich schleiche mich aus meinem Zimemr und bleibe im Flur stehen. Die beiden sind in der Küche beschäftigt. „Komm mit“, sie packt sie am Arm und zieht sie mit sich mit. „Mum! Lass Sina sofort los!“, schreie ich. Doch beide ignorieren mich. Ich folge ihnen in Sinas Zimmer und diese bleibt mit offenen Mund stehen.

„Mum! Es reicht!“, schreie ich wieder. Sie wirft mir einen wütenden Blick zu widdmet sich dann wieder Sina. Ich lase die beiden alleine und gehe schon mal vor sind Schlafzimmer. Da so wie ich meine Mutter kenne, sie Sina gleich erst mal wiegen geht.

Was hab ich gesagt? Keine zwei Minuten später steht die beiden im Schlafzimmer. Ich merke wie unangenehm Sina die Situation ist, doch auch ich kann ihr nicht helfen. Sie muss selber damit klar kommen.

„Zieh dich aus“,befiehlt meine Mutter ihr. „Nein.“ „Gut, dann gehen wir direkt zum Arzt.“ „Nein, auf keine Fall“, wehrt sie ab und zieht langsam ihre Zwiebelschicht aus. Bis sie schließlich nur noch in Unterschwäsche vor uns steht. Meiner Mutter und mir fällt das Kinn runter. „Mein Gott, Sina“, flüstert meine Mutter und auch starre sie nur geschockt an.

„41,2 kg“, ruft meine Mutter erschrocken.Und auch ich zucke zusammen. Sina zieht sich langsam wieder ihre Kleidung an. Sie zittert am ganzen Körper.

„Mum, lass mich bitte mal kurz mit ihr alleine.“ Und komischer weise macht das meine Mutter auch.

„Warum hast du mir nicht geholfen? Warum?“, schreit sie mich an und bricht dann in Tränen aus. Ich gehe auf sie zu und nehme sie in den Arm. Obwohl sie mindestens vier Pullover übereinander anhaben muss zittert sie. „Sina, du machst dich selbst kaputt“, meine ich. „Du bist doch auch nur gegen mich. Was ist daran so schlimm, wenn ich einfach dünn sein will?“ „Nichts“, winke ich ab.

„Ich bin mit Meli zum Essen verabredet“, meint sie und schon ist sie weg. Da ich gerade eh nichts besseres zu tun habe laufe ich ihr hinterher. Auch wenn das nicht die feine Englische Art ist.

„Muss du mich da auch noch mit reinziehen?“, kommt es von Meli. Ich stehe um die Ecke und beobachte die beiden. „Du hast sie wohl nicht mehr alle, Sina! Du bist ja schon magersüchtig!“ „Ich verstehe kein Wort. Wo hab ich dich mit reingezogen?“, frage Sina verwirrt. Ich schüttele den Kopf. „In deine Lügengeschichten. Wir wären dauernd zusammen essen gegangen und all diesen Mist! So viel Taschengeld bekomme ich gar nicht, wie wir angeblick für Pizza und Döner ausgegeben haben. Ist doch klar, dass das auffliegt!“ „Woher weißt du das alles eigentlich?“ „Mensch zählt doch mal bis drei. Gerade eben hat deine Mutter hier angerufen. Du bist so klapperdürr, dass jeder Blinde mit dem Krückstock sieht, dass deine Essgeschichten allesamt erstunken und erlogen sind.“ Wie muss ich nicken. Sie hat recht. „Und du hast mich nicht verteidigt.“ „Nein Sina. Dabei hätte ich kein Gutes Gewissen gehabt. Ich kan nicht länger zusehen, wie du dich selbst zu grunde richtest.“

„Zugrunderichten, klar. Du wolltest doch damals selber abnehmen, wegen diesem komischen Springtanga“, gibt Sina pampig zurück. Mir war klar, dass sie so reagierne wird wenn jemand ihr mal die Wahrheit sagt. Leider. „Sina, das war vor vielen Monaten. Inzwischen wiegst du satte 15 Kilo wenigser als ich und wir sind fast gleich groß. Mein Tanga würde dir von der Hüfte bis auf deine knochigen Füße rutschen. Sieh doch endlich ein, das du krank bist“, fehlt Meli. Doch Sina macht keine Anstalten ihr zu glauben. „Blödsinn. Übringens hab ich Fabio getroffen, als er gerade verreisen wollte. Er sah so süß aus mit dem dicken Rucksack und seiner Jeansjacke. Ich wünschte...“, Meli unterbricht sie. „Fabio sagt auch, dass du Magersucht hast. Findet er total abschreckend. Soweit ich weiß, geht er seit ungefähr drei Wochen mit einem Mädchen aus der Zehnten.“ Sina dreht sich um und rennt weg. „Was willst du den hier“, faucht sie mich an, rennt aber weiter. Ich laufe ihr hinterher. Am Ende der Treppe hole ich sie ein. „Warte.“ „Was? Willst du mir auch noch sagen, dass ich Magersucht habe? Ja? Dann kannst du es lassen!“, meint sie und rennt weiter.

42 Kilo

Morgens: 1 Tasse schwarzen Tee, ungesüßt

Vormittags: nichts

Mittags: 1 Tasse Hühnerbrühe (Instant)

Nachmittags: 2 Tassen schwarzer Kaffee (ungesüßt) 5 Saltzstangen

Abends: 1 Glas Mineralswasser

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hoffe es gefällt euch <33

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 16, 2012 ⏰

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