Nur ein Traum?

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Es war dunkel. Stockfinster. Ich lief durch diese Dunkelheit, aber es gab kein Zeichen von Licht. Ich hatte Angst, dennoch lief ich weiter. Ich hörte eine Stimme die nach mir rief. „Lin! Lin!“ Da war sie schon wieder. Ein Junge rief nach mir. Ich blieb schnaufend stehen. „Lin! Lin! Wach auf“, ertönte es. Woher kam diese Stimme? Ich kannte sie nicht. Wer rief nach mir? Ich drehte mich hin und her, doch alles was ich sah – Nichts. Ich wollte aus der Dunkelheit fliehen und lief deshalb weiter. Weiter und weiter. Bis ich eine Tür fand, welche einen kleinen Spalt offen war. Ein kleiner Lichtstreifen war zu sehen. Erleichternd lief ich zur Tür und machte sie größer auf. Da sah ich eine kleine Gestalt, mit dem Rücken zu mir gewandt, stehen. Es hatte eine grüne Jacke an. War das nicht meine Jacke? „Hallo? Wer bist du?“, fragte ich diese Gestalt. Doch es gab mir keine Antwort und rührte sich auch nicht. Ich ging näher. „Hey…“, sagte ich. Je näher ich kam, desto deutlicher wurde diese Gestalt. Es war ein Junge. „Kleiner…kannst du mich hören?“, fragte ich verwirrt und streckte meine Hand nach ihm aus.
*Wusch* Der Junge löste sich in Luft auf. Alles was blieb war die grüne Jacke, welche auf den Boden fiel. Ich hob sie nachdenklich auf. Es war meine grüne Jacke. Was hatte das zu bedeuten?
Plötzlich verschwand das Licht und es wurde wieder stockdunkel.

Erschrocken riss ich meine Augen auf. Schweißgebadet lag ich in meinem Bett. „Es war nur ein Traum…“, sagte ich erleichternd und wischte mir mit den Händen den Schweiß vom Gesicht weg. In letzter Zeit bekam ich öfters diese Träume. Es waren nicht dieselben, aber dieser eine Junge kam immer wieder vor, und meine grüne Jacke auch.

Ich stand auf und ging zu meinem Schrank. Ein blasses Gesicht entgegnete mir im Spiegel. „Ach du scheiße, wie seh ich denn aus?“ Angeekelt von mir selbst machte ich die Schranktür auf, damit ich nicht mehr vor dem Spiegel stand und kramte in ein paar Kisten herum. „Irgendwo muss sie ja sein…“, sagte ich nachdenklich und kramte weiter, bis ich sie fand.
Sie sah immer noch so aus wie damals, als ich sie das letzte Mal anhatte. Meine Lieblingsjacke.
Ich drückte sie vor meine Nase und roch an ihr. Sie roch immer noch so wie damals, als ich sie, nachdem ich vom Krankenhaus entlassen wurde, trug. Krankenhaus. Ich erinnerte mich zurück an den Tag, als ich ohne Erinnerungen im Krankenhaus aufwachte. Ich hatte diese Bilder klar vor meinen Augen. Meine Mutter weinte. Mein Vater redete mit dem Arzt. Das war der Tag, an dem meine Erinnerungen begannen. Was damals passiert war, wusste ich immer noch nicht.

Durch das laute Piepen meines Weckers wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Es war sieben Uhr. Schnell räumte ich alles in den Schrank zurück, nur die grüne Jacke ließ ich auf meinem Sessel. Ich wollte sie nicht wegräumen. Danach machte ich mich fertig und dann läutete es auch schon an meiner Tür.

„Morgen!“, rief Sophie mir mit einem Lächeln entgegen. „Hey, komm rein.“, sagte ich und umarmte sie. „Achtung…ist nicht ganz verschlossen.“, warnte sie mich und hob eine Tüte in die Luft. „Was gibt es besseres als frisch gebratenen Reis zum Frühstück?“, fragte sie lachend und ging in meine Küche. Sie legte die Tüte ab und holte zwei Teller raus. „Du hast doch noch nicht gefrühstückt oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Na dann, Mahlzeit.“ Sie legte mir einen Teller mit gebratenen Reis auf den Tisch und forderte mich auf mich hinzusetzen. „Du bist bei mir zu Hause. Da sollte ich dich doch bedienen.“, murmelte ich gähnend. „Ach was, wir kennen uns seit 14 Jahren. Deine Wohnung ist wie meine Wohnung.“, meinte sie gelassen. Ich nickte und konnte ihr nur zustimmen.

Das Geschirr klimperte. Wir legten unsere Teller auf einen Stoß und legten es in die Spüle. „Möchtest du was trinken?“, fragte ich meine Freundin. „Leitungswasser bitte.“, antwortete sie. Ich gab ihr ein Glas mit Leitungswasser und machte mir danach ebenfalls etwas zu Trinken. Mein Kopf tat weh. Ich massierte mich an den Schläfen und schloss für einen kurzen Moment meine Augen. „Was ist? Kopfweh?“, fragte Sophie besorgt. Ich nickte. Keine Ahnung wieso, aber ich musste ständig an diesen Traum denken. Das war doch sonst nicht so. Eigentlich vergaß ich meine Träume wenige Stunden später, doch dieses Mal war es anders. „Dieser komische Traum geht mir nicht aus den Kopf.“, meinte ich. Sophie stellte das Glas auf die Theke und legte ihre Hand sanft auf meine Schulter. „Kann es sein, dass du vielleicht wieder langsam deine Erinnerungen zurückbekommst?“, fragte sie vertrauensvoll. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Die Ärzte hätten gemeint, dass sie nie mehr wieder zurückkommen würden. Sie sind komplett aus meinem Gedächtnis verschwunden.“ „Aber…vielleicht kann es ja doch möglich sein. Ärzte sind nicht allwissend.“

Ich holte die grüne Jacke aus meinem Zimmer und zeigte sie Sophie. „Eine Kinderjacke?“, fragte sie. „Das war meine Jacke.“, meinte ich. „Weiter?“ Sie sah mich fragend an. „Sie kommt ständig in meinen Träumen vor, aber ich weiß nicht wieso.“ Sophies Gesichtsausdruck war ratlos. Sie wollte mir helfen, doch sie wusste nicht wie. „Weißt du was, vergessen wir das Ganze. Es ist nur eine Jacke. Was soll da großartiges dabei sein?“, meinte ich gelassen und warf die grüne Jacke auf den Stuhl. „Ich mach mich fertig und dann lass uns was unternehmen. Frische Luft könnte gut tun.“

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang