Kapitel 6

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Eric atmete flach, als er aufwachte. In der Nacht hatte er wieder Bilder gesehen, doch jetzt waren sie zum Glück weg. War es überhaupt Nacht gewesen? Vielleicht war es auch jetzt Nacht. Seine  innere Uhr ar wie ausgeschaltet. Müde rieb er sich den Kopf und zuckte zusammen, als seine Hand die noch nicht verheilte Wunde berührte. Man hatte ihm den Kopf rasiert, dass die wenigen Stoppeln verschwunden waren. Auch am Kinn und überhaupt hatte er keine Haare mehr am Kopf. Seine Hände waren in Verbands-Handschuhe gehüllt, dass sie geschützt waren. Sie brannten, als er sein Bein abtastete nach Wunden. Auch sein Kopf tat weh, ein schweres Brummen war in seinen Ohren spürbar. Ein ekelhaftes Gefühl, dazu noch die Schmerzen seiner Kopfwunde; wie hatte er überhaupt schlafen können? Wo hatte er überhaupt hier geschlafen?

Sehen konnte er nichts, es gab keine Lichtquelle. Verwirrt tastete er die Wand zu seiner linken ab. Unter ihm befand sich eine recht harte, dünne Matratze, die wohl auf dem Boden lag. Die Wand war kalt und unverputzt, er fröstelte in der kurzen und dünnen Kleidung, die kratzend eng an ihm lag. Es war nicht zu leugnen, dass Angst ihn plagte, Angst vor dem, was jetzt passieren würde. Nicht tot zu sein war zumindest mehr als er sich erhofft hatte, doch ob es besser war, dessen war Eric sich noch recht unsicher. Wie oft wurde bereits berichtet von den Gehirnwäschen, den Foltern, den Schmerzen in einer Gefangenschaft Hinds, vor allem unter seinem Lieblingswärter, dem "Sperrer", wie er genannt wurde. Von ihm hörte man nicht allzu Detailliertes, da es wohl wenige gab, die nach einer Gefangenschaft zurückkehrten. Bei diesen Gedanken wurde es Eric sehr unwohl, umso hektischer tastete er alle Wände ab. Eine Stahlplatte - wohl die Tür - war direkt vor ihm. Von oben bis unten, die niedrige Decke, den feuchten Boden, bis hin zur - er hielt inne. Warum war der Boden feucht?, dachte er und murmelte leise seine Gedankengänge. Im ganzen Osten herrschte Wasserknappheit, und im Westen war er bestimmt noch nicht. Selbst wenn, es gäbe keinen Grund, warum diese Zelle dann feucht sein sollte. Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern, ob er von einer feuchten Zelle schon einmal etwas gelesen oder gelernt hatte. Dann traf es ihn! Er war unter Wasser, im Meer!

Un da wurde ihm ganz unwohl, dass sein Bauch sich zusammenkrampfte. Mehrere hundert Meter unter Wasser, fernab von allem. In einem Berg unter Wasser, umgeben von Milliarden Tonnen erdrückender Masse. Niemand, wirklich niemand konnte ihn aus diesem Loch befreien. Erst eine einzige Befreiungsaktion der Rebellen war in diese Tiefe unternommen worden, doch sowohl die schwimmenden Minen, die überall um das Gefängnis im Wasser standen, als auch die dicken Betonwände und das gute Versteck machten es unmöglich einzudringen. Mehrere Tunnel, etwa zehn oder zwölf waren angelegt worden, die verborgen und bewacht in den Meeresboden führten, lagen hier; doch nur einer führte tatsächlich in dieses erstickende Verließ. Eine Technik namens Kiementechnik machte es möglich, den Luftgehalt aus dem Wasser zu ziehen. So musste keine Versorgungsleitung gelegt werden, das Verließ atmete unabhängig von der Meeresoberfläche. Auch Strom war kein Problem, denn - Gerüchten zufolge - mussten die Gefangenen hier den ganzen Tag arbeiten, schwere Arbeit leisten, mit der die sehr aufnahmefähigen Batterien aufgeladen werden konnten. Das einzige, was hier unten nicht ausreichend produziert werden konnte, war Essen. Aber mit den neuen Gefangenen wurden immer große Pakete Essen mitgeliefert, ebenso wie andere Verbrauchsgüter. Aber diese zu verfolgen, war sinnlos. Eric erinnerte sich, wie man ihm erzählt hatte von denen, die es versucht hatten, doch noch bevor sie überhaupt in die Tiefe des Meeres vorgedrungen waren, waren sie geortet worden. In einem wilden Seegefecht waren drei der fünf Uboote schwerstens beschädigt worden. Die Taucher, die unbemerkt und mit ausreichendem Equipment in die Tiefe geschickt worden waren, versagten fast allesamt an der Aufgabe, die Eingänge zu finden. Zwei oder drei hatten sie gefunden, doch dann sind sie von einer Patroullie gefunden worden und mussten fliehen. Die, die erfolgreich geflohen waren, passten alle zusammen in eines der beiden übrigen Schiffe, sodass sie, als man ihnen auf die Spur kam, das eine als Köder zurücklassen konnten. Über fünfzig Menschen waren an diesem Tag gestorben. Nie wieder hatte man versucht dieses Verließ zu knacken.

Hind's Legacy - Der endlose KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt