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Eric rannte, die Zweige klatschten ihm ins Gesicht, Ranken peitschten ihm um die Beine. Hinter sich hörte er Tara rennen, ihr Atem ging schwer, doch sie hörten nicht auf zu rennen. In der Siedlung angekommen sprangen sie die Verandatreppe vor Jenna's Haus hoch, schweißüberströmt. Eric riss die Fliegengittertüre weg, versuchte die Haustüre zu öffnen, doch sie war verschlossen.

„Jenna?“, rief er verzweifelt, während er immer wieder auf das Holz klopfte. Tara hatte sich heulend auf die Treppen gesetzt, Eric konnte es wiederum nicht wahrhaben und hämmerte immer wieder drauf ein. Nichts.

„Jenna!“, rief er dieses Mal lauter, schaute zu den Fenstern rein, gespenstige Stille.

„Komm!“, sagte er zu Tara. Als diese sich nicht bewegte, zog er sie an dem Arm hoch und stützte sie, bis sie bei ihrem Haus waren. Er rannte schnell rein, nahm das Telefon, wählte Jenna's Nummer. Es klingelte, doch niemand nahm ab. Dann rief er Paul an.

„Ja?“, sagte eine männliche Stimme.

„... Paul?“, fragte Eric mit zittriger Stimme.

„E-... Eric? Was ist?“

„Hast du Jenna gesehen?“, fragte Eric nervös. Bitte!

„Ich dachte sie übernachtet bei einer Freundin. Heute morgen war sie jedenfalls nicht da“, gab Paul zurück. Eric konnte nicht mehr und brach zusammen. Er musste weinen. Das durfte nicht wahr sein.

„Eric? Was ist passiert?“, fragte nun Paul, in seiner Stimme Angst.

„Ich glaube... Jenna ist tot“, antwortete Eric leise.

„Was?“ Paul's Stimme war dünn und fahl geworden, ungläubig. Und Eric wusste nicht was er sagen sollte.

„Ich... ich rufe die Polizei“, sagte Eric und legte auf, bevor Paul etwas sagen konnte. Eric sank verzweifelt zusammen. Wann hörte das alles auf? Weshalb war es gerade Jenna gewesen? Ihr klarer Blick, die weiße, blutleere Haut und nur der Kopf, der abgetrennt vom Körper war.

„Warum...? Weshalb weinst du?“, fragte eine Stimme, die er Ella zuordnen konnte. Eric schaute nicht auf und sagte nur drei Worte:

„Ruf die Polizei.“

*

Eine Fliege schwirrte Eric ins Auge, als sie mit drei Polizei-Beamten durch den Wald liefen. Sie steuerten auf die Lichtung zu, auf der sich das grausame Schauspiel ereignet hatte. Es war noch schwül und der Schweiß rannte allen Anwesenden den Nacken runter.

„Wohin führen sie uns?“, fragte der Beamte. Eric schwieg, zeigte bloß mit seinem Finger auf die Lichtung, die sich vor ihnen auftat. Da lag er noch, der Kopf, geschmückt mit ihren blonden Haaren. Alles schien so ruhig, auf der Wiese wuchsen Gänseblümchen, ein paar Bienen flogen umher, in den Bäumen zwitscherten die Vögel. Den Beamten hatte es die Sprache verschlagen. Komplette Idylle. Bis auf den Kopf. Eric wand sich ab. Das musste er sich nicht antun. Tara kam auf ihn zu und schmieg sich weinend an seine Brust. Tröstend legte er seine Arme um sie, sodass sie den Anblick nicht mehr ertragen musste. Einer der Beamten nahm sein Funkgerät und rief nach Verstärkung. Dann wurden Eric und Tara von einem Polizisten zurück geleitet. Ein paar Menschen der Siedlung hatten sich versammelt und waren neugierig um die Geschehnisse. Unter ihnen war Paul, Eric's Vater, seine Schwester und Tara's Mutter. Tara ließ Eric's Arm los und rannte weinend zu ihrer Mutter, die sie liebevoll in eine Umarmung zog. Tara war eigentlich eine starke, erwachsene Persönlichkeit, sie so gebrochen und kindlich zu sehen, ließ Eric sich schwach fühlen. Er lief zu seinem Vater und seiner Schwester. Sie nahmen ihn, Tara mit ihrer Mutter und Paul mit ins Haus, um vor den Schaulustigen sicher zu sein. Niemand sprach ein Wort.

BöseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt