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„Sehr philosophisch," ich grinse leicht, aber auch wenn ich mich über den wenig nützenden Ratschlag lustig mache, lässt er mich besser fühlen. Natürlich ist mir klar, dass es viel einfacher gesagt ist als getan, aber vielleicht ist die Hoffnung doch nicht vollkommen verloren.

Mit meiner neugewonnenen Zuversicht nehme ich mir vor mich gleich morgen über alles zu informieren. Jobchancen, Wohnmöglichkeiten, Staatliche Unterstützung und was es noch so gibt. Denn zugegebener Maßen habe ich daran im Gefängnis keinen Gedanken verschwendet. Ich hätte mich echt besser vorbereiten müssen.

Leider bin ich aber einfach nicht so ein Mensch, der im Voraus plant. Noch nie habe ich daran gedacht was übermorgen sein könnte, geschweige denn aus der Vergangenheit gelernt. Vermutlich ist das der Grund wieso ich die letzten fünf Jahre in diesem stinkenden Loch verbracht habe.

Aber diesmal werde ich meine Chance nutzen. Ich werde mich bessern und mein Leben auf die Reihe kriegen. Ganz sicher. Gleich morgen fange ich an.

Nachdem Morri sich wieder auf seine Pritsche gelegt und mir den Rücken zugedreht hat, ziehe ich die kratzige Baumwolldecke über mich.

Nicht allein die unerträgliche Geräuschkulisse, sondern auch die unzähligen Gedanken, die sich immer wieder im Kreise drehen, halten mich noch einige Zeit wach. Erst als beinahe alle schlafen und die meisten Helfer nach Hause gegangen sind, finde auch ich etwas Ruhe.

Geweckt werde ich durch warme Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. Aus Angst das wohlige Gefühl würde sofort verschwinden wenn ich sie öffne, lasse ich meine Augen geschlossen. Es ist Ewigkeiten her, dass ich so sanft geweckt wurde. Meistens hat mich das Geschrei der Wärter aus dem Bett gerissen. Da das Fenster meiner Zelle in den überdachten Teil des Hofes reichte, war Tageslicht dort eine Seltenheit.

Erst als mein Magen und meine Blase mich dazu zwingen erhebe ich mich von der knatschenden Pritsche. Zuerst vergewissere ich mich, dass Portmonee und Handy noch da sind, bevor ich das Bad aufsuche.

Noch nie bin ich glücklicher gewesen ein Mann zu sein, damit ich mich wenigstens für das kleine Geschäft nicht setzen muss. Dazu könnte ich mich hier glaube ich nicht überwinden, auch wenn ich befürchte, dass ich es irgendwann muss. Auf dem Weg zur Essensausgabe binde ich mir die Haare wieder zusammen. Ich muss dringend zum Friseur.

Zu meiner Überraschung ist das Frühstück gar nicht so schlecht. Es gibt Brot und verschiedenen Aufstrich und sogar Rührei. Positiv gestimmt setze ich mich an einen freien Tisch. Zwar füllt sich auch dieser nach wenigen Minuten, glücklicherweise bleiben aber beinahe alle Männer eher für sich.

Nachdem ich satt und umgezogen bin mache ich mich auf die Suche nach Emmy. Auch wenn sie mir vermutlich wieder ein Ohr abkaut, wende ich mich lieber an sie, als an jemand Fremdes.

Im Vorratsraum treffe ich sie an, wie sie scheinbar neue Spenden einsortiert. Ein Räuspern sichert mir ihre Aufmerksamkeit.

Bevor sie mich mit Geschwafel überhäuft lege ich ihr mein Anliegen nahe, woraufhin sie nur noch begeisterter zu werden scheint.

„Das ist toll Harry. Natürlich helfe ich dir dabei. Ich bin mir sicher wir kriegen dich gut versorgt! Ich räum das noch schnell ein und dann fangen wir an."

Eine gute halbe Stunde später versichert Emmy mir, dass das alles gar nicht so kompliziert wäre wie es sich anhört, während ich unendliche Broschüren und Formulare vor mir liegen habe und den Unterschied zwischen Tag und Nacht nicht mehr erkenne.

Ein unangenehmer Schmerz breitet sich in meiner Stirn aus, als ich versuche die Texte vor mir zu verstehen. Aber sobald ich denke etwas begriffen zu haben, kommt ein weiter Abschnitt mit etlichen „Wenn" und „Abers".

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