- Kapitel 8 -

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Nachdem ich mich von Falaz verabschiedet hatte und wir uns trennten, steuerte ich direkt auf einen kleinen Laden am Stadtrand zu, um einzukaufen. Ein alter Händler, bei dem ich mir etwas Obst kaufte, beschrieb mir den Weg zum großen See und der Kaserne der Wasserwächter. Anfangs kam ich gut voran, aber als ich durch die kleinen Gassen auf die größeren Straßen wechselte, begann schnell das reinste Chaos. Egal ob jung, alt, reich, arm, Mann oder Frau, ich hatte das Gefühl, die gesamte Bevölkerung traf sich heute auf den breiten Straßen der Großstadt. Doch ich war zufrieden: Im Gegensatz zu dem namenlosen Kaff in dem ich bis gestern noch war, gab es hier sowohl qualitativ hochwertige Waren als auch genug Wasser.

Überall spritzten kleine Fontänen aus hübschen Marmorbrunnen und erfrischten die Menschen. Man könnte meinen, Shilmon liege garnicht in der Wüste, so viel Vegetation gab es hier, fiel mir auf. Der Boden war mit sichelförmigen Steinziegeln gepflastert, die perfekt ineinander passten. Links und rechts von mir reihten sich neben Palmen und Büschen unzählige Verkaufsstände mit rufenden Männern und Frauen auf. Die meisten verkauften Brot, Gewürze und Datteln, doch auch einige Werkstädte und Schmieden baten ihre Waffen und Werkzeuge an. Neben dem Eingang einer Schmiede stand ein Schild. Durch Hexions-Magie veredeln wir Waffen aller Art! Doppelte Schärfe zum halben Preis! Der Laden war kaum besucht, wie alle Hexions-Schmieden, denn verzauberte Waffen konnten sich nur sehr reiche Leute leisten. Ich ging an der Schmiede vorbei und sah mich weiter um. Auf dem Weg zum See fielen mir noch mehr kuriose Geschäfte auf:

Die magischen Drei. Wir sehen euren Tod voraus!

Jeden Nachmittag einen Kampf gegen unseren Champion. Boxen sie um den Sieg!

Gebratene Solopogerichte zum Sonderangebot!

Ich sah hin und wieder in ein paar Geschäfte und wurde oft überrascht. Bei fast allen Geschäften überlegte ich, ob es sowas auch in Vavul gab. Zumindest hatte ich weder nie Todesvoraussager noch einen Boxring auf einem gewöhnlichen Markt gesehen. Unwillkürlich musste ich grinsen. Puroschkko war so wild und man fühlte sich viel freier als im disziplinierten Vavul, wo alles plangemäß ablief und man vor Regeln schier ersticken konnte. Ja, ich würde sogar sagen, dass Vavul im Gegensatz zu Puroschkko und der Kazooko-Wüste langweilig war.

Eine halbe Stunde und fünfzehn Ladenbesuche später fand ich mich vor dem See von Shilmon wieder. Izwischen war es Vormittag geworden und die Sonne ließ langsam, aber stetig ihre sengenden Strahlen auf die Wüste hinabfallen. Was mir als erstes am See auffiel waren die steinernen, 3-Meter hohe Mauer, die sich großzügig um den See spannte. Insgesamt gab es vier Eingänge aus jeder Himmelsrichtung in den Seebereich. Die Eingänge wurden mit einem großen Aufgebot an Wasserwächtern bewacht. In dunkelblauen Rüstungen gekleidet patroullierten sie inner- und außerhalb der Schutzmauer, während Beamte die Menschen an den Eingängen kontrollierten. 

Ich hatte auf meiner bisherigen Reise noch nie ein solches Wasser-System gesehen und fragte mich, ob ich einen Ausweis oder etwas ähnliches dabeihaben musste. Doch da niemand sonst so etwas in der Schlange trug, beruhigte ich mich. Schon von weitem konnte ich über die Köpfe der Menschen sehen, wie es innerhalb der Mauern aussah. Die Kaserne der Wächter war ein breites, flaches Gebäude aus hellem Stein und lag knapp am Seeufer zu meiner Rechten. Ein kleiner Steg führte von der Kaserne aus ins Wasser, wo mehrere Ruderboote angeseilt waren. Zwei Boote schwammen auch auf dem ruhigen, glitzernen Wasser. In einem saß ein breitschultiger Mann und im anderen Boot eine Frau mit einer Armbrust auf dem Rücken. Auch sie hatten die dunkelblauen Mäntel und Rüstungen. In der Nähe der Kaserne sah ich keine Patrouillie stehen. 

"Name?" Die trockene Stimme des Beamten riss mich aus meinen Beobachtungen. Ich drehte mich zu dem Mann mit dem wettergegerbten Gesicht hin. Seine Augen saßen tief in seinen Augenhöhlen und die kleinen Pupillen waren überdeutlich auf mich gerichtet. "Ali Masurt, Herr. Reisender durch Kazooko." Der Beamte sah an mir herunter. "Es gibt immer mehr von euch. Du musst fürs Wasser aus dem See zahlen, wenn du kein Bewohner von Shilmon bist." Frage bei den Wächtern nach einer gewissen Sylmia., hatte mir Jii in dem namenlosen Kaff gesagt. Bei den Wächtern. Meinte er damit alle, die das Wasser irgendwie bewachten, sei es durch Schwert oder Listen, oder explizit die Wasserwächter mit ihren dunkelblauen Rüstungen? 

So, oder so, ich musst erstmal zum See rein. Ich beschloss, erstmal die Klappe zu halten und innerhalb der Mauern nach einer Art Gruppenführer unter den Wasserwächtern zu suchen. Während ich dem Beamten drei Geldstücke in seine Hand legte und seine stechenden Augen von mir abließen, ging ich ruhig zum See. Ungefähr drei Dutzend Menschen saßen am Ufer und füllten dort ihre Eimer und Wannen mit dem kühlenden Nass. Blitzschnell untersuchte ich die Situation um mich herum. Insgesamt waren 12 Wächter innerhalb der Mauern, wenn man die beiden auf dem See nicht mitzählte. 

Außerdem je zwei Wächter an den vier Eingängen, das macht insgesamt 20 Mann. Im Moment war die Lage friedlich, es gab noch keine Ausschreitungen mit durstigen, aber armen Bewohner Shilmons, die das schmutzige Wasser aus den Brunnen nicht trinken wollten. Während ich zum Ufer ging, hatte ich mir einen aus den Patroullien herausgepickt, den ich als Anführer ansah. Er war ein Riese, geschätzte 1 Meter 90 hoch, mit groben Armen wie Baumstämme und einem riesigen Schwert am Gürtel. Seine Kettenrüstung drohte unter dem stämmigen Körperbau beinahe zu reißen. Seine Gesicht war so flach, als wäre es mit einem Hammer bearbeitet worden. Er führte im blauen Mantel eine Gruppe von Wächtern an und war noch etwa 30 Meter von mir entfernt. Ich ließ mich auf die Knie sinken und schöpfte mit meiner Hand Wasser auf mein Gesicht. Danach füllte ich meine Wasserflasche wieder auf. 

Die Patroullie war noch 10 Meter entfernt als ich aufstand und die Flasche wieder in meine Tasche zurück warf. Ich sah dem Riesen in die Augen und er starrte zurück. Ich probierte probehalber ein paar Handzeichen des Amhios-Clans. Dein. Anführer. Für. Mission. Der Mann kniff die Augen zusammen und lächelte kurz. Ich hatte Glück! Der Wächter war wohl ein Mitglied des Clans. Die Patroullie kam auf mich zu, der Mann stand nun vor mir, sein Schatten war doppelt so groß wie er ich ging vor seiner Erscheinung beinahe unter. Die Männer hinter ihm waren etwas zurückgetreten. Der Wächter grinste jetzt stark und ich wollte ihn gerade nach Sylmia fragen, als er urplötzlich nach mir griff, mir mein Schwert aus der Schwertscheide rauszog und wegwarf. Ich reagierte zu langsam. 

Mein Finger waren nur Zentimeter von meinem Messer entfernt, da zerquetschte mir der Riese den Arm und zog mich näher an sich heran. Mit dem freien Arm schlug ich ihm ins Gesicht und ramm mein Knie in seine Weichteile. Es war wirkungslos. Der Mann verspürte keinen Schmerz, so kam es mir vor. Er lachte jetzt, als er mit dem anderen Arm einen Wächter aus der Gruppe zu sich winkte, um mir Handschellen anzulegen. Ich drosch noch zweimal mit meiner freien Hand auf das Gesicht meines Gegners, als er zurückschlug und mit seiner Faust, gebaut aus Granit und Steinspitzen meine Sicht schwarz werden ließen. Ich konnte nicht ausweichen, ging zu Boden und das letzte was ich hörte, war die Stimme des Riesen, der triumphierend brüllte: "Wir haben ein Mitglied des Amhios-Abschaums gefangen!"


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