Kapitel 91 - Herzensfreunde

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»So habe ich mir meinen achtzehnten Geburtstag nicht vorgestellt«, seufzte ich und stützte mich am Besenstiel ab.

»Hey, zieh nicht so ein Gesicht«, meinte Dean.

Ich wischte mit dem Besen erneut über den Boden. »Wie soll ich denn sonst drauf sein? Dieser Prozess will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen!«

Dean stieß einen Seufzer aus. »Als mein Bruder in den Knast musste, war das auch nicht schön.«

Ich stellte den Besen weg und setzte mich neben ihn an die Kasse. »Wie hast du das verarbeitet?« Ich brauchte wirklich einen guten Rat.

Dean strich sich das blonde Haar zurück. Seine tätowieren Arme spannten sich bei der Bewegung an. »Ich habe ihn jeden Tag besucht«, erwiderte er, »Das hat mir unglaublich geholfen. Ich sah ihn zwar nur eine halbe Stunde am Tag, aber das war es mir wirklich Wert. Wir haben jede Minute ausgenutzt.«

Wow, er hatte seinen Bruder jeden Tag besucht? Ich war seit Moms ganzen Aufenthalt vielleicht vier Mal dort gewesen.

Ich stützte den Kopf ab. Ich war eine grausame Tochter. Bestimmt hatte mein Vater sie sogar öfter besucht!

Dean legte mir die Hand auf den Kopf. »Nicht so viel nachdenken! Das macht dich nur kaputt«, warnte er mich.

Ich murrte. »Ich kann nicht anders! Die ganze Zeit muss ich an alles Mögliche denken. Mom. Max. Mein Vater. Alles! Mein Kopf explodiert!«

Auf Deans Lippen schlich sich ein Grinsen. »Dann ist jetzt wohl der Zeitpunkt gekommen, wo ich dir dein Geburtstagsgeschenk gebe, um dich aufzuheitern!«

Ich hob den Kopf. »Du hast mit ein Geschenk besorgt?«

Dean nickte. Seine blauen Augen trugen ein aufgeregtes Funkeln in sich. Er holte einen kleinen Schmuckbeutel hervor, den er mir übergab. »Ich bin mir sicher, dass du danach ein Lächeln auf den Lippen tragen wirst«, grinste er, »Und wenn nicht, kitzel ich dich durch.«

Ich musste jetzt schon lachen. Wie schaffte Dean das nur immer?

Neugierig musterte ich den Beutel und öffnete ihn. Meine Finger zogen eine silberne Halskette hervor. Aber es war keine gewöhnliche Kette, sondern so viel mehr. Ein kleines Herz aus Glas zierte die Glieder und ähnelte einem Miniatur Flakon. Das Innere war mit Wasser gefüllt. Im Schein des Lichts gab es ein besonderes Leuchten von sich. »Wow!«, staunte ich, »Sowas habe ich noch nie gesehen.«

Dean nahm mir die Kette aus der Hand und legte sie mir um den Hals. »Das ist Glücksbringer. Das Wasser ist aus einer Fontäne in Indien, die angeblich Glück bringen soll«, erzählte er, »Ich habe gedacht, vielleicht bringt das ja wirklich was?«

Ich drehte mich um und umarmte ihn. »Danke, das ist mit Abstand das niedlichste Geschenk heute.«

Wobei ich sagen musste, dass Brees Karte niemand toppen konnte.

Dean lachte auf. »Keine Ursache, aber da ist noch was!«

Ich löste mich von ihm. »«Noch etwas?«, fragte ich ungläubig.

Er nickte mit einem wirklich vielversprechenden Grinsen. Was er sich bloß da einfallen lassen hatte?

* * *

Als Dean mich bis zur Haustür begleitete, hätte ich eigentlich schon misstrauisch werden müssen. »Darf ich vielleicht ein Glas kaltes Wasser haben?«, fragte er plötzlich, als ich mich eigentlich von ihm verabschieden wollte.

»Natürlich«, nickte ich und betrat das stockfinstere Haus. Onkel Harry schlief anscheinend schon, denn es herrschte absolute Stille.

»Komm mit!«, sagte ich zu Dean. Wir gingen in die Küche.

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