Kapitel Zwei

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Seine Augen begannen vom Metall zu ihrem Gesicht zu wandern.
"Mayra? Was hast du?" Er versuchte sich an einem verzweifelten Lächeln. Doch ihr Herz blieb ruhig. Es schlug nicht schneller, es wurde nicht aufgeregter angesichts der bevorstehenden Tat.

Sie holte aus und wollte zu stechen, doch dann erklang ein Knurren. Schwarzes Fell sträubte sich, Tarjo hatte sich etwas vor Damir gestellt und funkelte seine Herrin an! Mayra war wie gelähmt. Ihr eigener Hund richtete sich gegen sie. Drohend machte er einen Schritt auf sie zu.

Sie wand ihren Blick zu Damir.
"Was habt Ihr mit ihm gemacht?! Was ist das für ein Zauber?!" Sie sah in sein ratloses Gesicht.
"Bitte Mayra, ich habe nichts getan. Ich schwöre." Seine Stimme bebte und sein Gesicht war aschfahl.

"Tarjo zur Seite!" Ihre Befehl war schneidend. Tarjo legte die Ohren zurück. Er hatte durchaus bedenken sich gegen seine Herrin zurichten.
Dennoch wich er nicht einen Schritt zurück. Sie wollte ihren Hund nicht verletzten.

"Mayra bitte leg das Messer weg. Lass uns eine andere Möglichkeit finden." Damir wollte nicht aufgeben. Mayra betrachtete seine blauen Augen. In ihrem Kopf pochte es. Sie musste den Befehl ausführen, doch ihre Hand mit der Klinge begann zu zittern.

Was stimmte nicht mit ihr? Damir nutzte sofort den Moment ihres Zögerns aus.
"Ich weiß, dass die Königin von dir das erwartet, aber bitte tu es nicht. Ich werde einfach gehen und nicht zurückkehren."
Sie hatte das Gefühl ihr Herz würde aussetzen.

"Ihr wart euch bewusst dass mich die Königin geschickt hatte?" Sie sah ihn weiterhin an. Etwas stimmte mit ihr nicht. Mayra legte ihre Hand auf das Symbol. Durch ihre Brust konnte sie das schnelle Schlagen spüren. Kaum war sie sich dem bewusste, wie sehr ihr Herz raste, wurde es sofort wieder ruhig.

Dennoch zitterte ihre Hand weiterhin. Tarjo spürte ihre innere Zerstreutheit, ganz vorsichtig nährte er sich ihr. Er drückte seinen Kopf gegen ihr Bein und sah sie mit seinen gelbbraunen Augen an.
Was geschieht nur mit mir? Ihre Gedanken überschlugen sich.

Seit dem Pakt hatte ihr Herz noch nie beschleunigt, gar das Gefühl vermittelte auszusetzen. Wurde der Zauber schwächer? Das konnte nicht sein! Er sollte auf ewig halten. Sie wandte sich von ihm ab.

Sie hatte zum ersten mal ihre Aufgabe versaut! Wut gegen sich selbst stieg in ihr auf. Was sollte sie jetzt nur tun? Sie konnte der Königin nicht ohne das Herz unter die Augen treten.

Statt wie jeder normale Mensch, von dem jenigen weg zulaufen der einen hatte umbringen wollen, kam Damir ihr näher. Ein weicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
"Du musst nicht tun was die Königin dir befiehlt. Wir können eine Lösung finden. Lass uns gehen."

"Vor meiner Herrin kann niemand fliehen." Zischte sie.
"Sie zwingt dich zu solchen Taten. Wieso bist du ihr dennoch so ergeben?"

Sie mied seinen Blick. Sie waren viel zu nah am Schloss. Die Königin könnte jederzeit ihren Raben schicken. Auch Tarjo wurde mittlerweile unruhig. Sie musste weiter, ehe sie sich Gedanken über das Siegel machte.

Scharf funkelte sie Damir an. Vielleicht sollte sie ihn doch töten und der Königin ihr Erlebnis mit dem Siegel erzählen. Allein beim Gedanken noch einmal die Klinge gegen ihn zu erheben erzitterte sie wieder. Wieso hatte sie ihn nicht umbringen können?

Es wurde Zeit für eine Entscheidung.
"Habt Ihr jemanden bei wem Ihr Zuflucht finden könnt? Jemanden weit weg von eurem Reich?"
Er runzelte die Stirn und dachte nach. Dann erhellte sich sein Gesicht.
"Natürlich, Onkel Karl. Er hat sein Land auf der anderen Insel. Das ist eine Reise von Wochen."

Sie nickte. Aus ihrer Tasche entnahm sie einige Münzen, um diese in seine Hand zu drücken. "Damit werdet Ihr euch einen Platz auf einem Schiff kaufen können. Bei den Mahlzeiten und dem Schlafplatz müsst Ihr erfinderisch werden."

"Nein." Platze es aus ihm heraus. "Komm mit mir. Bei der Königin bist du nicht sicher. Lass uns gemeinsam fliehen."
Sie dachte nicht daran zu fliehen, ganz besonders nicht mit ihm! Tarjo jaulte. Sie sah ihn streng an.
"Nein. Hier trennen sich unsere Wege. Ich werde der Königin den Beweis von eurem Tod bringen."

Sie drehte sich weg und rief ihren Hund an die Seite.
"Mayra tu das nicht. Geh nicht zu ihr zurück." Sie hörte nicht auf ihn. Wieso lief er nicht los?
"Mayra ich habe keinen Schimmer wo ich lang muss, eher werde ich mich verlaufen."

Er wollte einfach nicht nachgeben. Aber er hatte Recht. Abrupt blieb sie stehen. Zornig sah sie zu ihm zurück.
"Wie kann es sein, dass Ihr nichts auf die Reihe bekommt? Ihr seid laut wie ein Welpe, Ihr beklagt euch andauernd und scheint nichts alleine hinzu bekommen! Was für ein König soll denn aus euch werden?"

Ihre Worte waren laut und zu direkt gewesen, doch sie fühlte sich leichter.
"Geht es dir nun besser? Ich weiß, dass ich meine Schwächen habe und ich bin mir nicht sicher wie ich ein Königreich führen soll. Aber ich bitte dich, komm mit mir, du darfst mir auch immer ehrlich deine Gedanken sagen. Ich finde es erfrischend die Wahrheit zu hören."

Er schien glücklich über ihre Worte. Sie begann sich zu fragen was in seinem Kopf für Gedanken herrschten. "Zuerst brauche ich ein Herz. Sonst merkt die Königin noch vor Einbruch der Nacht, dass Ihr nicht tot seit."

Angeekelt zog er die Nase kraus.
"Weshalb braucht sie ein Herz?"
Sie wandt sich von ihm ab. Ihre Augen studierten aufmerksam den Wald.
"Hey antworte mir."
"Könnt Ihr für fünf Minuten euren Mund halten? Oder es wird doch euer Herz sein, dass die Königin erhält!"

Augenblicklich verstummte er. Sie hatte ein rascheln vernommen. Leise schlich sie dem Geräusch entgegen. Leider folgte ihr der Prinz. Sie hatte das Gefühl er würde mit purer Absicht auf jeden Zweig und jedes Blatt treten.

Hinter einem Busch gingen sie in Deckung. Sie nahm ihre Armbrust von der Schulter und spannte einen Pfeil an.

Unter einer Ausbuchtung eines Baumes, im hohen Gras, lag ein Reh. Ein besseres Herz hätte sie nicht bekommen können. Natürlich würde der Spiegel ihrer Herrin schnell dahinter kommen, dennoch würde es ihnen Zeit verschaffen.

Sie konnte nicht glauben, dass sie ihre Wohltäterin hinterging. Nur für ein Gefühl, welches sie nicht mehr empfinden sollte, für einen Moment des schnell schlagenden Herzen.

Sie visierte das Ziel an. Merkwürdig dass das Tier nicht beim lauten Getrampel des Prinzen verschreckt wurde. Womöglich war es krank oder verletzt. Sie nutzte die Zeit und beobachtete den Rhythmus der Bewegungen. Sie konnte sich nicht erlauben daneben zu schießen.

Der Wind war zumindest auf ihrer Seite, dies war ein gutes Zeichen. Tarjo wusste dass dies ihre Jagd war und hielt sich still zurück. Sie wünschte sie könnte es auch von dem Prinzen sagen.

Sie hatte den richtigen Moment gefunden und nahm noch einmal tief Luft. Sie hatte die Pfeilspitze auf das Wild gerichtet. Ihr Finger lag ruhig auf dem Abzug. Gleich würde sie abdrücken.

Plötzlich legte sich die Hand des Prinzen auf den bespannten Pfeil.
"Nicht, warte."

Das Herz der JägerinWhere stories live. Discover now