1. Kapitel | Wie war das nochmal mit den Zeigern? (Archie)

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Klick, klack.

Der Kugelschreiber in meiner Hand fühlt sich voll gut an.

Klack, klick.

Ich greife mir den kleinen Block, der auf dem Tresen liegt, und kritzle darauf herum.

Ach schade, das Klicken war geil, aber die Mine ist zu krakelig. Außerdem schreibt er blau, ich mag die Schwarzen lieber.

Trotzdem male ich zwei Glubschaugen. Die sind lustig.

»Scheiße!«, schreit Hugo plötzlich neben mir, der Beutel mit dem Geld baumelt in seiner fetten Hand. »Das Arschloch hat die Bullen gerufen!«

Ich hebe den Kopf und blicke den zitternden Mann mit den erhobenen Armen hinter dem Tresen an.

»N-Nein, h-hab ich nicht«, stammelt er und schüttelt wild den Kopf, seine Augen auf die Knarre in Hugos anderer Hand gerichtet.
Der Lauf zielt direkt auf sein Gesicht.

Draußen vor dem Fenster fährt ein Polizeiauto im Regen vorbei, allerdings ohne Blaulicht.

»Ich glaub, die fahren nur Streife, Hugo.« Beherzt lege ich meine Hand über die Pistole und drücke seine schwitzige Hand herunter. »Lass uns trotzdem abhauen.« Ich wende mich dem verängstigten Typen hinter dem Tresen zu und zeige mit dem Finger auf ihn. »Du bleibst einfach schön ruhig bis ...«

Grübelnd blicke ich auf die Uhr an der Wand hinter ihm.

Fuck, das ist so eine mit Zeigern. Ich hasse die. Wieso gibt's die überhaupt noch?

» ... sagen wir, in einer halben Stunde, okay?«

Hektisch nickt der Mann mit dem Kopf, sein Kinn und seine Hände bibbern um die Wette.

Hugo schnaubt abfällig in seine Richtung, zieht den dicken Bauch ein und schiebt die Pistole in seinen Hosenbund.

Ich befürchte jedes Mal, dass das Ding irgendwann mal losgeht, wenn er es da so reinklemmt.

Gemeinsam treten wir auf die Straße und Hugo zeigt mit dem Daumen nach links. »Wir teilen uns auf. Ich gehe hier lang, wir treffen uns bei der Familie«, legt er fest, der Beutebeutel baumelt in seiner anderen Hand.

Beutebeutel. Cooles Wort.

Ich nicke zustimmend und setze mich sogleich in die entgegengesetzte Richtung in Bewegung. Jeder meiner Schritte wird von einem Platschen begleitet und die Regentropfen sind kalt auf meiner Haut.

Fuck, wieso habe ich keinen Schirm?

Ich komme gerade mal bis zur nächsten Straßenecke, als der Alarm aus dem Geschäft schrillt, das Hugo und ich gerade verlassen haben.

Das war safe keine halbe Stunde! Ist der Typ auch so schlecht mit Zeigeruhren? Warum hat der dann sowas? Und wieso hat ein Pfandleiher überhaupt so einen Alarm? Das haben sonst doch nur Banken und sowas.

Sirenengeheul und Blaulicht lassen mich erstarren und ich drehe mich rasch zum Schaufenster neben mir, als das Bullenauto vorbeisaust.

Jetzt sollte ich mich doch beeilen, denn Hugo und ich halten uns nie mit Masken oder solchem Mist auf. Die kratzen immer so an meinem Bart.

Als das Polizeiauto an mir vorbei ist, beschleunige ich meine Schritte und suche nach einer Möglichkeit, mich zu verstecken. Leider komme ich nur noch an Wohnhäusern vorbei und auch wenn ich sonst keine Skrupel habe, Hausfriedensbruch oder wie auch immer man das nennen mag, zu begehen, würde sowas genau jetzt wahrscheinlich erst recht die Aufmerksamkeit auf mich lenken.

Da hinten kommt ein Park oder sowas, vielleicht kann ich dort irgendwie untertauchen.

Das Geräusch der Sirene wird lauter und ich blicke über meine Schulter zurück. Das Blaulicht bewegt sich ganz klar auf mich zu.

Fuck!

In einem leichten Laufschritt erreiche ich den Park und husche über den sattgrünen Rasen. Die nasse Erde schmatzt unter meinen Boots.

Ein Stück weiter vorn steht eine größere Gruppe Menschen mit Regenschirmen und die werden meine Rettung sein.

Holy Shit | ✓Where stories live. Discover now