Die Mission - Teil 1

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Warum wir? Diese Frage schwirrt mir die ganze Zeit im Kopf herum. Ausnahmslos jeder schweigt. Die Stille wird nur durch die Geräusche der Maschinen unterbrochen. Wir sind auf dem Weg zu Gamma Cetero. Ich halte die Stille in der Kantine nicht mehr aus. Langsam stehe ich auf und bringe mein Geschirr weg. Es dürfte nicht mehr lange dauern, dann sind wir schon da.
"Ihr Puls ist erhöht. Benötigen sie ein Beruhigungsmittel?"
Die Stimme klingt maschinell. Gekünstelt. Sie gehört zu dem Exoskelett.
"Nein."
Das Skelett ist eine weiterentwicklung der Chelsea V Reihe. Kurz gesagt: das modernste Exoskelett das es gibt. Ausgeschildert mit dem Spitznamen "Chester", ist meines eine von drei Spezialanfertigungen. Eins für Tessa, eins für Maya und eins für mich. Dank des seltenen Materials Namens Durum, kombiniert mit Carbonfaser, ist es fast unzerstörbar. Der Fusionsreaktor liegt geschützt unter einer 5 cm dicken Metalschicht im Lendenbereich und liefert Energie für bis zu 15 Jahre. Die Hydraulikflüssigkeit wird selbstständig überwacht und regelmäßig gewechselt und aufbereitet. Jeweils 5 Fusionsspritzen an jedem Körperteil gewähren bei Verletzungen schnelle abhilfe dank Schmerzmittel und Medipacks. Die hydraulischen Gelenke verleihen Kurzzeitig einen Kraftschub von ca 800%. Außerdem wird das Exoskelett mit der DNA des Benutzers gekoppelt. Niemand anderes kann es steuern und nach dem Tod des Besitzers wird der Fusionsreaktor überlastet, wodurch das Exoskelett vollständig zerstört wird. Maya und ich brauchten fast 4 Stunden um die Grundlegende Bedienung zu erlernen. Was bedeuten die Zeichen auf dem HUD, wie bedient man das 65mm Gewehr, den Schweißbrenner, die Toolfunktion, die Lebensüberwachung, die Sensoren. Tessa hingegen brauchte keine Stunde und hat dann noch die weiterführende Ausbildung abgeschlossen. Auch Jayden nimmt an der Mission teil, aber nur in ihrem eigenen Chelsea V.
"Wir sind in 5 Minuten da. Sie sollten sich auf die Brücke begeben."
Das Licht flackert. Ich mache mich auf den Weg zur Brücke. Die anderen drei sind schon da, als ich ankomme. Es bietet sich uns ein atemberaubender Anblick. Vor uns befindet sich der Planet. Er ist ungefähr 3 mal so groß wie die Erde. Seine Ozeane sind großteils Tiefblau, bis auf eine große Stelle an der Küste. Einer der Konitnente. Dort ist ein riesiges Gebiet an dem das Wasser eine dunkelgelbe Färbung hat. In den Informationen zu diesem Planeten, in der Missionsakte stand, dass das mit dem Schwefelgehalt zu tun hat. Dieser Planet besitzt viele aktive Vulkane und es scheint anzeichen von Lebewesen auf schwefelbasis zu geben, welche schon vor tausenden Jahren ausgestorben sind. Aber viel beeindruckender ist die Raumstation, welche regungslos neben dem Planeten schwebt.
"Eine Grundfläche von rund 24 Quadratkilometern. 7 Grunddecks, jeweils mit dieser Größe. Das höchste Deck ist das 103. im Ostturm. Jedes Deck hat eine Deckenhöhe von ca 8 Metern. Allerdings besitzen die meisten Wohndecks 2 bis 3 Stockwerke. Die unteren sogar 4."
"Ich dachte wir vier wären die ersten die einen Fuß drauf setzen, seit es verlassen wurde."
"Sind wir auch."
Jayden grinst mich an.
"Wir haben durch die Fenster geguckt."
Jetzt musste auch Kawazani versuchen Ernst zu bleiben. Nachdem sie uns so eindrucksvoll die Daten vermittelt hat, herrscht wieder Stille zwischen uns. Langsam sehen wir wie sich die Raumstation nähert. Beeindruckend ist nicht ihre schiere Größe, immerhin gibt es Raumstationen mit einer Fläche von 37,8 Quadratkilometer und bis zu 500 Decks, aber ihr Alter ist es, was sie so interessant macht. Ihr Alter. Und ihre Bauweise. Man weis nicht wie alt sie ist, aber man weis das sie aus einem unbekannten Material besteht. Von den Wissenschaftlern scherzhaft "Altmetall" genannt weist dieses Material erstaunliche Eigenschaften auf. Als man Trümmerteile untersuchte, hielt das Material den extremsten Temperaturen, einem Beschuss aus einer 150mm-Akatisami-Railgun, welche Projektile auf bis zu knapp über 200000 Stundenkilometer beschleunigen kann, und verschiedenen Säuretests stand. Die Station war nun so nah, dass wir durch das die riesige Fensterfassade in eine Art Einkaufszentrum gucken konnten. Die riesigen Leuchtreklamen waren noch immer in Betrieb.
"Ihr wisst was ihr zu tun habt!?"
Die Stimme ist tief. Harsch. Kühl.
Ich drehe mich um und starre in das Gesicht von Hinemato. Er bat keine so tiefe Stimme. Oder? Direkt darauf löst sich das Rätsel von alleine auf. Hinter Hinemato tritt ein stämmiger Mann hervor. Er ist kleiner als Ich, hat aber Muskeln wie ein 40 jähriger Bodybuilder auf Steroiden. Sein bärtiges Gesicht wirkt rau und hart. So als hätte er in seiner Karriere schon viele grausame schlachten erlebt.
"Ähhh? Ja! Durch die Müllentsorgung rein und die Station untersuchen."
Er starrt mich nur an. Ich habe keine Ahnung wer er ist. Sehe in zum ersten mal und doch habe ich das Gefühl, dass man ihm vertrauen kann. Er wirkt nicht wie jemand, der seine Kameraden im Stich lässt, oder sie verrät. Und doch hat er diese einschüchternde Aura. In seiner Nähe fühlt man sich geborgen und doch ängstlich vor dem irren Monster das in ihm stecken könnte. Die Narben, welche auf seinen Armen und den Schultern zu sehen sind, verstärken diesen Eindruck nur noch mehr.
"Nur zur Info: Dieser nette Herr hier ist Commander Shields. Reizend nicht wahr?"
Hinemato meldete sich zu Wort.
"Und welch niedliche, kleine Pummelbäckchen er doch hat!"
Er kneifte Shields in seine breiten Wangen. Worauf er nur einen bösen Blick und einen Schlag erntet, welche er aber gewandt auswich. Leichtfüßig schreitet Hinemato rückwärts von dannen.
"Wie ich den Kerl hasse..."
Shields blickt ihm verächtlich nach und wendet sich dann wieder zu mir.
"Nun ja. Ich hoffe sie haben die Funktionen von Chester verstanden?"
Abwesend wandern meine Blicke zu der Raumstation.
"Das nehme ich dann mal als Ja. Wenn sie verkacken wird das teuer für Sie. So ein Ding ist ne Menge Schotter wert."
"Genug geredet, wir müssen."
Jaydens Stimme schneidet Shields die Stimme ab. Wir gehen zur Luftschleuse. Ich hab Angst davor. Die Türen werden möglichst schnell geöffnet, um Verletzungen zu vermeiden. Danach werden wir mit der Luft rausgeschleudert. Die Schubdüsen an den Exoskeletten werden aktiviert und wir Steuern auf die Müllentsorgung zu. Alles genau berechnet. Ein Fehler und ich sehe das All, wie ich es nicht sehen will. Mein Puls steigt als wir uns in der Schleuse in Position stellen. Die Tür geht auf. Ich fühle mich als hätte man mir mit einem Baseballschläger in den rücken geschlagen. Es reißt ich von den Füßen. Schell entfernen wir uns von der 'Arbiter'. Station, Arbiter, Station, Arbiter. Mir wird schlecht. Mein Mittag kommt hoch.
"Kotzen im Weltall. Nicht wirklich schön."
Ich murmele das so leise vor mich hin, damit die anderen es über den Funk nicht hören.
"Sie können laut reden. Ich habe das Mikrofon vorübergehend deaktiviert."
Meldet Chester sich zu Wort und macht sich daran die Kotze aufzusaugen.
"Und ich würde sie bitten das in Zukunft zu unterlassen. Das ist... Ich glaube sie benutzen dafür das Wort 'Ekelhaft'."
"Sorry."
Endlich. Der erlösende Moment. Die Schubdüsen zünden und stabilisieren mich. Langsam bringen sie uns an die Station ran. Jayden hingegen ist schon an der Tür und macht sich mit den Sprengladungen zu schaffen.Sie springt von der Tür ab und 2 Sekunden danach implodiert die Tür und hinterlässt uns ein kreisrundes Einstiegsloch. Es war ein NOVA-Sprengsatz. Er erzeugt an der Stelle ein kleines Schwarzes Loch, dass alles im Umkreis von 2 bis 5 Metern verschlingt. Es wird hauptsächlich benutzt um sich einen Zugang zu sprengen.Wir schweben durch das Loch und Jayden öffnet mit dem Hackertool ihres Anzugs die Tür. Es dauert etwas. Anscheinend war die Technologie zu fremd, weshalb der Anzug erstmal den Aufbau scannen musste. Sobald die Tür auf war wurden wir von der Plattform angesogen und nicht wie erwartet weggestoßen. Das bedeutet das die Schwerkraftgeneratoren aktiv sind. Meine Gedanken bestätigen sich, als wir hart auf den Boden krachen. 
"Sauerstoffwerte Normal. Bei interner Sauerstoffzufuhr bleiben oder Visierung öffnen?"
Ich blicke zu den anderen. Jayden und Tessa haben ihr Visier schon offen. Maya hingegen zögert noch, öffnet ihres aber letztendlich auch. 
"Visier öffnen."
Das Visier klappt sich oben und unten ein. Sofort wird in meinem unteren Blickfeld ein kleiner Kasten eingeblendet, welcher meinen Puls und andere Daten anzeigt. Das ist nur möglich weil der Anzug mit meiner DNA synchronisiert wurde. Dieses kleine Feld da ist nicht direkt eine Einblendung. Es wird direkt auf meiner Netzhaut simuliert. Es ist etwas seltsam, wenn ich drüber nachdenke, dass dieser Anzug mein Körper so beeinflussen kann, ohne das er in meinem Körper drin ist. Also nicht direkt in meinem Körper.
"Erstaunlich! Sie müssen eine Art Eindämmungsfeld haben."
Eindämmungsfelder. Bisher gibt es sowas nur als Schild. Aber die halten nur Objekte anorganischen Ursprungs und größer als 20 mm ab. Aber das hier. Das ist ein Feld das sogar Sauerstoff zurückhalten kann.
"Krasse Scheiße."
Jayden steht davor und betrachtet das leicht wabbernde Feld.
"Jayden! Du versuchst die Kommunikationszentrale zu finden und eine Verbindung mit der Arbiter herzustellen! Ich probiere mal den Strom wieder anzuschalten und ihr..."
Sie blickt Maya und mich an.
"Untersucht diese Station bis auf das Mark. Treffpunkt hier in 4 Stunden."
Sofort verschwinden die beiden in der Dunkelheit. Maya und ich sehen uns an. Uns beiden steht die Angst ins Gesicht geschrieben.
"Zusammen?"
Ihre Stimme zittert.
"Zusammen!"
Ihr Gesichtsausdruck hellt sich auf. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg. Wir laufen keine 2 Minuten als wir auf den Platz stoßen, den wir von der Arbiter aus gesehen haben. Die Halle ist gut 7 Meter hoch, mindestens 200 Meter breit und vielleicht 500 Meter lang. Die Rollläden der Geschäfte sind teilweise heraus gerissen, andere hingegen fest verschlossen. Direkt neben dem Eingang, also neben uns, hängt eine Leuchtreklame nur noch zur hälfte in seiner Halterung. Einige Buchstaben fehlen. 'HA_DNU_MA' steht da geschrieben. Ich habe keine Ahnung was das heißen soll. Direkt neben dem Laden hängt ein Bildschirm. Die ganze Zeit flackert darauf irgendeine Reklame. Maya stellt sich davor.
"Wenn sie flackert..."
Ihre Stimme klingt nachdenklich.
"... muss es Strom geben?"
Es war eher eine Frage, als eine Vollendung des Satzes. Sie nickt leicht und geht um das Geschäft herum. Sie verschwindet, es gibt ein lautes knacken und grellendes Licht erfüllt den Raum. Irgendwo fängt es an zu plätschern. Erst jetzt, da das Licht angeschaltet ist, können wir den Raum deutlich sehen. Der Raum ist riesig. Die Geschäfte erstrecken sich über 3 Stockwerke. Links und Rechts der Halle erstreckt sich jeweils ein kleiner Wald. In der Mitte hingegen 2 Wasserfälle auf jedem Stockwerk, welche im untersten in einen See fließen. Die kleine Grünfläche um den See ist mit Blumen und Büschen verziert, welche durch die langen Jahre fasst den kompletten Mittelteil überwuchert haben.
"Dann muss Tessa den Strom ja gar nicht mehr anschalten..."
Sie bricht ab und macht einen Sprung nach hinten, als die Leuchtreklame neben uns mit einem lauten krachen kurz aufblitzte und schließlich aus der Halterung flog und krachend zu Boden ging.
"Ihr Puls ist erhöht."
Die weibliche Mechanische Stimme aus ihrem Anzug, mit dem Namen 'Serena', hallte in dem Raum wieder.
"Na vielen Dank für die Information!"
Sie zischte wütend.
"Sind sie Ironisch?"
"Nein. Ich bin sarkastisch."
Sie richtet sich auf und sieht mich an. Ich schaue schnell weg, denn ihr Blick sagte 'Ich töte dich, wenn du was sagst'. Wir gehen weiter. Ich übernehme die linke Seite, Maya die rechte Seite des Raumes. Etwa zehn Minuten gehen wir schweigend durch den Raum. Jeder auf seiner Seite. Ich sehe mir gerade eine Leuchtreklame von einem Reisebüro an. Zu sehen war eine Hotelanlage auf einem tropisch aussehenden Planeten. Allerlei seltsame Pflanzen waren zu sehen. Erst waren nur kleine Abschnitte des Hotels zu sehen. Die Lobby. Ein Atrium. Verschiedene Zimmer. Eine eindrucksvolle Poolanlage. Einen Botanischen Garten. Die Pflanzen dort waren echt kurios. Und dann sehe ich plötzlich mein Gesicht. Nicht nur mein Gesicht. Mein kompletter Körper. In einer Badeshorts stehe ich am Strand. Im Arm habe ich ein Mädchen in knappem Bikini. Sie ist ziemlich Attraktiv. Quatsch, denke ich, die hat nur wenig an. In meiner anderen Hand habe ich ein Getränk, welches die ganze Zeit die Farbe wechselt. Oben am Glas ist eine lustig aussehende, halbmondförmige Frucht. Ich will mich gerade abwenden und gehe einen Schritt zurück, als ich aus den Augenwinkeln bemerke, wie die Reklame sich ändert. Statt meiner selbst steht nun ein ziemlich attraktiver Mann an meinem Platz.
"Maya!"
"Ja?"
Unsere rufe Hallen durch den Saal.
"Kannst du mal herkommen?"
Ich höre wie sich ihre Schritte nähern. Ab und zu knackt es mal, wenn sie über die Büsche in der Mitte steigen muss.
"Was ist denn?"
Ihre Stimme ist so nah das ich unweigerlich zusammenzucke. Wortlos zeige ich auf die Reklame. Sie blickt mich nur verständnislos an. Ich nehme ihre Hand und ziehe sie näher ran. Ich mustere Maya. Bin gespannt auf ihre Reaktion. Aber das sie errötet. Das habe ich nicht wirklich erwartet. Ich stehe mich um und verharre in meiner Position. Da stehe ich. Den Cocktail in der Hand und. Maya im Arm. Allerdings mit einem anderen Bikini. Er bedeckt etwas mehr Haut und ist leicht Rosa mit weisen Blumen. Meine Gedanken vernebeln. Seltsame Bilder schwirren mir durch den Kopf. Alle mit Maya im Bikini. Blut schießt mir ins Gesicht. Ich versuche die Bilder zu verdrängen. Immerhin kenne ich sie nicht mal 3 Wochen, obwohl wir in der Zeit, seit ich aufgewacht bin, viel Zeit miteinander Verbracht haben. Tessa scheint seit dem Unfall nicht mehr die gleiche scherzhafte Person wie früher zu sein. Ich gehe einen Schritt zurück und wieder einen nach vorn, um Maya die Funktionsweise der Reklame zu zeigen.
"Beeindruckend."
Ihr Gesicht nimmt einen interessierten Ausdruck an. Mehrer male geht sie nach hinten und anschließend wieder nach vorne. Sie sieht mich nachdenklich an. Nach einen paar Sekunden hellt sich ihr Gesicht auf, als wäre ihr etwas eingefallen. Sie packt meinen Arm und zerrt mich mit. Auf der anderen Seite angekommen, führt sie mich zu einem der Geschäfte.
"Sie dir das mal an."
Mein erstaunter Blick sagt ihr anscheinend alles was sie wissen wollte.
"Tessa? Jayden? Ich glaube Maya hat was interessantes gefunden."
Ich mache ein Bild von dem, was Maya mir gezeigt hat und sende es über einen Daten-Link zu den anderen.
"Heilige Scheiße!"
Jaydens Stimme knackt. Nein. Es war nicht die Stimme die knackt. Es war die Station. Ein tiefes knarzendes Geräusch kommt aus den Tiefen der Station. Ich starre auf die Stelle. Grauen kommt in mir auf.

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