Someone like You [boyxboy] | ✔

De Aria1Spencer

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*beendet* "So jemanden wie dich trifft man nur einmal im Leben...Und ich bin froh, dass wir uns schon jetzt g... Mais

Vorwort
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Epilog
Silvesterspecial

Kapitel 20

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De Aria1Spencer

• E V A N •

Als ich die Augen öffne, finde ich mich in Wes' Armen wieder. Er schläft friedlich neben mir, hat anscheinend in der Nacht die Chance genutzt, seinen Arm um mich zu legen. Und das habe ich wohl als Angebot angesehen, um mich an ihn zu kuscheln. 

Hitze steigt in meine Wangen und um mein Herz wird es ganz warm, als ich an heute Nacht denke.

Irgendwann hat er mich aus dem Schlaf gerissen, als er näher an mich heran gerutscht ist und ich auf einmal in seinen Armen lag. Es hatte mich zugegeben ein wenig Überwindung gekostet, mich zu ihm zu drehen, ich habe es dann aber genossen, mit seinem Geruch um mich herum wieder einzuschlafen.

Vorsichtig fahre ich mit dem Zeigefinger die Konturen seines Mundes nach, hoffe dabei inständig, dass Wesley nicht davon wach wird. Er würde mich sicherlich damit aufziehen. 

Wie gebannt streiche ich über seine weichen Lippen, könnte das stattdessen stundenlang tun, müsste ich nicht in die Schule. 

So vorsichtig wie möglich rolle ich mich zur Seite aus dem Bett und werfe einen Blick auf mein Handy. Tatsächlich könnte ich noch zehn Minuten liegen bleiben. Aber die Zeit kann ich auch dafür nutzen, vor Wes ins Bad zu gehen. Was auch immer er darin macht, es zieht sich immerzu in die Länge.

Auf Zehenspitzen verlasse ich sein Schlafzimmer und verschwinde über den Flur ins Badezimmer. Dort greife ich nach der Zahnbürste, die er mir gestern Abend gegeben hat. 

In aller Ruhe putze ich mir die Zähne und fahre mir mit der Hand so lange durch die Haare, bis sie gut aussehen. Irgendwann gebe ich es auf. Meine Locken machen sowieso meist das, was sie wollen.

Als ich nach ein paar Minuten zurück ins Zimmer gehe, schnarcht Wesley noch leise vor sich hin, was mich wiederum zum Schmunzeln bringt. Müsste ich nicht in die Schule, würde ich den ganzen Tag mit ihm im Bett verbringen.

Ich bediene mich an seinem Kleiderschrank und ziehe irgendeinen Hoodie hervor. Zwar habe ich eigene Klamotten von Zuhause mitgebracht, aber ich finde den Gedanken, etwas von ihm zu tragen, aufregend. Gerade, als ich ihn mir übergezogen habe und nun nach meiner schwarzen Hose greife, ertönt in höher werdender  Lautstärke mein Handywecker.

Wes streckt sich grunzend, bevor er sich wegdreht und in Versuchung ist, weiterzuschlafen. Hätte er nicht versprochen, mich zu fahren, würde ich ihn noch ein paar Minuten liegen lassen. Stattdessen gehe ich auf das Bett zu und beuge mich über ihn. Er brummt leise. Grinsend lasse ich meine Hand unter die Decke verschwinden und streiche über die nackte Haut, die mich diese Nacht beinahe zum Durchdrehen gebracht hat.

"Süßer, steh auf", hauche ich in sein Ohr und küsse ihn dann auf sein Ohrläppchen, bevor meine Lippen weiter wandern. Sie küssen seine Wange, sein Kinn und seinen Hals. 

"Noch fünf Minuten." Seine kratzige Stimme jagt mir einen angenehmen Schauer über den Rücken. "Leg dich zu mir."

"So verlockend es auch ist; dann kommen wir gar nicht mehr aus dem Bett."

"Das klingt doch hervorragend", murmelt er und greift nach meinem Arm. Ich gebe einen überraschten Laut von mir, als ich mich neben ihm wiederfinde. Seine Augen sind noch geschlossen, doch ein breites Grinsen umspielt seinen Mund. "Das gefällt mir."

"Wes ..."

"Zerstör diesen Moment nicht, Evanboy."

Ich presse meine Lippen aufeinander, kann aber tatsächlich nicht verhindern, wegen ihm zu lächeln. Stattdessen drehe ich mich mit den Rücken zu ihm herum und seufze leise, als er seinen Arm um mich legt und sich an mich heran kuschelt. "Nur fünf Minuten, Wes."

"Das reicht", sagt er und drückt mir dann einen Kuss auf die Stelle hinter meinem Ohr.

*

"Wenn ich zu spät komme, bringe ich dich um, Wesley", drohe ich ihm brummend und schaue aus dem Fenster, bevor er mich mit seinem zauberhaften Lächeln weich kriegen kann.

"Tu mal nicht so, als hätte ich dich dazu zwingen müssen, zurück ins Bett zu kommen", erinnert er mich und biegt in die Seitenstraße ein, die zu meiner Schule führt. "Du wirst schon noch pünktlich da sein. Wir sind rechtzeitig los gefa–"

"Konzentriere dich aufs Fahren!"

Ich höre ihn neben mir leise lachen. "Mir gefällt dein Hoodie", sagt er amüsiert. Als ich ihn nun doch ansehe, grinst er wie ein Honigkuchenpferd. Ihm scheint es genauso wie mir zu gefallen, dass ich etwas von ihm trage. 

Wes' Arm schwebt vor meinem Gesicht. "Schau mal, wir werden schon erwartet."

Als wir in die Einfahrt zum Parkplatz fahren, entdecke ich unsere Freunde. Chris beugt sich gerade zu Matt hinüber und küsst ihn einen Moment später. Ich werfe Wes einen überraschten Blick zu, er grinst aber nur über die beide.

Habe ich Matthew gestern nicht noch wie ein Häufchen Elend auf einem Baum sitzend angetroffen? So langsam bekomme ich wegen ihnen Kopfschmerzen. Wie oft streiten sie sich und vertragen sich danach wieder? 

Und wollten sie ihre Beziehung nicht geheimhalten? Sich auf  dem Parkplatz unserer Schule zu küssen, ist nicht gerade unauffällig.

"Da wollen wir mal auf uns aufmerksam machen", sagt Wes und drückt einen Moment später auf die Autohupe. Meine Freunde fahren auseinander. Wes steckt seinen Kopf aus dem Fenster und ruft ihnen zu: "Sucht euch gefälligst ein Zimmer!", als wir an ihnen vorbeifahren. Er parkt den Wagen in einer freien Parklücke und wir steigen gemeinsam aus.

Die Jungs erwarten uns und fallen uns zur Begrüßung in die Arme. Matthew sieht Wes schmollend an. "Wie kommt's denn, dass du ihn zur Schule fährst? Mir hast du das nie angeboten." Am Ende umspielt ein Grinsen seine Lippen.

"Das habe ich auch nur gemacht, weil Evan sonst zu spät gekommen wäre. Und außerdem hätte mich dein lieber Freund geköpft, wärst du nur in meine Nähe gekommen", erwidert Wes augenzwinkernd, woraufhin Chris ihm lachend einen Klaps gibt.

"Stimmt doch gar nicht! Du hättest mir auch einfach sagen können, dass du scharf auf Evan bi-" 

Bevor Chris seinen Gedanken aussprechen kann, falle ich ihm peinlich berührt ins Wort. "Gut, also wir müssten wohl langsam auch rein, sonst bist du umsonst aufgestanden, um mich herzufahren", merke ich an und richte meine letzten Worte an Wes, der mich daraufhin von der Seite anstupst. 

"Es war auf keinen Fall umsonst." Er wendet sich Matthew zu. "Wir sehen uns später auf der Arbeit?" Wes wirft mir einen vielsagenden Blick zu, bevor er sich winkend abwendet. "Alles klar, dann bis später. Und lernt schön."

Wir sehen ihm hinterher, wie er in sein Auto steigt und wegfährt. Ich kann mir dabei ein Lächeln nicht verkneifen, was meinen Freunden nicht entgeht. Sie sagen dazu aber nichts weiter. 

Wir gehen über den Schulhof ins Schulgebäude, wo alle Augenpaare auf uns liegen. Es ist nicht zu übersehen, dass die Aufmerksamkeit auf Chris und Matt liegt. Sie sind regelrecht die Hauptattraktion. Ich folge ihren Blicken zu den verschränkten Hände meiner Freunde. Sie machen ihre Beziehung ganz öffentlich. Ich freue mich darüber, dass besonders Matthew über seinen Schatten springt. 

Uns bleiben noch knapp fünf Minuten, als wir an Matts Spind stehen. Dieser ist mit seinem Zahlencode beschäftigt, was Chris dazu nutzt, um mich von der Seite zu betrachten. "Weißt du, wenn wir schon wegen dir beinahe zu spät kommen, kannst du uns wenigstens ein paar Details liefern."

Achselzuckend wende ich den Blick ab aus Angst, dass er mir etwas ansehen wird. "Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe verschlafen und ihn dann halt gefragt, ob er mich vielleicht fahren könnte."

Dass ich bei ihm übernachtet habe und wir noch für eine ganze Weile im Bett gekuschelt haben, lasse ich bewusst aus. Er würde mich damit nur aufziehen.

Wesley hat mir erzählt, dass er Chris vor ein paar Tagen im Park getroffen hat und sie offenbar Frieden geschlossen haben. Wobei sie sich meines Wissens nach niemals im Krieg befanden. Sie haben sich einfach nicht so sehr gemocht. 

Jetzt scheint Chris wohl aber überaus gern alles über ihn erfahren zu wollen. Vor allem wie es zwischen uns steht.

"Und wie kommt's, dass du so einfach verschläfst? Hattest du etwa eine lange Nacht?", fragt mein bester Freund weiter, während er sich gegen die Spinde lehnt.

Genau sowas muss ich absofort wohl ständig erwarten.

"Alter, das geht dich doch gar nichts an. Will ich etwa wissen, was bei euch läuft?" 

"Wir haben hammergeilen Sex, aber das kann man sich ja schon denken."

"Chris!", ruft Matt empört aus und schlägt ihn mit seinen Büchern. Er lacht aber nur und wendet sich dann wieder an mich.

"Mann, jetzt erzähl doch endlich! Matty wird es spätestens sowieso heute in der Pizzeria erfahren." 

"Du nervst", brumme ich und dränge mich an ihm vorbei. Die beiden folgen mir und die Stimmung könnte nicht besser sein. Doch als wir das Klassenzimmer betreten, kippt alles. Mir fallen sofort Piper, Aaron und Nathan auf, die spöttisch grinsend in unsere Richtung schauen. "Wen haben wir denn da? Die drei wärmsten Brüder der Schule." 

Und das sagt ausgerechnet unsere ehemaligen besten Freundin.

Obwohl ich mich unter Kontrolle haben möchte, platzt aus mir heraus: "Lieber warme Brüder als eine boshafte, kalte Schlange."

Im Zimmer ist es ruhig geworden. Unsere Mitschüler verfolgen schaulustig unsere Unterhaltung.

"Was hast du gerade gesagt, du Mistgeburt?", zischt Aaron und kommt mit verärgertem Blick auf uns zu.

Chris stellt sich ihm entgegen. "Lass ihn in Ruhe, Aaron." 

"Du hast mir gar nichts zu sagen. Du bist genauso eine miese Schwuchtel wie der Idiot und der Freak. Du bist eine Schande für uns. Und ich bin es leid, mich von dir herumschubsen zu lassen."

Es passiert so schnell, dass ich es gar nicht richtig realisieren kann. Innerhalb weniger Sekunden liegt Aaron auf dem Boden und Chris über ihm, während er auf ihn einprügelt.

Das führt dazu, dass es auch im Raum unruhiger wird. Schaulustige drängen sich in einem Kreis um die beiden herum, aber mit gesonderten Abstand, um selbst nicht darin verwickelt zu werden.

„Chris, hör auf!", ruft Matty seinem Freund zu, doch dieser ist wie in Trance und schlägt weiter auf seinen ehemaligen Freund ein. 

Als ich realisiere, dass Nathan auf Chris loszugehen scheint, schreite ich ein und schubse ihn weg. Dann versuche ich, meinen Freund von Aaron wegzureißen. "Kumpel, hör auf! Er ist es nicht wert."

"Mr. Jackson, gehen Sie sofort von Ihrem Mitschüler weg!" Alle Augenpaare liegen auf unserem Geschichtslehrer, Mr. Davis. Und endlich lässt sich Chris von mir wegziehen. Matthew ist sofort an unserer Seite und schmiegt sich an ihn, als hätte er Angst, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte.

Wir schauen zu, wie Piper und Nathan ihrem Freund dabei helfen, aufzustehen. Sie sieht uns hasserfüllt an. "Du bist doch krank!", zischt Pip und wirkt, als wolle sie am liebsten auf Chris losgehen. Doch davor greift unser Lehrer ein.

"Miss Edison, Sie und Mr. Malek bringen Mr. Morgan ins Krankenzimmer. Dort soll er erstmal behandelt werden. Dann gehen Sie alle drei zum Direktor." 

"Warum denn das?", ruft sie empört aus. 

"Ich dulde keine Homophobie in meinem Unterricht!" 

Nathan schnaubt. "Haben Sie schon mal etwas von Meinungsfreiheit gehört?" 

"Natürlich, aber Beleidigungen und Drohungen gehören gewiss nicht dazu, Mr. Malek. Verschwinden Sie jetzt! Ich will Sie heute nicht in meinem Unterricht sehen."

Bevor sich die Situation nochmals erhitzt, manövriere ich Chris zu seinem Platz. Matt, der noch an ihm hängt, folgt uns.

"Dieser Scheißkerl kann froh sein, dass Mr. Davis dazu gekommen ist", höre ich meinen besten Freund knurren, als wir uns niederlassen.

Augenverdrehend krame ich aus meinem Rucksack eine Packung Taschentücher heraus und reiche ihm eines. Verwirrt wandert sein Blick auf meine ausgestreckte Hand. "Du blutest. An der Lippe und über dem linken Auge", mache ich ihn auf seine kleinen Verletzungen aufmerksam. 

Matthew reißt mir das Taschentuch aus der Hand und beginnt ihm vorsichtig das Blut abzutupfen. "Wie konnte das nur passieren?", fragt er leise. Ihn scheint das alles am meisten nahezugehen. Verständlich, wenn man bedenkt, dass er sich Piper vor einigen Wochen noch sehr nahe gefühlt und in ihr eine loyale Freundin gesehen hatte.

"Die sind verrückt, Matt. Es war nur eine Frage der Zeit, dass das mal eskalieren wird. Aber jetzt hat Aaron wenigstens gemerkt, dass er mit seinen bescheuerten Handlungen nichts erreichen wird. Niemand interessiert sich für diesen Idioten … Meinungsfreiheit, pff. Dass ich nicht lache, ey", meint Chris und zischt dann auf, als Matt ihm offenbar zu fest auf die Wunde drückt.

Mr. Davis kommt zu uns nach hinten und betrachtet Chris. "Wollen Sie ebenfalls zur Krankenschwester, Mr. Jackson? Nur zur Sicherheit ..."

"Es geht schon, danke."

"Entschuldigen Sie diese … Unannehmlichkeit", bitte ich unseren Lehrer, der mich daraufhin mit einem unergründlichen Blick bedenkt.

"Ich halte Sie drei für intelligent genug, um sich nicht auf solch ein Niveau herabzulassen, wie es Ihre Mitschüler gerade eben getan haben. Denken Sie daran", rät er uns und beginnt dann seinen Unterricht, nachdem er sich nochmals versichert hat, dass es Chris gut geht.


• E V A N •

Es pocht unangenehm in meinem Kopf, als ich die Kiste in meiner Hand betrachte. Sie hat schon so viel Schaden angerichtet.

Dass ich Chris einen Besuch abstatte, habe ich kurzzeitig entschlossen. Eigentlich warte ich auf Matthew. Wir haben verabredet, dass er bei mir heute übernachtet. Damit kann ich ihn einerseits aus dieser Hölle seines Hauses herausholen, andererseits wollten wir mit meinen Eltern über ein paar Möglichkeiten sprechen. Etwa, dass er bei uns einziehen könnte, um seinem persönlichen Horror entfliehen zu können.

Er ist ein anderer Mensch. So selbstbewusst habe ich in all den Jahren, in denen ich ihn kenne, nicht erlebt. Er lacht, erlaubt sich, Freude und Spaß an etwas zu haben. Und vor allem ist er endlich er selbst. Das soll nicht durch die Unterdrückung seitens seiner Mutter wieder zunichte gemacht werden.

Genauso wenig soll sein Glück mit Chris zerstört werden. Das könnte es aber und zwar durch diese blöde Schachtel, die ich meinem besten Freund vorhin abgenommen habe.

Sie ist gefüllt mit all seinen Erinnerungen an Vincent. Seinem Exfreund. Der, der ihn nach und nach ins Verderben gezogen hat. Beinahe könnte ich schon sagen, Chris ist - wie ich ihn kenne - mit der Zeit immer ein Stück mehr ausgelöscht worden. Diese Beziehung ist einfach nur toxisch gewesen.

Deshalb ist es für mich auch unverständlich, dass Chris weiterhin an den Erinnerungen festhalten möchte. Dass er sich noch immer dafür die Schuld gibt, dass Vince außer Kontrolle geraten ist und schließlich eingewiesen werden musste. Wie oft habe ich ihm sagen wollen, dass es zu seinem Besten geschehen ist, aber damit bin ich ständig nur gegen eine Wand gestoßen.

Ein Seufzen entweicht mir, als ich auf meinen Schrank zugehe und mithilfe meines Schreibtischstuhles die kleine Kiste weit weg verstaue. Auf dem Schrank, wo niemand sie entdecken würde. Das habe ich Chris versprochen, bevor ich ihn vorhin allein gelassen habe. Besonders Matty soll nicht davon erfahren, dass sie existiert. 

Ich rufe unser Gespräch in Erinnerung, als Chris' altes Handy geklingelt hat und nur einer darauf versuchen würde, ihn zu erreichen.

"Hör auf, dich rauszureden, und erkläre mir sofort, warum Vincent dich anruft!", habe ich ihn aufgefordert, nachdem ich das Smartphone in der Schublade seines Nachttisches gefunden habe. 

"Okay, ja, es kann sein, dass ich mich letztens mit ihm getroffen habe. Aber es ist nichts zwischen uns passiert." Ich wollte dazu etwas sagen, doch er hat die Hand gehoben. "Und bevor du fragst, ja, Matty weiß davon. Ich habe es ihm gesagt und er hat gut darauf reagiert." 

Es hat geklungen, als höre Chris selbst nicht, was er da von sich gegeben hat. Wie unsinnig es gewesen ist.

"Er hat gut darauf reagiert, dass du dich mit deinem heißen Ex getroffen hast? Wie soll das gehen, wenn er in der Psychiatrie ist?" 

"Seine Eltern haben ihn nach Hause geholt auf seinen Wunsch", murmelte er dann. Ich konnte in ihm wieder diesen kaputten Jungen sehen, der sich danach sehnte, dass wieder alles gut wird. Es sollte sich aber nicht wiederholen. 

"Ah ja, interessant. Lass mich raten, Vince wollte dich unbedingt zurück und hat sich die ganze Zeit an dich geklammert", habe ich meine Vermutung ausgesprochen und aus seinem Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, wie recht ich damit gehabt habe.

Trotzdem hat mein Freund es geleugnet, was mich umso aufgebrachter werden ließ. "Wem machst du hier was vor? Weißt du denn nicht mehr, wie es war, als ihr euch getrennt habt? Du hast wahnsinnig darunter gelitten, dass er dir weiterhin nachgestellt hat! Ich möchte dich nicht nochmal so erleben."

Zu meiner Erleichterung hat er mir die Schachtel mit Erinnerungen schnell überlassen. Dazu hat er mir versichert, bei Matthew bleiben zu wollen und mit ihm auch glücklich zu sein. Und dass er dies nicht auf das Spiel setzen würde. Ich glaube ihm.

Gerade, als ich vom Stuhl absteige, klopft es an der Tür. Mom steckt ihren Kopf herein. "Schätzchen, hat Matty gesagt, wann er vorbeikommen wird?"

"Er wird wohl bald da sein, glaube ich."

"Ich habe Bettzeug für ihn bezogen. Es liegt unten im Wohnzimmer."

"Danke, Mom."

Sie macht Anstalten, die Tür wieder zu schließen, entscheidet sich dann aber um. Sie öffnet sie noch einen Spalt, um einzutreten. "Gibt es noch etwas, worüber du mit mir sprechen möchtest?", fragt sie, bevor sie sich auf mein Bett setzt. "Du siehst aufgewühlt aus, mein Süßer."

Für einen Moment ist es still. Ich überlege, ob ich ihr von der Sache mit Vince erzählen sollte. Sie hat damals ebenfalls alles mitbekommen und weiß deshalb, warum ich mir Sorgen mache. Aber ich entscheide mich dafür, darüber zu schweigen. Ich vertraue Chris, dass er das Richtige tut.

Sie klopft neben sich auf die Decke, eine Aufforderung, mich neben ihr zu setzen. Das tue ich dann auch. Mom legt ihren Arm um mich und drückt mich an sich. "Hat es vielleicht etwas mit dem Wochenende zu tun?"

Verwirrt begegne ich ihrem besorgten Blick, da ich für einen Augenblick nicht weiß, was sie damit anspielen möchte. Dann fällt es mir aber wieder ein. Wie konnte ich das vergessen? Ich lerne die Eltern meines Freundes kennen.

"Mom."

"Mhm?"

Ich lege meinen Kopf auf ihrer Schulter ab und schließe die Augen, als sie sogleich anfängt, meinen Hinterkopf zu massieren, wie sie es schon getan hatte, als ich ein Kleinkind gewesen bin.

"Ich fahre mit meinem Freund weg."

"Ich weiß, du hast ..."

"Mit meinem Freund", wiederhole ich mit Nachdruck. 

Sie schweigt. Das ist bei ihr normalerweise kein gutes Zeichen, da meine Mutter immer etwas zu sagen hat. Auch, wenn es mal unpassend ist. Aber dass sie jetzt stumm ist, macht mich nervös. Ich habe meiner Mutter gerade gebeichtet, einen festen Freund zu haben.

Als ich mich aufrichten möchte, hält sie mich davon ab und schmiegt stattdessen ihre Wange an meinen Kopf. "Wie hast du ihn kennengelernt?"

"Er ist der Junge von der Party."

"Der mit der Schokosoße?"

Ich spüre, wie die Hitze in meine Wangen schießt.

"Er muss dich glücklich machen, nicht wahr?", meint sie, es klingt aber eher wie eine Feststellung. "Uns ist schon aufgefallen, dass du verändert wirkst."

"Wie?"

"Du strahlst, mein Schatz. Noch dazu dass du in der letzten Zeit desöfteren länger unterwegs warst oder gar nicht nach Hause gekommen bist … Es mag dir vielleicht so vorgekommen sein, dass wir nichts bemerken, aber du hast das nicht sonderlich unauffällig gehandhabt."

Leise seufzend fallen mir die Augen zu.

Obwohl ich nichts hätte befürchten müssen, strömt nun doch die Erleichterung durch meinen ganzen Körper, meiner Mutter von meiner Beziehung mit Wes erzählt zu haben.

"Ich habe so etwas wie mit ihm noch nie erlebt, Mom", vertraue ich ihr an.

"Er scheint aber etwas ganz Besonderes zu sein ..."

"Das ist er. Er ist einer der wundervollsten Menschen, die ich jemals kennengelernt habe. Es … fiel mir nicht sonderlich schwer, mich zu verlieben."

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