A/N: So, kurze Vorwarnung! Die nächsten Kapitel werden medizinisch geprägt sein! Es werden vielleicht unangenehme Sachen beschrieben, die eventuell auch triggern könnten. Ich bin keine professionelle Medizinerin (wobei es mein Traumberuf ist (^o^))! Die Sachen, die beschrieben werden, habe ich recherchiert, bzw. ist es Wissen aus einem Praktikum von mir und können daher fehlerhaft sein! Pls don't judge me! :D
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Ich war ein wenig aufgeregt, als ich zusammen mit Hinata das Krankenhaus betrat.
Meine Hand klammerte sich an den Ausweis, den man uns übergangsweise ausgestellt hatte.
Heute war der erste Tag der Semesterferien. Es war verdammt gruselig, wie schnell die Zeit vergangen war.
Nun lagen fünf Wochen Arbeit vor uns.
"Verdammt, warum zittere ich so?", fragte Hinata neben mir und ich lächelte ihr zu. Ihre Aufregung war vollkommen begründet.
Wir passierten die Eingangshalle und betraten den Mitarbeiterbereich mithilfe der Chipkarte. Chishiya würde uns hier zusammen mit Obiki in Empfang nehmen und unsere persönlichen Pager verteilen, damit wir uns untereinander erreichen konnten.
Zusammen mit Tomoki-san hatten wir ungefähr abgesprochen, wie wir begannen. Ich würde mit Chishiya mitlaufen, um einen ersten Eindruck zu bekommen, während Obiki und Hinata sich zurückhielten, um nach der Visite die Aufgaben zu erfüllen, die ihnen aufgetragen wurden. Ich würde die Patienten dann mental einschätzen und nachmittags Gespräche führen.
Es klang einfach, das war es aber nicht.
Ich hatte Angst, einen Fehler zu machen, den andere dann wieder ausbügeln mussten.
"Da sind sie!", meinte meine Freundin neben mir und ich sah auf, nur, um mich in seinen schokoladenbrauen Augen zu verlieren. Für einen kurzen Moment verfiel ich in eine Art von Trance.
Verdammt, er sah gut aus, wenn er seine Haare zu einem Zopf zusammenband. Klar, vorher war er ebenfalls attraktiv gewesen, aber das trieb es noch einmal auf das nächste Level.
"Daiki-san, für dich liegt Kleidung bereit. Hayashi-san, du darfst deine Alltagskleidung vorerst anbehalten", wies Chishiya uns ein, während Hinata mit ihrer neuen "Uniform" verschwand. Ich nickte einfach nur, während ich versuchte, die Falten in meiner weißen Hose zu glätten.
Ich hatte mich heute Morgen für etwas formales entschieden: Eine weiße Hose, eine hellblaue Bluse und Sneakers, auf denen ich gut laufen konnte. Der Tag würde lang werden, weshalb gemütliches Schuhwerk wichtig war. Meine schulterlangen Haare hatte ich mir geflochten, um nerviges Kitzeln von Haarsträhnen zu verhindern.
Schnell griff ich nach meinem Ipad, wo ich die wichtigsten Daten speichern würde, um die Behandlung zu unterstützen.
"Bereit?", wollte Chishiya wissen und ich nickte, bevor ich ihm durch die leeren Gänge folgte. Schnell waren wir am Fahrstuhl angelangt, wo er wissend auf einen der Knöpfe drückte.
"Wir haben heute Morgen fünf Patienten zu sichten. Davon sind drei Kinder, eine ist jugendlich und der Letzte befindet im jungen Erwachsenenalter", informierte er mich freundlicherweise und ich nickte, während ich mir diese Informationen merkte.
Kinder waren in der Psychologie eine Herausforderung, weil es schwierig war, herauszufinden, was in den Köpfen von ihnen vorging.
Der Fahrstuhl kam zum Stehen und wir betraten eine fast schon andere Welt. Im Gegensatz zu den Mitarbeiterfluren war es hier wuselig.
Überall liefen Ärzte, Pflegepersonal und teilweise auch Besucher. Chishiya führte mich zielstrebig durch das Getümmel und klopfte schließlich an eine Tür, nur, um sie kurz danach zu öffnen.
Ich erkannte schnell, dass es ein Einzelzimmer war. Ein junges Mädchen lag in dem großen Bett und malte gerade in einem Malbuch, während eine Frau daneben saß und strickte.
"Guten Morgen", begrüßte der Arzt die beiden Personen und auch ich verbeugte mich zum Gruß.
"Hallo Chishiya-sensei! Vielen Dank für Ihren Besuch", die Frau verbeugte sich ebenfalls. Chishiya lächelte leicht - es war eine Geste, die ich ihm nicht zugetraut hätte.
"Ich habe heute meine Kollegin mitgebracht. Ich vermute, dass Sie über die Umstände informiert worden sind?", wollte er wissen und sie nickte.
"Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen", die Frau sprach nun mit mir, "Ich bin Haruka-san. Und das ist meine Tochter Yura."
"Angenehm, ich bin Hayashi-san", stellte ich mich lächelnd vor, während das Mädchen uns neugierig begutachtete. Chishiya nahm sich sein Stethoskop und hielt es ihr hin.
"Darf ich einmal hören?", fragte er sie und sie nickte eifrig.
Ich musste mich zusammenreißen. Er war auf einmal gefühlt eine andere Person... sanft und fürsorglich. Das hätte ich echt nicht für möglich gehalten!
Er überprüfte ihren Herzschlag und die Atmung, die Kleine ließ es ohne Zögern über sich ergehen.
Ich nahm an, dass sie diese Prozedur bereits häufiger erlebt hatte.
"Das hört sich sehr gut an!", meinte er zu ihr, während er das Stethoskop wieder um seinen Hals legte und sich dann zur Mutter wandte, "Haben Sie irgendwelche Auffälligkeiten beobachten können?" Die Frau nickte.
"Sie verweigert ihr Essen seit zwei Tagen. Es ist sehr schwer, ihr Nahrung einzuflößen. Ich weiß immer noch nicht, woran es liegt... Die Operation ist bereits einige Wochen her...", erzählte sie und ihr Gesicht wurde traurig, "Langsam bin ich mit meinem Latein am Ende."
Chishiya warf mir einen kurzen Blick zu und ich nickte leicht. "Das werden wir heute noch überprüfen", versprach er, "Yura-chan, kannst du mir mal deinen Bauch zeigen?" Ich sah zu, wie er eine ziemlich große Narbe inspizierte und sich Notizen in einer Akte machte.
"Die Wunde sieht gut aus, daran kann es nicht liegen. Wir nehmen ihre Bedenken aber natürlich ernst", der junge Mann wandte sich zu mir, "Hayashi-san wird uns ebenfalls bei der Lösungsfindung unterstützen."
Wir verabschiedeten uns und Chishiya schrieb sich etwas in seinen Zeitplan. "Yura-chan hat eine Nierentransplantation hinter sich", erklärte er mir und ich schrieb mir die Information im Gehen auf. Schon jetzt suchte mein Gehirn nach möglichen Erklärungen.
Der junge Arzt vor mir klopfte an die nächste Tür. Dieses Mal war es ein Mehrbettzimmer mit sechs Betten, die mit Vorhängen abgetrennt worden sind. Ein Junge, der schätzungsweise zehn Jahre alt war, saß alleine in seinem Bett am Fenster und starrte mit großen Augen hinaus.
"Hallo Haru-kun", begrüßte mein Partner den Jungen, der nun zu uns sah.
"Hallo Chishiya-san! Hallo unbekannte Frau!", er erinnerte mich irgendwie an einen kleinen Welpen.
" Haru-kun, das ist Hayashi-san. Sie begleitet mich heute", Chishiya deutete kurz in meine Richtung, der Junge musterte mich mit großen Augen, dann lächelte er.
"Hallo Hayashi-san!", begrüßte er mich schließlich richtig und ich hob die Hand, während sich ein Lächeln auf meine Lippen schlich.
"Na, wie geht es dir?", Chishiya beugte sich zu ihm hinunter. Er lächelte munter.
"Mir geht es gut!", antwortete Haru und ließ sich ebenfalls geduldig abhören. Chishiya nickte zufrieden.
"Wann kommt dein Vater?", wollte er wissen und der kleine Junge grinste.
"In ein paar Minuten", antwortete er ohne zu zögern. Der Arzt nickte.
"Perfekt! Ich schicke nachher jemanden zu euch. Du darfst nämlich heute nach Hause, Haru-kun", der Junge streckte seine Fäuste in die Luft und grinste glücklich.
"Danke, Chishiya-san! Du hattest Recht, meine kleinen Kämpfer in meinem Körper haben alles wieder gut gemacht!", brabbelte er vor sich hin, während Chishiya eine Unterschrift auf ein Dokument setzte und dieses in die Halterung am Bett steckte.
Dann winkten wir, bevor wir den Raum wieder verließen. Das war unkompliziert verlaufen.
Trotzdem wusste ich, dass es noch sehr anstrengend werden würde.
Das Leben im Krankenhaus war nicht Ohne - man sollte die Arbeit nicht unterschätzen.
Heute Abend würde ich mit großer Sicherheit todmüde ins Bett fallen.