»Was ist denn passiert?«, fragt Shadow neugierig. Er lässt seinen Blick über die drei schweifen, bevor er auf mir landet. In seinen Augen liegt förmlich dieselbe Frage wie er gerade gestellt hat.

»Diese dumme Kuh von Mathematiklehrerin hat ernsthaft das Gefühl, dass man in ihrem Unterricht zuhört«, beginnt Ed. Das wird bestimmt mit Nachsitzen enden. Mathematiklehrer teilen das nämlich noch lieber aus als ungenügende Noten.

»Dann haben wir eben ein bisschen geredet und Hangman gespielt. Und dann hat sie gemerkt, dass keiner zuhört. Kein. Einziger. Schüler. Niemand hat aufgepasst. Also ist sie auf die tolle Idee gekommen, dass wir Aufgaben an der Tafel vorlösen sollten.«

»Glücklicherweise sind am Anfang andere Schüler drangekommen, denn die hat sie sowas von angebrüllt und zusammengestaucht«, fährt Wes fort. Sein Gesicht verzieht sich, was dann wohl heißt, dass jetzt der Teil der Gesichte vorkommt, der sie so spät kommen hat lassen.

»Weil wir nicht drangekommen sind, also als einzige natürlich, hat sie uns nach der Stunde noch zu sich gerufen. Sie hat uns einen riesigen Vortrag gehalten und zu zwei Wochen Nachsitzen verdonnert. Die Frau ist total sadistisch. Zwei Wochen, Leute! Wisst ihr wie lästig das ist?! Und dann muss die noch die Aufpasserin sein, weil das Leben nicht sowieso schon schlimm genug ohne sie wäre«, motzt Ruby zum Schluss.

Ehrlich gesagt kann ich schon verstehen, dass sie Ärger gekriegt haben, aber zwei Wochen Nachsitzen sind einfach übertrieben. Das kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Und Shadow allen Anscheines auch nicht, denn sein Mund steht nun offen und er sieht die Drei mit Mitleid in den Augen an. Doch gleichzeitig streift sein Blick mich und ich kann den Schalk in seinen Augen erkennen.

»Ich habe noch nie Nachsitzen müssen«, sagt er schliesslich, worauf alle drei unisono aufstöhnen.

»Du Glücklicher«, ruft Ed. »Nachsitzen ist scheiße. Du bist gezwungen, eine Stunde lang Hausaufgaben zu machen. Und ja, es ist noch ätzender als es sich anhört.«

Ich verziehe mein Gesicht. Shadow hat nämlich nicht mehr so ein glückliches Gesicht, vor allem aber lenkt mich das Lächeln auf seinen Lippen nicht von dem traurigen Glanz in seinen Augen ab. Er hat noch nie nachsitzen müssen, weil er noch nicht so lange zur Schule geht und bisher praktisch alles richtig gemacht hat.

»Stimmt gar nicht«, halte ich also dagegen. »Dort ist man praktisch gezwungen Hausaufgaben zu machen, und so, wie ich dich kenne, Ed, würdest du sie sonst nicht machen.«

Ruby lacht.

»So wahr. Aber ich mache sie Zuhause und Wes...keine Ahnung, was du machst, aber teilweise macht er sie auch. So schlimm sind die meistens nämlich gar nicht. Schlimm ist, dass du, sobald du fertig bist, in einem Raum sitzt, wo du kein Handy haben darfst und Reden verboten ist. Außerdem gibt sie uns dann sowieso noch zusätzliche Mathe-Aufgaben, weil sie ja nicht will, dass wir zu wenig leiden.«

»Wie sollen wir das nur überleben?«, heult Ed jetzt wieder. Ich bewerfe ihn mit einer Pommes, auch wenn man sonst nicht mit Essen spielen sollte. Glücklicherweise fängt er sie auf und verspeist sie sofort.

»Holt euch etwas zu Essen. Sonst verhungert ihr nämlich noch«, schlage ich vor, worauf sie sich dann nach einer weiteren Runder des Herummotzens tatsächlich zur Essensausgabe verziehen. Ich hole einen Kugelschreiber aus meiner Tasche. Ich kann gleichzeitig lösen und reden.

»Meinst du, sie haben es wirklich nicht verdient?«, fragt Shadow und starrt Ed und Co. nach. Ich zucke mit den Schultern und schreibe das erste Wort ein.

»Einen Teil sicher schon. Aber Lehrer übertreiben manchmal. Und wenn sie schlechte Laune haben, lässt du sie sowieso am besten in Ruhe. Auf eine Art und Weise sind sie auch nur Menschen.«

Shadow nickt und seine Augen funkeln wieder etwas fröhlicher.

»Hast du mal Nachsitzen müssen?«

»Natürlich. Sonst wüsste ich nicht, dass es teilweise praktisch sein kann.«

Shadow legt seinen Kopf schief und schiebt sich einen Haufen Nudeln in den Mund. Wie bringt dieser Junge es bitte auf die Reihe, sich nicht zu beschmutzen? Ich meine, heute hat er seinen weissen Pullover mit einer goldigen Krone darauf an, der seine Haare noch viel schwärzer wirken lässt und durch welchen seine Locken auch viel heller funkeln. Er sieht süß aus. Und ein wenig heiss. Ein wenig mehr.

»Was hast du getan?«, fragt der Prinz auch schon, bevor ich seine Schönheit noch weiter analysieren kann.

»Ich bin zu spät gekommen, weil mein Wecker keine Batterie mehr gehabt hat. Das war total unfair. Ich meine, am Abend vorher hat noch alles total gut funktioniert.«

Shadow lacht. Er glaubt mir offensichtlich nicht ganz, worauf ich ihn beleidigt mustere, aber innerlich bin ich erleichtert, dass seine Stimmung wieder besser ist.

Hat es irgendwelche Zu-spät-Kommer unter uns? Ich komme zwar nie zu spät zur Schule, aber sonst ist Pünktlichkeit 🕰  wirklich keine Möglichkeit bei mir

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Hat es irgendwelche Zu-spät-Kommer unter uns? Ich komme zwar nie zu spät zur Schule, aber sonst ist Pünktlichkeit 🕰 wirklich keine Möglichkeit bei mir. Ich meine, wie soll man sowas nur schaffen 😩😂?!

ShadowWhere stories live. Discover now