Kapitel 26

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Ihre Sicht

Er Olympiasieg hatte etwas in mir gelöst. Ich fühlte mich lockerer und auch fitter für die folgenden Rennen. Allerdings hatte ich auch immer noch meinen Bruder und Tarjei im Kopf. Die Sache mit den Medaillen für die Mixed Staffel hatte sich noch immer nicht geklärt und ich hatte bei meinem letzten Gespräch mit Emil mitbekommen, wie angefressen er war. Ich würde heute genau zur gleichen Zeit wie die Biathleten auf die Strecke gehen. Bei uns Langläufern standen die 10km an, während mein Bruder den Einzel über die 20km in Angriff nehmen würde.

Die 10km waren meine Paradestrecke. Heute würde es im freien Stil auf die Strecke gehen, was für mich durchaus eine Freude war, auch wenn ich die 10km eigentlich lieber im klassischen Stil lief. Trotzdem war hatte ich mir fest vorgenommen zu gewinnen. Ich wollte meine Serie unbedingt behalten. Ich war seit der gesamten letzten Saison ungeschlagen über die 10km. Wenn ich schwächelte, dann nie bei den 10km. Es war für mich unfassbar und auch eine wahnsinnige Ehre so gut zu sein.

Im Moment stand ich vor dem Spiegel im Zimmer von mir und Marit und versuchte meine langen Haare zu bändigen. Inga hatte schon vorgeschlagen, dass ich sie mir einfach abschneiden sollte, aber ich war ein großer Fan von meinen Haaren, weshalb ich diese Idee schnell verworfen hatte. Im Moment hatte ich mir die Haare zu einem Pferdeschwanz hochgebunden und flocht ihn gerade nach unten, bevor ich dann mein Haarband aufsetzte. Das weiße Band mit der norwegischen Flagge lag auf meinen blonden Haaren und ich versuchte in den Rennanzug zu kommen, als Marit das Bad betrat.

„Na Bambi. Wie fühlst du dich?" sie sieht mich an.

„Sehr gut. Ich bin etwas aufgeregt, aber das wird schon. Und du? Welche Medaillenfarbe wird es heute bei dir?" ich sehe sie grinsend an.

„Wenn es nach mir ginge wird es Gold. Aber ich weiß, dass du da was dagegen hast." Sie schmunzelt.

„Wir schaffen das schon. Und vielleicht hast du am Ende ja die Nase vorne." Das was ich sagte meinte ich auch so.

Marit war eine so unfassbare Athletin, dass ich mir sicher war, dass sie für einen Schlag sorgen konnte.

Wenige Minuten später liefen wir die Treppen des Hotels hinunter und machten uns auf den Weg zum Bus, der uns Norwegerinnen zum Langlaufstadion bringen würde. Ich saß neben Marit. Zusätzlich zu uns beiden würden noch Ragnhild Haga, Ingvild Flugstad Östberg und Heidi Wenig an diesem Rennen teilnehmen. Zusammen kamen wir dann am Stadion an und machten uns in der Mixed Zone für das Rennen fertig.

Zwei Runden würden wir heute laufen. Zwei Mal 5km musste ich als schnellste absolvieren, um meinen Wunsch nach dem Olympiasieg über die 10km zu erfüllen. Ich schnallte meine Skier an und machte mich auf in Richtung des Starthäuschens. Ich würde relativ früh auf die Strecke gehen, aber wir hatten nach dem Wetterbericht gehandelt und hofften auf das Beste. Auf meinem Leibchen stand die Nummer 15 und ich ging direkt nach Jessie Diggins auf die Strecke und ich wusste, dass ich alles geben musste um zu gewinnen. Dennoch ging ich die ersten 2,5km relativ verhalten an und lag einige Sekunden hinter der führenden Amerikanerin. Doch ich fühlte mich bereit diese Zeit zu attackieren. Und genau das tat ich dann auch. Ich zog mein Tempo an und begann die Zeit aufzuholen. Nach 5km hatte ich 15 Sekunden aufgeholt. Meine 5 Sekunden Rückstand und auch 10 Sekunden auf Diggins, die nur 30 Sekunden vor mir gestartet war. Ich holte auf. Bei 8km lag ich nur 5 Sekunden hinter Jessie Diggins. Ich klebte an ihren Skiern. Ich blieb bis auf 9,5km im Windschatten der Amerikanerin. Ich musste einfach Kraft sparen. Doch auf den letzten 5km zog ich mein Tempo noch einmal und überholte dann auch Jessie. Ich spurtete zur Ziellinie, ich gab alles um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Meine Skier fuhren über die Ziellinie und ich sackte in den Schnee. Glücklich und sehr erschöpft liege ich im Zielbereich. Mein Blick schielt auf die Anzeigetafel und mein Atem stockt. Ich liege mit 35 Sekunden Vorsprung vor Jessie Diggins auf Platz 1. Jetzt muss ich nur abwarten. Es muss einfach gereicht haben. Langsam schnallte ich meine Skier ab und begab mich auf den Stuhl der Führenden. Ich wusste, dass ich noch eine Weile warten müsste, da Marit und auch Charlotte Kalla noch nicht gestartet waren. Auf dem Stuhl zog ich mir zunächst meine Jacke über und positionierte meine Skier so, dass man die meinen Ausstatter sehen konnte, bevor ich mir von unserer Teamärztin mein Handy geben ließ, wo ich den Livestream des NRK aufrief, um zu sehen, wie es bei meinem Bruder lief. Ich wusste, dass er kurz nach mir gestartet war und glücklicherweise war der Livestream genau dann geladen, als Emil zum letzten Schießen kam. Allerdings hatte er bereits bezeichnenden Rückstand. Der Anzeige nach hatte er im ersten stehenden Schießen zwei Mal verfehlt und anscheinend reichte seine Laufleistung nicht mehr aus um etwas zu retten. Trotzdem war ich stolz, als er alle Scheiben beim letzten Schießen abräumte. Danach beendete ich den Livestream, da ich mich darauf konzentrieren wollte, was in unserem Rennen noch passieren würde. Kurze zeit später trudelte Charlotte Kalla ins Ziel ein sie lag 20 Sekunden hinter mir. Jetzt würde es an Marit liegen, die Entscheidung zu bringen. Und gute drei Minuten später hatte Marit die Entscheidung gebracht. Sie war Zeitgleich mit Krista Pärmäkoski auf rang 3 gelaufen. So was passierte auch wirklich nur bei Olympia. Freudig lief ich zu Marit und gratulierte ihr. Ich hatte völlig vergessen, dass ich gewonnen hatte. Erst Marit brachte mich wieder zurück ins hier und jetzt.

„Bambi, du weißt schon, dass du gewonnen hast. Oder?" sie sah mich an.

Und ich war einfach sprachlos. Ich hatte gewonnen. Schon wieder. Ich hatte keine Ahnung, warum es so gut lief. Mir liefen Tränen aus den Augen und ich konnte kaum etwas zurückhalten, als wir für das Foto zusammengestellt hatten. Es war einfach ein Moment der Freunde für mich. Ich hatte meine Karriere gekrönt mit einem Olympiasieg auf meiner Lieblingsstrecke. Ich war einfach nur glücklich.

Ufullkommenhet er en Form av FrihetOnde histórias criam vida. Descubra agora