Kapitel 2

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So ging die Probe immer weiter. Ich wurde viel geneckt, genoss aber dennoch den lockeren Umgang, den sie mit mir hatten. Es war unglaublich schön zu sehen, dass ich nicht zu stören schien, sondern willkommen war. Aber auch musikalisch gesehen waren sie unglaublich. Es waren viele neue Stücke, nicht nur für mich, sondern auch für sie, aber dennoch mussten sie nicht die technische Seite üben. Wir konnten direkt an die Dynamik und an den Ausdruck der Musik gehen. Und genau das ist es, was ich gesucht hatte: Eine Gruppe, die Spaß an der Musik hat, aber dennoch ein gewisses Niveau. „So Mareike", begann Marvin am Ende der Probe, „jetzt kannst du dir die nächste Woche überlegen, ob du weiterhin mitspielen möchtest oder nicht. Ich für meinen Teil würde mich sehr freuen, dich als offizielles Mitglied aufzunehmen." Nach diesem Satz kam von allen Seiten ein zustimmendes Gemurmel, bis sich auch Jakob zu Wort meldete: „Ja Mareike, es war eine sehr schöne Probe mit dir und natürlich auch mit den anderen", er schaute einmal in der Runde herum, bis seine Augen wieder auf mir lagen, „ich hoffe natürlich auch, dass du weiterhin Lust hast, mitzuspielen und wir dich nicht zu sehr vergrault haben mit unserer Art", wieder zwinkerte er mir zu, „aber ich denke, und hoffe natürlich, dass du das ganz gut ab kannst. Und ich weiß, dass mit dir frischer Wind in diese Gruppe käme. Wer weiß, vielleicht bist du einmal das Merkmal dieser Gruppe. Ich sehe schon den Zeitungsartikel vor mir ‚13 junge motivierte Musiker und 1 motivierte Musikerin'!" Ich konnte ihn nicht mehr länger anschauen. Stattdessen schaute ich auf meine verschränkten Hände, die in meinem Schoß lagen.

Ich spürte 13 Augenpaare auf mir. Und alles Jungs. Konnte ich das wirklich machen? In mir kamen die Zweifel, doch ich wusste, dass sie jetzt schon eine Antwort von mir erwarteten, auch wenn Marvin etwas anderes gesagt hat. Nun stand ich aber vor einem Problem. Sollte ich auf meinen Bauch hören oder wieder auf meinen Kopf, so wie meistens. Aber Musik war doch eine Angelegenheit der Gefühle und nicht des Kopfes. Mit reiner Kopfsache konnte man keine Musik machen, nur Töne hintereinander spielen. Vielleicht sollte ich deswegen auf meinen Bauch hören. Entweder es klappte oder nicht. Das Leben ging weiter und manchmal musste man eben gewisse Risiken eingehen, um ans Ziel zu kommen.

Ich blickte auf und traf auf Marvins Augen. Grün mit einem Sprenkler grau. Ich schaute zu Robert neben mir. Ebenfalls in die Augen. Ein schönes schokoladenbraun. Daneben saß auch jemand, die Augen waren hinter einer Brille verborgen, ich konnte es nicht genau identifizieren. Es konnte alles sein, von braun, zu grau, zu blau aber auch zu grün. Ich wusste es nicht. Stattdessen schaute ich mir den Jungen genauer an. Auch ihn kannte ich, es war ... Mist, ich kam nicht auf seinen Namen! Selten habe ich mich so über mein schlechtes Namensgedächtnis geärgert, wie jetzt. Trotzdem glitten meine Augen weiter zum nächsten. Ebenfalls Posaunist, wie der davor auch. Jonathan. Ich war stolz auf mich, dass ich wenigstens diesen Namen behalten hatte. Er hatte ganz dunkelbraune Augen. Sie gingen fast schon ins Schwarze. Außerdem war er der Jüngste der Truppe. Der nächste, Patrick oder Dominic, ich kannte ihn, habe ihn aber immer verwechselt gehabt, schon bei der büK. Er hatte auch grüne Augen, unglaublich kräftig! Die Tenorhörner übersprang ich und landete direkt wieder bei Jakob. Er schaute mich erwartungsvoll an. Blau-grau. Auch unglaublich schön! Die Augen waren der Blick in die Seele, so sagt man und genau diesen Eindruck hatte ich bei ihm auch. Es waren ehrliche und zuverlässige Augen. Er musste anfangen zu lächeln und ich vergaß alles um mich herum und begann zu sprechen: „Jungs, es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht heute Abend und ich ...", meine Stimme brach ab und ich riss mich von Jakobs Augen los und blickte in die Runde. Nach einer kurzen Pause sprach ich weiter: „ich muss sagen, mir ging es schon lange nicht mehr so gut wie heute, ich konnte schon lange nicht mehr so gut abschalten, wie die letzten zweieinhalb Stunden." Es war mein Herz, das da aus mir sprach. Ich hatte zwar mit vielen von ihnen schon einmal zusammen gespielt gehabt, aber dennoch hätte es mir mein Kopf verboten so viel von mir preiszugeben. „Ich würde tatsächlich auch gerne mitspielen, aber ..." Auch hier musste ich eine Pause machen.

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⏰ Last updated: Sep 15, 2019 ⏰

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