Entscheidungen (Horror-Thriller)

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Reace Broxham war, wie Professor Statham das ausdrücken würde, ein soziophobes Individuum mit hoher Komorbidität. Vereinfacht gesagt, ein sozialer Blindgänger, der unfähig war Entscheidungen zu treffen und seinen Schwanz vermutlich nie in die richtige Muschi kriegen würde. Typen wie er, unschuldig, unerfahren und viel zu gutgläubig, ließen sich besser nicht sturzbetrunken auf einer Party mit vor Testosteron strotzenden Machos blicken, die allesamt auf einen schnellen Fick mit den zahlreichen attraktiven, knapp bekleideten Mädchen aus waren. Was Reace nicht daran hinderte trotzdem hinzugehen und schnurstracks in die prallen Brüste der so ziemlich vollbusigsten Blondine, die ihm jemals begegnet war zu laufen. Da lag er nun mit dem Kopf auf diesen riesigen Titten, die der Fantasie von Russ Meyer entsprungen sein mussten. Seine rechte Hand, eigentlich dazu gedacht den Fall zu bremsen, ruhte auf ihrem harten, erregten Nippel. Broxham hatte keine Hintergedanken,  war aber so überrascht und besoffen, dass er nicht fähig war sich zu bewegen oder wenigstens eine Entschuldigung zu stammeln. Er versteifte sich und wagte es nicht sich zu rühren. Zu groß war seine Angst vor der unweigerlich folgenden Häme oder einer schallenden Ohrfeige. Er würde heute noch auf den Titten dieses Busenwunders liegen, wenn nicht jemand brutal seinen Schopf gepackt und den Kopf des Studenten zurückgerissen hätte.

                                                                                        

Dabei hatte alles so harmlos angefangen. Im Lammars, einer abgefuckten Bar im Northern Quarter, weit abseits von Manchesters noblem Universitätsviertel mit seinen hohen, viktorianischen Gebäuden hatte sich, irgendwann zwischen dem vierten und fünften Bier, der elektrische Joe neben Reace an den Tresen gelehnt. Broxham kannte er den alkoholkranken Penner, der ihm gelegentlich etwas Gras verkaufte, nur flüchtig. Die meisten Leute hielten ihn für geistesgestört. Tatsächlich hatte der elektrische Joe einige Zeit in Brierley Court, einem Irrenhaus etwas außerhalb der Stadt, verbracht. Wie es hieß, wurde er dort einige Monate lang mit Elektroschocks behandelt, was seinen Spitznamen erklärte. Joe erzählte Reace von Pete Brady, der jeden Freitag eine Fete in seiner Wohnung nahe dem Campus steigen ließ. Reace war noch nie auf einer dieser Partys gewesen, aber so wie es ihm der elektrische Joe schilderte, mussten sie legendär sein. Vor allem was das Angebot an willigen und verdammt hübschen Bräuten betraf. Joes Beschreibung dieser Busenwunder unterschied sich gewaltig von dem Müll, mit dem er normalerweise die Gäste in der Bar zulaberte. Interessiert hörte Reace dem Penner zu, allerdings zeigten die Biere langsam ihre Wirkung. Beim sechsten Glas drohte der Zwanzigjährige einzuschlafen. Sein Kopf kippte langsam nach vorn und drohte den Rand des noch halb gefüllten Glases zu streifen.

                                                                                     

Reace schreckte hoch als die Hand des Penners ohne Vorwarnung auf seinen Rücken klatschte. “Kumpel, du gefällst mir. Lust auf einen Joint?”, fragte der elektrische Joe, offensichtlich entschlossen langsam zu seinem üblichen Verkaufsgespräch überzugehen. Entschlossen, die Unterhaltung abzukürzen, fragte Reace direkt. “Wieviel soll er denn kosten?” Der elektrische Joe machte es spannend und tat als würde er überlegen. Dann begann er lauthals zu lachen. “Der geht aufs Haus, Kumpel. Weil du so nett bist.” So ein Angebot konnte sich Reace schlecht entgehen lassen. Er sah sich um. Die Bar war inzwischen fast leer, nur noch drei weitere einsame Seelen lungerten am Tresen herum. Einer davon drohte im Schlaf vom Stuhl zu kippen. “Cool, danke”, sagte er lallend zum elektrischen Joe. Dann kippte er den Rest seines Bieres auf Ex, rutschte vom Stuhl, warf ein paar Scheine auf den Tresen und folgte dem stark schwankenden Penner nach draußen. Die Umgebung der Bar wirkte genau so altersschwach und baufällig wie das Lokal. Ein dreckiges, abgefucktes Industriegebiet, dessen verlassene Fabrikhallen von Drogensüchtigen, Alkoholikern und Nutten zum Aufwärmen benutzt wurden. Reace und der elektrische Joe passierten einige Ruinen, gingen kurz in Deckung als eine Polizeistreife langsam die mit Schlaglöchern übersäte Straße entlangfuhr, erreichten nach einer Weile ein baufälliges Wohnhaus und zwängten sich durch ein Loch in der Wand. Über eine faulig riechende Treppe, bei der es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie unter ihrem Gewicht zusammenbrechen würde, gelangten sie zu einem kleinen Zimmer im ersten Stock, dessen einzige Einrichtung aus einer großen Matratze, einem rostigen Gartenstuhl und einer Toilette bestand. Hier war der elektrische Joe zu Hause.

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⏰ Last updated: Oct 23, 2014 ⏰

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