Broken Boy

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P. O. V. AVERY

Natürlich war ich nicht sonderlich erfreut darüber zu erfahren, dass Aiden nun wirklich an diesem blöden Programm teilnehmen würde.
Zum ersten, weil seine Gesundheit einfach noch nicht so stabil war, dass er sowas machen sollte, und zum anderen, naja, eine Woche ohne diesen Vollhonk...
Ich musste lachen, als ich die Unterlagen meines nächsten Patienten in den passenden Ordner legte und auf dem Tisch, der zwischen zwei größeren Leder Sesseln platziert war ablegte.

Hätte mir vor Jahren jemand erzählt, dass ich mal mit Aiden Keeth zusammen sein würde, also so richtig zusammen, wäre ich wahrscheinlich nach Usbekistan gezogen.
Das einzige was ich damals wollte, war Abstand zu ihm. Und jetzt, jetzt kann ich kaum daran denken ihn für eine ganze Woche nicht zu sehen. Verrückte Welt. Verrücktes Herz.
In meiner alten Schule, bevor ich nach Virginia gezogen bin hatte eine Freundin mal zu mir gesagt, dass eine Beziehung nicht dazu da ist, um sie für immer zu führen.
Es gäbe zu viele Menschen, um dann lebenslang nur bei einer zu bleiben.
Das war der größte Schwachsinn den ich je in meinem ganzen Leben gehört hatte.
Ich verstand wenn jemand nicht bereit war, ein so großes Versprechen zu geben. Für immer.
Aber ich denke wenn man weiß, dass diese eine Person, die Person ist, die dich endlos glücklich macht, dann sagt man doch nicht nach einer gewissen Zeit einfach Tschüss, ich muss jetzt schauen wen es noch so gibt.
Unsinnig.
Das wären die Worte einer Person, die noch nie richtig geliebt wurde.
Wenn man jemanden liebt, mit Herz, Körper und Verstand, dann ist es in etwa so, als würde sich ein kleiner Schalter in dir umsetzen, und plötzlich gibt es nur noch Ihn, oder Sie, in deinem Leben, man fühlt, wenn es so weit ist, wenn die Person die Person des Lebens ist. Wirklich.

Das dumpfe Klopfen an meiner Bürotür holte mich schreckhaft aus meinen Gedanken.
Ich räusperte mich und stand auf.
Meine blaue Jeans wirkte fast schon sommerlich, verglichen zu meinem dunkelgrauen, großen, Rollkragenpullover.
„Herein."
Die Tür öffnete sich und ich lächelte die Person die hereintrat sofort aufrichtig, jedoch vorsichtig an.
Ich wollte nicht, dass meine Patienten den Eindruck bekamen, ich wäre überfreundlich, oder falsch.
Ich hatte Spaß an dem was ich tat, und freute mich über jede kleine oder große Seele die zu mir kam und mir ihr Herz anvertraute.
Einer schneller, einer langsamer. Irgendwann taten sie es, wenn sie mir vertrauten.

Ein neuer Patient.
Ich hatte bereits seine Alte gelesen, wie ich es immer tat, die nur leider nicht so viel genaues hergab. Das war oft so.
Die richtigen Geschichten steckten immer in den Köpfen der Leute die herkamen.
Er war einer der schwierigeren Fälle, das war mir sofort bewusst, aber ich war geduldig und versuchte dies hier auf eine freundschaftliche, und nicht strenge Basis zu halten.
Hier sollte sich jeder wohl fühlen.
Alec Clearwater, 20 Jahre jung, vollkommen verkorkste Kindheit, Eltern beide tot, keine bekannten Angehörigen, bei vier verschiedenen Pflegefamilien aufgewachsen, von denen er alle missbraucht wurde, bis er alt genug war, in ein öffentliches Internat zu ziehen, was vom Staat bezahlt wurde.
Seine Geschichte ist dunkel und so auch seine Augen. Er wollte nicht hier sein, doch nur mit meiner 2 mal wöchentlichen Unterschrift konnte er vom Sport und Schwimmunterricht ausgeschlossen werden.
Was Nebensache war. Wenn man ihn so sah, war ich mir sicher, dass es schlimmeres für ihn im Leben gab, als Schulsport.

„Du musst Alec sein, ist es okay wenn ich dich beim Vornamen nenne?"
Er sah mich eine Weile an, seine Augen schimmerten leicht als er mich beäugte, wandte dann aber den Blick ab und zog sich den Ärmel weiter über die weißen Hände.
Er nickte aufrichtig.
Er war jünger als ich, dennoch ein Stückchen größer, hatte eine schlanke Statur und eher einen kühlen Stil.
Sein schwarzes Haar legte sich matt über sein Gesicht, wie ein Vorhang hinter dem er sich versteckte.
Seine Gesichtszüge waren jedoch weich, und seine Miene sanft.
Er hatte ein sehr schönes, markantes und doch kindliches Gesicht, als hätte er den Wunsch Kind zu sein, nie aufgegeben.
Mich schauderte es, als sich seine vollen Lippen und seine wie Opal funkelten Augen ruckartig zu mir drehten, nachdem ich ihm vorsichtig die Hand entgegenstreckte.
„Ich heiße Avery. Freut mich sehr, dich kennenzulernen." Zögernd, aber dennoch früher als erwartet reichte er mir seine Hand.
Kalt. Eiskalt.

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