Wie das Leben seinen Lauf nahm.....

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Das Leben mit dem Exfreund meiner Schwester gestaltete sich ziemlich unkompliziert. Da ich krank geschrieben war, musste ich nicht zur Arbeit und konnte mich den ganzen Tag in seiner Wohnung verkriechen. An einem Tag kam er nach Hause und berichtete mir, dass mein Vater Himmel und Hölle in Bewegung setzte um mich zu finden. Er hat ihn sogar vor seiner Wohnung abgefangen, da er Gerüchte gehört hätte, dass er mich versteckt hielt.  Aber unerschütterlich und aus dem Grunde heraus, dass er meinen Vater abgöttisch hasste, hielt er dicht!  Nachdem die Zeit verstrich und ich mir sicher war, dass eine Abtreibung rechtlich nicht mehr möglich gewesen war, kehrte ich in meine WG zurück.  Da wir dort nicht wirklich super Freunde waren, nahm nicht wirklich einer Notiz von mir. Was mir auch egal war, schließlich wollte ich nur meine Ruhe haben. Als mein Vater spitz bekommen hatte, jemand aus der WG oder die Vermieterin hatte ihn informiert, das ich wieder da sei, kam er vorbei und erklärte mir, dass ich für ihn gestorben sei. Mensch, was habe ich mich darüber gefreut. Zu wissen, dass ich nie wieder diesem Menschen gegenüber treten müsse, war eine Wohltat für meine Seele, ich habe schließlich nicht damit gerechnet, dass er mich unterstützen würde. Aber das es noch nicht der große Showdown mit ihm war, das hätte mir klar sein müssen. Seine kleine kranke Seele brauchte schließlich einen Ausgleich, einen Punchingball.  Eine Freundin kam dann auf mich zu und war der Meinung, dass zuhause rumsitzen auch nicht des Rätsels Lösung sei und stimmte mich um mit ihr in die Disko zu gehen. (Hierzu sei erklärt, ich rede hier nicht von einer normalen Disko, eher eine Rock, Metal und Gothik ) Da ich von Hirse nichts mehr gesehen  und gehört habe, stimmte ich zu. Ich erwartete nicht, dass er gerade an diesem Abend vor meiner Tür stehen würde. (Wir hatten noch keine Handys) Also schnürte sie mich in ein Gothikkleid, worin ich mich auch super unwohl gefühlt hatte, ich trug lieber Hosen und schminken mochte ich ja schon mal garnicht, aber was tat man nicht alles für eine Freundin mit Helferkomplex?

An der Disko angekommen wusste ich nicht einmal ob ich reingelassen wurde, schließlich war ich noch keine 18 Jahre alt. Aber da meine Freundin den Türsteher kannte, ging das Ganze ziemlich problemlos vonstatten. An diesem Abend lernte ich jemanden kennen, auch mit dessen Schwester verstand ich mich super und es entwickelte sich eine Freundschaft. Von den Drogen endlich weg, jawohl nachdem ich erfuhr, dass ich schwanger war, wurde ich zur Heiligen..... naja nur was die Drogen und den Alkohol angeht. Aggressiv war ich wie eh und je. Ich kann mich nicht mehr an das genaue Datum erinnern, aber ich müsste so im 5.Monat gewesen sein, da passierte etwas, dass mein komplettes Leben umkrempeln würde. Dass ich nach diesem Abend mein WG Zimmer nie wieder betreten würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich schlief schon, als es unten an der Tür klingelte. Da die Jungs meiner WG unten in einem Zimmer am Zocken waren, ging ich davon aus, dass es jemand für sie sei, ein Freund oder Arbeitskollege. Womit ich nicht rechnetete, als meine Zimmertür augerissen wurde, dass mein besoffener Vater dort stand. Blind vor Wut, prügelte er auf mich ein und lallte sowas wie, dass ich Schuld an seinen Eheproblemen hätte, am Tod meiner Mutter und was ich nur für eine scheiß Tochter wäre, die nur Probleme mit sich bringen würde. (Bei Gott, ich schwöre, ich war bestimmt nicht das liebste Kind, aber ich war ein normaler Teenager.) Er schlug mir ins Gesicht, auf den Rücken und ich schrie vor Schmerzen, aber keiner kam mir zu Hilfe. Ich fiel vom Bett und er trat auf mich ein, als er wieder zur Besinnung kam, stand er vor mir und zog ein Küchenmesser aus seiner Jackentasche und hob es drohend über mich. Er wollte mich damit töten, lallte er und danach sich selber. Ich hätte es schließlich nicht anders verdient. Aber er ging einfach und ließ mich blutend und halb besinnungslos liegen. Als ich wieder einigermaßen stehen konnte, kroch ich auf allen vieren die Treppe runter, ich kam bis zum Zimmer der Jungs und schaffte es gerade so die Tür auf zu machen. Nicht wirklich geschockt von meinem Anblick blieben sie ruhig und fragten ob sie einen Krankenwagen holen sollten. Aber ich wollte meinen besten Freund und seine Schwester, die auch direkt kamen als sie hörten was passiert war und brachten mich ins Krankenhaus. Ich hatte so Angst um mein Baby. Ich hatte Glück das ich mein Baby an diesem Abend nicht verloren habe, sondern nur einen Schock, etliche blaue Flecken und Blutergüsse sowie Rippenprellungen hatte. Aber diesmal hatte mein Gesicht auch Einiges abbekommen, eine aufgeplatzte Lippe, rote und blaue Flecken und ich habe meine Fähigkeit auf dem rechten Ohr zu hören für mehrere Monate verloren.Aber das wichtigste war, dass es meinem Baby gut ging. Auch wenn die Ärzte sagten, dass es an ein Wunder grenzt.

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Anmerkung: Als ich gestern den letzten Teil geschrieben habe, war das sehr schlimm für mich. Auch die letzte Nacht ist nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Viele Erinnerungen von denen ich dachte, dass ich sie gut in meinem Inneren vergraben habe, kamen mir detailgetreu wieder in den Sinn und haben mir den Schlaf genommen. Ich kann wohl sagen, dass ich einige schlimme Nächte wegen meinem Vater durchgemacht habe, aber diese mit Abstand die Schlimmste war.

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Nach den nötigen Untersuchungen wurde ich in ein Zimmer mit zwei älteren Damen gebracht und man riet mir erstmal zur Ruhe zu kommen. Was aber gar nicht so einfach war, sobald ich meine Augen schloss sah ich meinen Vater mit dem Messer in der Hand, in jedem Schatten im Zimmer sah ich ihn und er verfolgte mich über Wochen in meinen Träumen. Jede Nacht den gleichen Traum. Es waren alle sehr nett zu mir, besonders die eine ältere Dame in meinem Zimmer. Sie lebte mit ihrem behinderten Sohn zusammen, der sie jeden Tag besuchen kam. Bald entstand eine Freundschaft zwischen uns und nicht nur sie bekam Blumen und Schokolade. Als die Kriminalpolizei kam um meine Aussage aufzunehmen wurde es noch einmal schwer für mich das Ganze noch einmal zu erzählen, was nicht einfach war. Man riet mir dazu wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde in ein Kinderheim zu gehen. Man gab mir eine entsprechende Nummer und Adresse, das Beste war, das Heim lag in der nächstgelegen großen Stadt, also weit genug enfernt von meinem Vater. Der Exfreund meiner Schwester kam mich auch besuchen, da ich mit ihm telefoniert hatte und versorgte mich mit Lesestoff, Klamotten und Süßkram. Denn es war mir verboten das Krankenhaus zu verlassen, mein Vater wusste nicht wo ich mich befinde und hätte er an der Rezeption nachgefragt, hätte man ihm gesagt, dass ich nicht da wäre. Ich war also offiziell im Opferschutz. Meine Schwester wurde von ihrem Exfreund darüber informiert was mir geschehen ist und sie bestand darauf, dass ich erst einmal zu ihr käme, bevor ich in das Heim komme.

Meine Wunden verheilten, meine Blutergüsse wurden heller und meine Seele erholte sich langsam von dem Schock. Die alte Dame, meine neue Freundin, wurde entlassen, was mich furchtbar traurig stimmte. Denn das hieß, dass ich keinen mehr zum Quatschen hatte. Meine "Freunde" die mich ins Krankenhaus gebracht haben, wollten keinen Kontakt mehr. Was ich auch verstehe, ich war in dieser Zeit bestimmt nicht einfach, denn mein Herz verschloss sich immer mehr, ich hörte auf zu Weinen und baute eine große Mauer die noch höher war als die, die ich eh schon hatte. Bis heute habe ich Probleme damit Zuneigung und Vertrauen zu geben oder jemanden an mich ranzulassen. Herzlos....ja, so wurde ich schon beschrieben, was auch stimmt. Bis zum heutigen Tag verachte ich Schwäche, Mitgefühl habe ich, aber nur zu einem Gewissen teil.Das war mal anders, nach der Geburt meiner Tochter. Aber nach der Trennung meines Exmannes, habe ich wieder hart daran gearbeitet, die Mauer zu Sanieren und dicker zu Bauen als sie jemals war. (Zu diesem Thema komme ich später noch in meiner Erzählung) Kurz vor meiner Entlassung, gequält mit Alpträumen über meinen Vater träumte ich eines Nachts von meiner Mutter. Mein Vater stand wieder bedrohlich über mir mit dem Messer in der Hand und lallte seine Hasstiraden, als meine Mutter auftauchte. Sie nahm meine Hand und zog mich auf die Füße. Küsste meine Stirn und sagte mir, dass Alles gut werden würde. Wir verließen gemeinsam mein WG Zimmer, aber anstatt in das alte muffige Treppenhaus zu gelangen, standen wir in einem riesigen Freizeitpark. Direkt vor einem Delphinbecken und dahinter war ein riesiges buntes Riesenrad. Meine Mutter und ich stiegen ins Becken zu den Delphinen und streichelten sie, wir schwommen mit ihnen und ich war so glücklich. Bis die Szene sich veränderte und mein Vater in riesenhafter Gestalt hinter dem Riesenrad zum Vorschein kam und schrie, dass er mich nun endlich töten würde. Das Riesenrad kippte nach vorne, doch bevor es mich und meine Mutter traf, sahen wir uns in die Augen und sie wiederholte, dass nun Alles gut werden würde. Ich wachte auf und konnte und kann mich noch so gut an diesen Traum erinnern, als hätte ihn jemand aufgenommen. Das war das letzte Mal das ich von meinem Vater träumte. Er hat mich nie wieder heimgesucht. Bis letzte Nacht.......

Die Tragik des Lebens und wie man am besten damit zurecht kommtWhere stories live. Discover now