Saphir 3/3

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Chris versuchte etwas Genaueres zu erspähen. Nach wenigen Sekunden wurden aus dem einen Schatten mehrere. „Schnell! Versteck das Medaillon und die Karte!“ zischte er ihr hektisch zu.

Dana rannte zu den Rucksäcken und steckte das Pergament in ihren Stiefel. Das Medaillon um ihren Hals verbarg sie unter ihrem Pullover. Sie wandte sich wieder um und trat zurück an die Tür, neben ihn. Chris griff nach Saphir, doch Dana hielt ihn zurück. „Nein! Setz es nur im Notfall ein!“ warnte sie ihn eindringlich. Die Unbekannten waren jetzt so nah, dass er schon dachte, ihre Stimmen zu vernehmen, aber ihre Gesichter wurden durch die langen Kapuzen ihrer dunkelblauen Mäntel verdeckt. Er schob Dana hinter sich und trat dann hinaus in den Schnee. Sofort versank er bis zu den Knien. Die Fremden waren nur noch wenige Meter entfernt und kamen mit immer schnelleren Schritten auf sie zu. Chris dachte kurz nach. Dana hatte Recht. Saphir einzusetzen wäre gefährlich. Er hob die rechte Hand, an der sein Ring steckte. Bevor er etwas tun konnte, wurde er von den Füßen gerissen und fiel in den Schnee. Schnell rappelte er sich wieder auf und merkte, wie Dana hinter ihn trat. „Bleib in der Kutsche!“ brüllte er ihr durch das Tosen des Schnees zu.

„Nein!“ rief sie zurück. „Wir müssen zusammenbleiben, egal wer da kommt!“

Er wollte etwas erwidern, aber dann erkannte er Seremir, der von einem der Fremden am Arm  durch die Kälte geschleift wurde. Sie stoppten kurz vor ihnen. Chris zählte 15 Personen, die allesamt dünne weiße Stäbe auf sie gerichtet hatten. Einer trat ihnen aus der Menge entgegen und nahm langsam seine Kapuze ab.

„Hunruk!“ Chris konnte nicht fassen, dass der Ziegenmensch dort vor ihm stand. Der Kapitän hatte doch gesagt, er sei tot. Auf Deck war niemand mehr gewesen und im Eiswasser konnte doch kein Mensch überleben.

Seine Fratze lächelte sie selbstgefällig an.

„Aye! Ich hoffe ihr habt mich nicht zu sehr vermisst, aber ich musste kurzzeitig meine Pläne ändern.“ Er sprach jedes Wort so langsam aus, dass man merkte, wie er ihr Entsetzen genoss. „Doch nun bin ich ja wieder da und werde euch gerne zur Königin bringen. Bitte langweilt mich nicht mit einem Fluchtversuch. Ihr wisst nicht, wie die Wölfe zu führen sind, euer Kutscher fühlt sich nicht wohl und es sind noch Meilen bis zum Palast. Also lass deine Waffen fallen.“

Chris versuchte schnell eine andere Möglichkeit zu finden, aber es fiel ihm keine ein. Sie hatten mal wieder keine Wahl. Er streifte seinen Ring ab und warf ihn in den Schnee vor Hunruks Füße. Auch Saphir legte er widerwillig ab.

„Ich muss mich erneut über dich wundern.“ Sagte der Ziegenmensch in Plauderton, während er Chris‘ Schwert aufhob und einsteckte. „Eigentlich hättest du, mit deiner Wunde, noch auf der White Rose das Zeitliche segnen müssen. Naja, was nicht ist kann ja noch werden, nicht wahr?“ fügte er höhnisch hinzu.

„Sei dir da nicht zu sicher!“ erwiderte Chris mit hasserfüllten Augen. Am liebsten hätte er ihm das selbstgefällige Lachen aus dem Gesicht geschlagen. Sein Blick fiel wieder auf Seremir. Er schien nicht allzu schwer verletzt zu sein oder man sah es ihm nicht an. Er lag nur bewusstlos zu den Füßen des Fremden.

…………………….

Als sie davon geführt wurden, sah Dana, dass sich unter den blauen Umhängen die Köpfe der Männer verbargen, die an der Meuterei teilgenommen hatten. Sie machte sich große Sorgen um Seremir, der immer noch bewusstlos durch den Schnee gezogen wurde. Beim ihrem letzten Treffen hatte Hunruk gezeigt, dass ihm nichts daran lag sie zu schonen. Sie waren schon mindestens eine Stunde unterwegs und der Sturm hatte zum Glück nachgelassen. Ihr Weg führte zu drei weißen Bergen, deren Gipfel die Wolken durchbohrten und im Himmel verschwanden. Lebte hier die Königin?

SaphirWhere stories live. Discover now