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Henry

Du scheinst das auch gut zu machen. Deine Tochter ist ein fröhliches und freundliches Kind".

Ich hatte keinen Schimmer, dass Harper nichts von meiner Tochter wusste. Da Ben ihr Bruder ist und die beiden immer ein sehr engen Draht zueinander hatten, dachte ich nicht wirklich daran.

Jetzt ist es raus und es ist echt blöd gelaufen.

„Danke. Ich gebe mir auch wirklich mühe. Sie soll nicht eins dieser eingebildeten und arroganten Kinder werden. Davon hatte ich in meiner Schulzeit genug. Aber das weißt du ja," sage ich und sehe wie sie langsam mit dem Kopf nickt.

„Und ihre Mom will wirklich gar nichts mit ihr zu tun haben? Wie kann man so ein süßes Kind einfach im Stich lassen?", fragt sie nachdenklich. Natürlich erinnert nicht nur mich diese Situation an ihre eigene Kindheit. „Wie geht Bella damit um?"

„Die meiste Zeit redet sie nicht mit mir darüber. An ihrem Geburtstag oder Weihnachten ist es am schlimmsten. Wenn sie darüber reden will, spricht sie mit deinem Bruder. Und nein ihre Mom interessiert sich nicht. Sie schickt ab und an Briefe. Mehr nicht", antworte ich ehrlich und stütze mich am Holzbalken ab.

„Macht sich mein Bruder gut als Patenonkel?", will sie wissen und sieht mich dabei noch immer nicht an.

Bei der Frage muss ich schmunzeln.

„Oh ja. Sie liebt ihn und ich glaube er ist auch sehr vernarrt in sie. Dein Bruder macht das wirklich toll", antworte ich und sehe zu den beiden auf die Koppel.

„Ja, ich glaube er wäre ein toller Daddy", meint sie kichernd. Das hält aber nicht lange an. Schon kurz darauf wird ihre Miene wieder ernst.

„Gut, dann gehe ich mal. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend", meint sie und ist im Begriff zu gehen. „Ähm... Ich weiß ja nicht was du vor hast... aber vielleicht willst du noch hierbleiben? Ich meine... Ben bringt Bella heute sicher ins Bett und wir haben uns schon lange nicht mehr richtig unterhalten".

Harper sieht mich mit gekniffenen Augen an. „Unterhalten wir uns nicht gerade?", fragt sie und versucht ernst zu klingen, aber ihre Lippen zucken ganz leicht nach oben.

„Doch natürlich, aber ich würde gerne mehr über dein Leben erfahren. Wie es dir in London ergeht, ob du gute Freunde hast..."

„Ehrlich? Das willst du wirklich wissen?", fragt sie und scheint tatsächlich überrascht.

Ich nicke und deute auf das Haus. „Na klar, nur weil unsere Beziehung keinen Bestand mehr hat, heißt es nicht das ich mich nicht mehr für dich interessiere. Also falls du Lust hast, kann ich dir gerne das Haus zeigen. Es ist ein bisschen moderner geworden".

„Aber nur wenn ich noch ein Glas von dem guten Wein bekomme, den du meinen Eltern verkaufst", meint sie grinsend. „Da bist du hier genau richtig, Wein habe ich immer genug da", erwidere ich grinsend.

„Wow. Hier hat sich wirklich einiges getan", murmelt Harper und sieht sich in der Küche um. „Die alte hat auch schon genug Dienstjahre auf dem Buckel. Außerdem brauche ich mehr Platz. Mein Team ist größer geworden und die müssen ja alle irgendwie verköstigt werden. Also habe ich alle Räume nach und nach renoviert und meinen Geschmack eingebracht", erkläre ich und hole zwei Weingläser. Mittlerweile ist es schon früher Abend und gegen ein gutes Glas ist sicher nichts einzuwenden.

„An dir ist ein Innendesigner verloren gegangen. Es ist wirklich gemütlich, Henry", meint sie und geht ins angrenzende Wohnzimmer. „Setz dich ruhig, ich hole noch schnell eine frische Flasche".

Als ich zu ihr ins Wohnzimmer komme, hat sie es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Und fast ist es so wie früher. Nur mit dem Unterschied, das ich damals meine Gefühle nicht unterdrücken musste.

„Also, dann erzähl mal von London. Ist es so wie du es dir immer vorgestellt hast?", frage ich neugierig und reiche ihr das Glas.

„Danke. Wie soll ich es sagen... Es ist groß und verdammt teuer. Aber ja. Es ist so wie ich es mir vorgestellt habe. Ich lebe gerne dort. Auch wenn ich in den letzten Monaten eigentlich mehr an Filmsets gelebt habe. Aber wenn ich ehrlich bin, vermisse ich etwas diese Ruhe. Ich meine London schläft nie. Meine Wohnung liegt schon im vierten Stock aber nachts höre ich trotzdem immer die U-Bahn. Aber ich will mich nicht beschweren", meint sie und nippt am Wein. „Der ist unglaublich lecker, schade das es ihn nicht in London gibt", murmelt sie leise und bringt mich damit zum lächeln.

„Da muss ich dir widersprechen. Seit knapp sechs Monaten beliefern wir zwei Restaurants und einen Feinkostladen. In London", sage ich stolz. Ihre Reaktion ist göttlich. „Im ernst? Das ist ja der Wahnsinn. Herzlichen Glückwunsch, Henry. Das ist bestimmt nicht so einfach in London einen Fuß in die Tür zu bekommen". Harper scheint sich wirklich zu freuen.

„Ich weiß auch gar nicht mehr wie es dazu im Enddefekt gekommen ist, aber ich beklage mich nicht. Der Umsatz ist sehr gut", sage ich ehrlich. „Ich bin gerade auch mit einem weiteren Bioladen in Verhandlungen. Außerdem planen wir bald ein paar Selbstbedieungsautomaten in der Region aufzustellen. Ich meine wir haben hier vom Hof schon genug Produkte, aber auch die Seife deiner Mom oder auch Backwaren aus dem Ort könnten dort verkauft werden".

Harper nickt und tippt etwas auf ihrem Handy. „Dafür gibt es in London schon extra eine App. Da kann man ganz genau sehen, wo die Automaten stehen und auch deren Inhalt. Ich finde das total praktisch. Manchmal sind die guten Läden nach Drehschluss schon zu. Und ich gehe so ungern zu Tesco". Sie zieht die Schultern hoch und streckt mir ihr Handy hin. Und sie hat recht. Auf dem Bildschirm kann man die ganzen Standorte sehen. Auch was in jedem momentan verfügbar ist.

„Also hast du dir wirklich was großes aufgebaut. Dein Traum ist wahr geworden", meint sie leise und wirkt auf einmal gar nicht mehr so glücklich.

„Muffin, was ist los?", frage ich und bei ihrem alten Spitznamen zuckt sie leicht zusammen. Dennoch konnte ich es ganz genau erkennen.

„Ich weiß auch nicht. Wieder hier zu sein... und zusehen, was ihr alle erreicht habt. Du hast die Landwirtschaft super erfolgreich vorangetrieben, mein Bruder ist Sheriff und selbst Eva ist verheiratet. Ich meine sie hat sich Mark geschnappt... Da komme ich mir schon etwas blöd vor. Ich habe zehn Jahre versucht das irgendwie hinter mir zu lassen. Schließlich war es mein Traum und ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich damals einen großen Fehler gemacht habe". Ich sehe sie irritiert an und stelle mein Glas ab. „Was meinst du damit? Klar, wir haben hier alle weiter unser Leben gelebt, aber du doch auch. Du verdienst vermutlich mehr als du je ausgeben kannst. Und du machst deinen Job wirklich gut. Es war damals richtig nach London zu gehen. Deine Familie ist richtig stolz auf dich. Du müsstest mal sehen, wie dich dein Dad seinen Gästen immer anpreist", sage ich lachend. „Harper ist so eine tolle Tochter. Was sie alles erleben kann und ihre Filme sind doch wirklich toll".

Das auch ich irgendwie stolz auf sie bin, erwähne ich lieber nicht. Es reicht schon, wenn mich mein bester Freund immer damit aufzieht, dass ich noch Gefühle für Harper habe. Blamieren will ich mich nicht.

„Ja klar. Mir macht das ja auch alles Spaß, ich will gar nicht undankbar rüberkommen. Aber manchmal überlege ich, ob es das wirklich wert war. Alles aufzugeben und jetzt in London alleine zu sein. Verstehst du? Ich fühle mich manchmal echt einsam. Und diese Tage werden immer mehr. Klar ich habe meine beste Freundin und einen kleinen Freundeskreis, aber so wirklich richtig bin ich nicht angekommen". Damit überrascht sie mich wirklich. 



Hallo, es tut mir leid für die lange Wartezeit. Momentan ist es bei mir im Arbeitsleben etwas stressiger und ich komme nicht wirklich zum Schreiben. 

Nächste Woche habe ich Urlaub und werde versuchen euch mehr zum Lesen zu geben. ;) 

Aber vielleicht könnt ihr mir ja eine kurze Rückmeldung geben, wie es euch bisher gefällt... Gerne hier in den Kommentaren oder auch privat. :) 


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⏰ Last updated: Dec 14, 2022 ⏰

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