Der verstoßene Soldat

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Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet. Auch wenn er gegen die Gesetze unserer Kolonie verstieß, lebte er nur sein normales Leben weiter. Das Problem an Josef war, dass er an der Krankheit HIV litt. Viele waren krank zu diesen Zeiten, doch man musste es dem Rat melden, damit dieser einen unter Beobachtung halten konnte, dies tat Josef nicht. Es war reine Diskriminierung. Kranke wie er durften zwar noch arbeiten, aber sie verdienten wenig und waren, laut den Politikern, die unterste Schicht der Gesellschaft. Menschen mit hoch ansteckenden Krankheiten, also mit welchen die über die Luft ansteckbar waren, wurden einfach sofort getötet, unabhängig ob Kind oder alter Mann.

Es war das dunkle Jahr 2998, der Planet Erde war seit knapp zwei Jahrzehnten nach dem großen Atomkrieg der 2000er Jahre wieder bewohnbar und die wenigen Menschen, die nicht auf Grund der radioaktiven Strahlung gestorben waren, gingen meist durch grausame Krankheiten wie HIV, Lepra oder Pest zu Grunde, da jeglicher medizinischer Vorrat fast vollkommen zerstört worden war. Die Überlebenden, die Neugeborene Generation, wie wir uns nannten, lebten in Kolonien im ganzen Land verteilt. Meist waren die verschiedenen Stämme friedlich zu einander, teilten ihren Nahrungsvorrat und gingen zusammen auf Erkundungsmissionen, doch es gab auch Ausnahmen:

Gruppen, die sich den neuen Gesetzen nicht unterwerfen wollten und die ihren eigenen Regeln folgten; sie wurden von uns Die Abtrünnigen genannt. Meist waren sie Kranke, was natürlich den Ruf derer noch verschlechterte.

Unsere Kolonie, der Wolfsstamm, lag in der Nähe der ehemaligen Stadt Bristol. Es war ein schöner Ort, doch wir konnten dies nicht genießen, denn wir waren im Krieg. Im Krieg mit einer dieser Gruppen, welche unsere Kolonie stürzen wollte. Normalerweise stahlen sie nur Vorräte, töteten einzelne unserer Tiere oder beschädigten unsere Außenmauer, damit sie diese besser durchdringen konnten. Bei diesen Angriffen starb nie eine Menschenseele, bis zu jener Nacht.

Als ich aus dem Fenster blickte sah ich nur den schwachen Vollmond in der leeren Dunkelheit leuchten und nachdem ich es mit einem leisen Quietschen öffnete, begrüßte mich die sternenlose Nacht mit einer kühlen Briese. Es war still und nur das Zirpen der Tiere in den umliegenden Wäldern war zu hören, auch war es so kalt, dass sich keine Menschenseele auf den Straßen vor unseren Barracken herumtrieb... Doch bald würde ich herausfinden, dass die angenehme Ruhe dieser Nacht bloß ein Trugbild war. Seit 2 Jahren war ich eine Rekrutin der Wolfsarmee und vor einigen Stunden kehrte ich deswegen von einer Mission, um einer dieser Abtrünnigen Gruppen zu finden, erfolglos zurück. Commander David Thewlis begleitete mich.

Mein Commander David Thewlis.

Wir waren uns die letzten Monate näher gekommen und obwohl wir beide kaum leugnen konnten, dass wir mehr füreinander empfanden als es für Arbeitskollegen angebracht war, ließ er es nicht zu. Er ließ es nicht zu mich zu lieben, denn auch er litt seit Jahren an HIV und bestrafte sich tagtäglich dafür, indem er fast jeglichen Kontakt mit anderen mied. Oftmals sah man wie er alleine seine Zeit verbrachte, denn auch wenn er ein angesehenes Mitglied der Armee war, welches viele ruhmvolle Taten verrichtete, wurde er vermieden und mit vielsagenden Blicken übersät. Normalerweise versuchte er auch außerhalb der Arbeit, so weit wie möglich weg von mir zu bleiben, außer in dieser sonderbaren Nacht, in der er sich entschied mit mir in meine Wohnung zu kommen.

„Lyra, du holst dir noch eine Erkältung, wenn du so vor dem kalten Fenster stehst.", sprach David in seiner üblich ruhigen Stimme, während er seinen zerflickten Mantel über meine Schultern lag.

Der sanfte Geruch von Schokolade und Kiefern, welchen ich immer in der Nähe Davids erfasste, erwärmte mich sofort und ich spürte den Blick des großen Mannes auf mir.

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