1. Von Ultimaten

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Lautes Grölen drang aus dem Gemeinschaftsraum und du sahst verwirrt über das Meer, das sich gerade erst in helles Gelbrot verfärbte, da die Sonne langsam aufging. Entweder war die Mannschaft immer noch wach oder du warst in ein Raum-Zeit-Kontinuum gefallen, als du dir die gestrige Nacht um die Ohren geschlagen hattest. Allein wohlgemerkt. Kids Brüllen war selbst hier draußen erschreckend bassähnlich, sodass du glaubtest, der Hüne stünde direkt neben dir. Seufzend wischtest du dir über das Gesicht, noch warst du für diese Konfrontation nicht bereit, auch wenn es lächerlich war, denn es blieb dir eines schönen Tages nichts anderes übrig, als dem Rothaarigen gegenüberzutreten, um ihm deine Entscheidung mitzuteilen. Du warst in den ersten zwei Tagen fuchsteufelswild, danach traurig und jetzt schlichtweg erschöpft. Er hatte dir eine Woche gewährt.
Sieben Tage, an denen du dich zurückziehen durftest, um zu heulen – wie es dir dein Captain so charmant erklärt hatte – oder was man eben sonst bei einer Trennung so machte.

Kid hatte absolut keine Ahnung davon. Weder von Frauen noch von Beziehungen.
Wimmernd ließest du deinen Kopf gegen das morsche Holz neben der Tür fallen und versuchtest, diesem grauenhaften Ziehen in deiner Brustgegend endlich Einhalt zu gebieten.
Wenn es nur so einfach wäre, wenn es nur sieben Tage bedarf, wäre es wesentlich leichter. Es würde sich zumindest irgendwie, irgendwann nach absehbarer Zeit besser anfühlen. Aber du wusstest es besser. Die einzige Möglichkeit, die dir blieb, war den Schmerz runterzuschlucken und nicht mehr darüber zu reden und vor allem der Mannschaft und deinem Captain vorzuspielen, dass du es überwunden hattest. Der Druck in deiner Brust würde es schwierig gestalten, überhaupt zu sprechen, geschweige denn zu lächeln und so zu tun, als wäre dein Herz nicht ein einziger Scherbenhaufen.
Du brauchtest definitiv mehr als sieben Tage, aber das kam für den Kapitän nicht in Frage.
„Sieben Tage. Dann reißt du dich entweder zusammen oder du verschwindest von Bord! Eure Probleme interessieren mich einen Scheiß!"
Du atmetest schwer aus und konntest die aufsteigenden Tränen spüren, dir stieg die Hitze in den Kopf, als du versuchtest, sie zurückzuhalten. Du hattest dich für den kalten Entzug entschieden und du würdest verdammt nochmal das Kinn anheben und ihm keine Angriffsfläche bieten. Du atmetest tief durch und gingst zielstrebig durch die Tür, schnurstracks in die Küche, um dir etwas zu Essen zu machen, denn du hattest seit gut vier Tagen nichts zu dir genommen. Nur geheult und etwas Wasser getrunken, damit du nicht hyperventiliertest. Heute war der erste Tag, an dem du es geschafft hattest, aufzustehen und dich anzuziehen - ohne in Tränen auszubrechen. Auch wenn du es als Fortschritt ansahst, so munterte dich diese Tatsache wenig auf, denn du kamst dir fürchterlich jämmerlich vor.

„(Name)! Kommst du endlich aus deinem Loch gekrochen?", schrie Kid freudig und du wusstest wirklich nicht, ob es aufmunternd oder bösartig gemeint war. Verdammt, es waren noch keine sieben Tage, also sollte er dich lieber nicht so reizen, solange du noch so nah am Wasser gebaut warst. Du schnaubtest, stießest schnell die Schwingtür zur Küche auf und erstarrtest. Es fühlte sich an, als hätte man Backsteine um deine Knöchel gebunden und dich in eiskalte Gewässer geworfen. Wie ein lästiges Anhängsel, etwas, was man loswerden wollte.
Deine Kehle schnürte sich zu, dein Körper war wie gelähmt, sodass du dich nicht bewegen konntest, auch wenn dein Instinkt verzweifelt nach Flucht schrie. Gemächlich rührte er Zucker in seinen Tee, er hielt nur kurz inne, hob sein Kinn nur einen Millimeter. Es war die unauffällige Bestätigung, dass er deine Anwesenheit sehr wohl bemerkt hatte. Du wusstest nicht wohin, alles in dir sträubte sich, neben ihn zu treten und dir ein schlichtes Brot zu nehmen, so als wäre nichts gewesen, so als würde er mit seiner Anwesenheit nicht allen Sauerstoff in dem Raum nehmen. Räuspernd schlepptest du dich zu der Kücheninsel, stelltest dich ihm gegenüber, denn du hattest Angst, dass die Hitze seines Körpers auf deine Haut traf, sein Geruch sich in deinen Nebenhöhlen schlich und den Scherbenhaufen zusammenkratzte, den du darstelltest, und ihn bis aufs Letzte bisschen zu zerstören. Jeder Griff und jede Bewegung waren wie eine Kriegserklärung, die dir dein Körper gab. Du hättest nie gedacht, wie viel Wahrheit in dem Wort Herzschmerz lag. Der Schmerz, so wie du ihn gerade erlebtest, ging sogar auf deine Körperglieder über, brachte dein Blut zum Kochen, deinen Kopf zum Explodieren.

Scherben [One Piece x Killer x Reader]Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz