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Sie hatte ihn zu sich nachhause eingeladen und da saß er nun. Auf einer blassrosanen Couch, in einem hübsch verzierten Zimmer, welches angenehm nach Lavendel duftete. Ihr Parfum hing auch schwach im Raum, doch der Duft ihrer Haare überdeckte alles. Ihr warmer Körper ruhte nah an seinem. Verzweifelt versuchte er seine Aufmerksamkeit auf den Film zu lenken, welcher gerade in ihrem Fernseher lief, doch sie ließ sich nicht bündeln. Seine Gedanken schienen immer wieder zu Telina abzudriften und ohnehin lief nichts spannendes. Stattdessen irgendetwas Kitschiges. Auch Telina schien den Film nicht sonderlich spannend zu finden, sie wirkte so als würde sie schlafen. Das sanfte Heben und Senken ihrer Brust faszinierte ihn, jede einzelne Haarsträhne schien perfekt zu sein, jeder einzelne Zentimeter an ihr. 
Wie lange er in sie verliebt war, wusste er nicht. Es schien schon immer gewesen zu sein, wie ein Stern trat sie in seinem Leben und war für immer an seinem Horizont. Und heute, ja heute strahlte sie nur für ihn. Ihr Lachen über seine dümmlichen Witze, brachte ihn fast um den Verstand und er wollte sie haben. Bei sich haben, um sich haben, für immer haben. Was auch immer, hauptsache haben. Doch sie war immer auf Abstand, winkte ihm zum Abschied und schenkte ihm ein Lächeln zu Begrüßung. Keine Umarmung, nicht mal ein High-Five. Doch jetzt lag sie schlafend neben ihm und er lächelte. 

Normalerweise waren sie bei ihm, saßen in seinem Zimmer, redeten und lachten. Sie meinte immer, sie können nicht zu ihr. Ihre Schwester würde wütend werden. Als er sie fragte, ob sie gewalttätig sei, lachte sie leise vor sich hin, aber sagte nichts. Das hatte ihn beunruhigt. Doch heute waren sie auf ihrem altrosa Sofa und er beruhigte sich. Das war nicht die Wohnung gewalttätiger Menschen.

Telina regte sich, hob murmelnd ihren Kopf und schaute ihn verdutzt an. "Sorry." murmelte sie und streckte ihren schmalen Körper in Richtung Zimmerdecke. "Ich geh mich kurz duschen." sagte sie und ließ ihn sitzen. Einfach so. Sie stank nicht mal.

Er verdrehte die Augen und ließ sich in die Couch gleiten. Während er überlegte, ob das Duschen gehen eine versteckte Einladung sein sollte, hörte er Schlüssel klirren. Sein Puls stieg an, er versuchte sich in der Couch zu verstecken. Warum er das machte wusste er nicht, vermutlich hat Telinas Gerede ihm Angst gemacht.

Ihre Schwester stand plötzlich im Raum und verrückterweise sah er kaum einen Unterschied. Sie hatte ihm gesagt, dass sie Zwillinge seien, aber er hatte gedacht das er Telina inzwischen gut genug kennen würde, um zu wissen wie sie aussieht. Naja falsch gedacht.

Die Frau war circa 170cm groß, ging steifer als Telina und hatte dunkle Ringe um die Augen. Das Haar hing kraftlos von ihrem Kopf herunter und die Lippen waren leicht hervorgeschoben. Mehr Unterschiede fand er nicht, die selbe zierliche Nase, die blassroten Lippen und sogar das selbe Muttermal am Hals. Sie lächelte als sie ihn sah.

"Du musst Thomas sein." sagte sie und reichte ihm die Hand. Noch nie hatte er so eine kalte Hand berührt, sie schien aus Stein zu sein.

"Ja und du Telinas Schwester." erwiderte er und starrte ihr direkt in die Augen, welche etwas dunkler als Telinas zu sein schienen und ihn aufzufressen schienen. 

"Siehst ganz schön gut aus." murmelte sie und schaute ihm weiter mit diesem irren Blick in die Augen. Er spürte eine Hand auf ihrer Schulter, ein Knie auf seinem Bein als sie schon auf ihm kniete und ihn versuchte zu küssen. Alles an ihr war grausig kalt. Er drückte sie weg. 

"Ich möchte Telina." sagte er und warf ihr einen grimmigen Blick zu.

Sie schürzte die Lippen und stürmte in Richtung des Badezimmers. Er hörte Schreie.

"Du kannst ihn mir nicht wegnehmen."

"Ich liebe ihn."

"Er ist nicht gut für dich."

"Er wird dir wehtun."

"Er wollte mich küssen."

"Hat mich angepackt."

"Genau wie damals."

Ein Schlag ertönte und er hörte jemanden aufschreien. Telina kam mit tränengebadeten Blick zu ihm und sagte ihm das er jetzt gehen müsse. Er weigerte sich, sie schob ihn einfach aus dem Haus raus. Diesmal küsste sie ihn sogar auf die Wange. Er schmeckte ihre Tränen.



Am Abend bekam er eine SMS, ihre Schwester bringt sie um. Sie liebe ihn, schrieb sie. 

Mit hundertachtzig Sachen, fuhr er zu ihrem Elternhaus, nachdem er niemanden in Telinas Wohnung gesehen hatte.

Dort öffneten Telinas Eltern weinend die Wohnung.

Er sagte ihre Schwester wolle sie umbringen.

Sie sagten, sie hätte keine Schwester, aber wäre so eben schwer verletzt gefunden worden. 

Die Verletzungen hätte sie sich selber hinzugefügt, sagten sie.

Es gab da einen Mann. Das Ganze hat sie nie überwunden, sagten sie. 

Wie schlimm es wirklich sei, wussten sie nicht. Sie dachten sie wäre geheilt. 

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⏰ Last updated: Jul 21, 2017 ⏰

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TelinaWhere stories live. Discover now