Mirza - Die Nymphen von Mirus...

By MRatsch

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Die Wassernymphe Mirza kann es nicht fassen - sie soll einen völlig Fremden heiraten?! So sehr es ihr auch wi... More

Prolog - Die alte Legende
Kapitel 1 - Der ungewöhnliche Befehl
Kapitel 3 - Ein holpriger Morgen
Kapitel 4 - Eine unerwartete Wendung
Kapitel 5 - Ein ehrliches Gespräch
Kapitel 6 - Ein heimtückischer Überfall
Kapitel 7 - Eine kurze Rast
Kapitel 8 - Die letzte Etappe
Kapitel 9 - Die ersehnte Ankunft
Kapitel 10 - Ein schrecklich-schönes Abendessen
Kapitel 11 - Das belauschte Gespräch
Kapitel 12 - Der große Tag
Kapitel 14 - Die überstürzte Abreise
Kapitel 15 - Ein neues Leben
Danke schön ^^

Kapitel 2 - Der verletzte Fremde

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By MRatsch

Doch, er war es.

Mirza rutschte unruhig im Sattel hin und her und versuchte eine bequeme Position zu finden. Sie waren zwar erst zwei Stunden unterwegs, aber Mirza wollte schon nicht mehr. Sie war es nicht gewohnt so lange zu reiten. Außerdem war ihr Reisegefährte nicht sehr gesprächig. Das schmächtige Kerlchen mit dem schütteren Haarschopf schwieg wie ein Grab. Selbst wenn Mirza ihn mit Fragen löcherte, gab er nur ein eintöniges Murren von sich. Am liebsten hätte Mirza geschrien.

Sie war ohnehin emotional erschöpft. Der Abschied war viel tränenreicher und schwerer gewesen, als sie gedacht hatte. Noch immer blutet ihr Herz und ihre Augen brannten. Vor allem Revis nasses Gesicht und sein herzzerreißendes Flehen, sie möge doch nicht weggehen, gingen ihr nicht aus dem Kopf.

Der Weg in die Hölle konnte nicht schrecklicher sein, jammerte Mirza stumm und streifte ihre Stiefel und Strümpfe ab. Es war mittlerweile der dritte Tag vorüber und Mirza am Ende. Wie sie die verbleibenden vier Tage überleben sollte, wusste sie nicht. Mit verzerrtem Gesicht zog sie den Umhang von ihren Schultern und legte in beiseite.

Das Zimmer war schmucklos, aber sauber. Der Bote des Rats hatte für eine Nacht und ein Abendessen bezahlt. Missmutig hatte Mirza den Braten und das trockene Brot heruntergewürgt und war gleich auf ihr Zimmer gegangen. Wenn sie noch einmal eine gebrummte Antwort von dem hageren Mann erhielt, würde sie sich die Haare büschelweise ausreisen. Nicht einmal die Frage, ob sie noch weitere Nymphen mitnehmen würden, hatte er ihr beantworten wollen. Sie vermisste jetzt schon die gesellige Atmosphäre ihres Zuhauses. Mit ihren Verwandten zu reden und in ihre vertrauten Gesichter zu blicken.

Schlagartig wurde sie aus ihren friedlichen Gedanken gerissen, als unter ihrem Fenster Geschrei laut wurde. Ihre Kammer lag auf der Rückseite des Gasthauses, wo eine schmale Gasse lag. Schnell hastete Mirza ans Fenster und spähte durch die dünnen Vorhänge. Goldener Schein erhellte das Pflaster und ließ Mirza drei Gestalten erkennen. Ihre Nervenenden prickelten, als einer der Männer seine eigene Hand in Flammen aufgehen ließ.

Salamander – Feuernymphen, schoss es Mirza durch den Kopf. Gebannt verfolgte sie den Schlagabtausch der Männer. Anscheinen kämpften zwei gegen einen. Und für diesen sah es nicht gut aus. Seine Kleidung war schon verkohlt und frisches Blut glitzerte auf seiner Haut. Mirza verspürte den unbändigen Drang wegzulaufen. Sie als Undine, als Wassergeist, empfand eine instinktive Angst vor Feuer.

Dennoch blieb sie hinter der Scheibe stehen und verfolgte die Auseinandersetzung. Mittlerweile hatte ein Schuppen auf der anderen Seite der Gasse Feuer gefangen. Mit brennenden Fäusten rückten die beiden Männer dem Einzelnen zu Leibe. Mirza durchlief ein Schauer, als sie den blutenden Mann straucheln sah.

Sie werden ihn umbringen, dachte sie erschrocken.

So schnell sie ihre nackten Füße tragen konnten rannte Mirza aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und in den Innenhof des Gasthauses. Am Stall vorbei führte eine schmale Tür zu dem gepflasterten Weg, den sie von ihrer Kammer aus gesehen hatte. Über die Mauer konnte sie schon den Schein des Feuers ausmachen – und dessen Hitze. Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte hinaus.

„Los, gib uns dein Gold und wir lassen dich am Leben", rief einer der beiden Schläger.

Der einzelne Mann hockte mittlerweile auf ein Knie gestützt am Boden und sah zu seinen Angreifern empor. „Das müsst ihr mir schon aus meinen toten Händen entreißen."

Die beiden Männer hatten Mirza den Rücken zugedreht und bemerkten sie nicht. Einer der beiden lachte boshaft. „Das kannst du haben."

Ich muss etwas tun, dachte sie und überlegte fieberhaft wie sie helfen konnte ohne selbst in das Visier der Gewalttäter zu geraten. Schnell streckte sie ihre Sinne aus und suchte Wasser. Nur Augenblicke später bemerkte sie den einen Trog, der randvoll war.

Schnell blickte sie nochmals zu den Männern, ehe sie ihr Blick auf das im Mondschein glitzernde Nass richtete. Den lockenden Bewegungen ihrer Hände folgend floss das Wasser über den Rand und kam in ihre Richtung. Wassernymphen konnten Wasser zwar nicht durch die Luft fliegen lassen, dafür aber in bestimmtem Maße die Fließrichtung beeinflussen. Ebenso konnten sie Wolken dazu bringen zu regnen.

Mirzas Herz geriet ins Stolpern, als sie wieder durch den Türspalt blickte. Wie Dämonen aus der Unterwelt standen die beiden Männer über ihrem Opfer. Einer der beiden trat nach dem Verletzten und steckte dessen Kleidung in Brand. Mirza musste sich beeilen. Mit einer ausholenden Bewegung ihres Arms schickte sie den gesamten Inhalt des Trogs zu den beiden Männern. Als das Wasser ihre Beine erreichte, sahen sie verstört nach unten. Den Überraschungsmoment ausnutzend riss Mirza ihre Arme hoch – und das Wasser folgte ihrem Befehl. Wie durchsichtige Schlangen wand es sich an den Körpern der Männer empor.

Mirza hörte ihre entsetzten Schreie und schloss ihre gespreizten Finger zu Fäusten. Augenblicklich war es still. Zu glitzernden Stauen erstarrt standen die Männer da. Das Wasser war zu einer dicken Eisschicht auf ihren Körpern gefroren und machte sie bewegungsunfähig. Jedenfalls lange genug, dass Mirza den verletzten Mann aus der Gefahrenzone schaffen konnte.

Mit gerafften Röcken rannte Mirza durch die Tür und zu dem Mann am Boden. Schnell kniete sie sich an seine Seite und löschte mit dem Wasser, mit dem sich der Saum ihres Kleids voll gesogen hatte, den brennenden Stoff. Erst jetzt konnte Mirza die vielen Blessuren sehen, die der Mann hatte: Eine Schnittwunde an der Wange, Prellungen im gesamten Gesicht, Brandblasen an den Händen und wahrscheinlich ging es unter seiner verkohlten Kleidung so weiter.

Aus goldgelben Augen sah er ihr mit glasigem Blick entgegen. Als er den Mund öffnen wollte, schüttelte Mirza den Kopf.

„Sei still. Wir müssen schnell hier weg."

Mirza wusste nicht, wie lange das Eis die Männer noch aufhalten konnte. Das waren die ersten Feuernymphen, die sie seit mehr als zehn Jahren zu Gesicht bekam.

Ohne länger auf eine Antwort zu warten half Mirza dem Mann auf. Sein schmerzverzerrtes Gesicht bestätigte ihre Annahme, dass er noch schlimmere Verletzungen hatte. Den Arm um ihre Schultern gelegt humpelte er mit ihr zum Gasthaus zurück. Mirza konnte nur hoffen, dass die beiden Statuen nicht sahen, wo sie hingingen. Den Kopf drehen und ihnen hinter hersehen konnten sie erfreulicher Weise nicht.

Kaum waren sie durch die Tür in den Innenhof getreten, lotste Mirza den Mann zu dem kleinen Badehaus. Darin hatte sie vor wenigen Stunden den Schmutz der Reise abgewaschen. Jetzt hoffte sie, dass die kleine Hütte leer war. Und sie hatte Glück. Behutsam setzte sie den Nymph auf einen Stuhl neben dem Zuber und entzündete einige Kerzen. Sie konnte fühlen, dass er jede ihrer Bewegungen aufmerksam verfolgte. Die Haare in ihrem Nacken richteten sich auf und ihr lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter.

Was, wenn ich gerade einen Dieb gerettet habe? Und diese Männer die eigentlichen Besitzer waren?, schoss es Mirza durch den Kopf und ihr wurde schlecht. Energisch vertrieb sie die Gedanken wieder.

Nein, sagte sie sich, zwei gegen einen ist immer unfair. Sie hätten ihn getötet, wenn ich nicht eingegriffen hätte.

Mirza konnte nur hoffen, dass er dafür ihr Leben verschonte. Auch Verbrecher konnten dankbar sein – glaube sie zumindest.

Die Blicke in ihrem Rücken ignorierend öffnete Mirza die Tür ein bisschen und tastete nach dem Wasser im Brunnen. Wieder lockte sie das Element mit anmutigen Handbewegungen aus der Tiefe. Es dauerte nicht lange, bis das Wasser durch die Tür in das Badehaus und in den Bottich floss. Entfernt nahm sie das überraschte Keuchen des Mannes war. Als die kleine Holzwanne voll war, ließ Mirza die Hände sinken und schloss die Tür wieder.

Etwas unsicher richtete sie den Blick wieder zu der geschundenen Gestalt auf dem Stuhl. Sein goldener Blick bohrte sich mit kalter Berechnung in ihre Augen.

Seine Stimme war rau, als er sagte: „Sieh einer an, eine Undine."

Trotzig reckte Mirza ihr Kinn. „Sieh einer an, ein Salamander", entgegnete sie. Der Mann verzog das Gesicht und erst einige Sekunden später erkannte Mirza, das er lächelte. Durch seine geschwollenen und aufgeplatzten Lippen sah es eher aus wie ein Zähnefletschen.

„Und jetzt? Willst du eine Suppe aus mir kochen?", fragte er und nickte in Richtung Zuber. Mirza schüttelte den Kopf und trat zu ihm. Einen Moment sah sie Furcht in seinem Blick, ehe dieser wieder leer wurde.

„Keine Sorge. Ich werde deine Verletzungen heilen." Misstrauisch zog der Mann eine Augenbraue hoch. Dabei öffnete sich eine Platzwunde auf seiner Stirn und neues Blut floss über sein Gesicht.

Vorsichtig wischte er es weg, ließ aber Mirza nicht aus den Augen.

„Und wie willst du das machen?"

So viel Argwohn und so wenig Vertrauen, ging es Mirza durch den Kopf. Aber sie hatte keine Zeit mehr für Gespräche. Der Mann verlor immer mehr Blut, nicht nur auf seiner Stirn.

„Überlass das nur mir. Ich rede dir ja auch nicht rein, wenn du eine Kerze anzündest."

Beinah wäre Mirza bei dem krächzenden Lachen zusammen gezuckt, das sich aus seiner Kehle stahl. „Da muss ich dir Recht geben."

„Gut, dann zieh dich aus und setzt dich ins Wasser." Einige Augenblicke starrte er sie lediglich an. Mirza starrte zurück – dieses Spiel konnte sie auch spielen. Als die Sekunden sich zu einer Minute ausdehnten, sah der Feuernymph weg. Mirza unterdrückte das Siegerlächeln und half dem Mann aus seiner ruinierten Kleidung.

Mirza schluckte trocken, als er das Hemd und die Hose abgestreift hatte. Seine Haut war nicht mehr hell, sondern schillerte in Blau, Grün, Violett, Rot und Gelb.

„Aber meine Unterwäsche kann ich anbehalten?", fragte er und sah Mirza an, die mit ihren Augen seinen Körper musterte. Erschrocken sah sie hoch und in seine belustigt funkelnden Augen.

„Ja, lass sie an", sagte sie energisch und deutete stumm auf den Zuber. Sie würde sich nicht von diesem Rüpel in Verlegenheit bringen lassen. Wie konnte jemand noch so frech sein, der eigentlich vor Schmerzen schreien müsste?

„Das ist aber kalt", empörte er sich, als er sich ins Wasser setzte.

Mirza verdrehte die Augen zog den Stuhl neben den Bottich. „Geh so weit wie möglich runter." Ohne ihn weiter zu beachten, tauchte Mirza ihre Hände ins Wasser.

Brr, das ist wirklich kalt, dachte sie und fing an, ihre Finger zu bewegen. Es dauerte nicht lange, da wurde es wärmer und wärmer. Als sie das Badewasser bis auf Körpertemperatur erwärmt hatte, sah sie dem Mann in die Augen.

„Nicht erschrecken, es tut nur im ersten Moment weh", sagte sie, als sie die Hände auf seine Brust legte. Sofort fühlte sie das Wasser, das seine Zellen erfüllte und das durch seine Adern pumpte. Diese Fähigkeit hatte sie von ihrer Ururgroßmutter erlernt. Menschen und Nymphen waren nichts anderes als wandelnde Wasserbeutel. Sie konnte im Körper eines anderen nicht viel bewirken, aber ihn doch zur Selbstheilung animieren. Und dass viel schneller, als es die Natur allein konnte.

Der Mann keuchte und riss entsetzt die Augen auf, als Mirza mit streichelnden Bewegungen über seine Brust fuhr. Sie konnte sehen, dass er die Zähne zusammenbiss. Es war wirklich nicht angenehm. Mirza konnte sich noch gut an ihre erste Lektion erinnern, als ihre Ahnin ihr einen Schnitt am Arm zugefügt hatte. Als sie dann ihre Hand daraufgelegt und ihre Zellen stimuliert hatte, wäre Mirza beinah in Tränen ausgebrochen. Wie Milliarden von kleinen Feuerameisen fühlte es sich an, die ihre Haut mit ihren Zangen zerfleischten. Erst nach einigen Augenblicken war es in ein angenehmes Kribbeln übergegangen.

Auch diesen Wechsel der Empfindungen konnte Mirza auf dem Gesicht des Fremden erkennen. Aber nur so lange, bis sie zur nächsten Verletzung überging. Es dauerte beinah eine Stunde, bis sie ihn von den gröbsten Wunden befreit hatte. Fast kein Quadratzentimeter seines Körpers war von ihr unberührt geblieben. Als sie schließlich ihre Hände aus dem Wasser nahm, stand ihr der Schweiß auf der Stirn. Sie fühlte sich müde und wie zerschlagen.

Die Hände im Schoß, betrachtete sie den Mann. Auch sein Gesicht hatte sie in Händen gehalten und versorgt. Die blauen Flecken leuchteten nicht mehr so farbenfroh und auch die Platzwunden an Stirn und Lippen waren verkrustet und abgeschwollen. Mirza war zu beschäftig gewesen, als dass sie die Intimität der Situation hatte erkennen können.

Das ist nun auch egal, dachte sie. In weniger als einer Woche würde sie einen Mann heiraten, den sie nicht kannte und möglichst viele Kinder mit ihm zeugen. Da war es wohl jetzt fehl am Platz, wenn sie sich deswegen Gedanken machte.

Sie wurde aus ihren Grübeleien gerissen, als der Mann sich aus dem Wasser erhob. Suchend blickte er sich nach einem Handtuch um, fand jedoch keins. Mirza seufzte.

„Steig aus, ich mach das", sagte sie müde. Der Fremde gehorchte und stellte sich vor sie. Sie heftete ihren Blick an seine Augen. Mirza war noch nicht so immun, dass sie von der nassen und an seinem Körper klebenden Unterwäsche nicht peinlich berührt war. Sie hob ihre Hände mit den Handflächen nach oben und vollführte eine winkende Bewegung in ihre Richtung. Sofort sammelten sich die vielen kleinen Tröpfchen und flossen über seine Beine auf den Boden. Auch das weiße Leinen um seine Lenden war wieder trocken.

Er sah an sich herunter, ehe er wieder ihren Blick erwiderte. „Ich bin beeindruckt. Da erscheint mir das Kerzenanzünden geradezu lächerlich." Mirza zuckte nur mit mit den Schultern. „Darf ich auch den Namen meiner Retterin erfahren?"

„Ich heiße Mirza. Und du? Ich kann nicht glauben, dass ich mit einem Mann gebadet habe, dessen Namen ich nicht einmal kenne", sagte sie und lächelte vor sich hin. Ihre Tante hätte sicher gelacht, wenn sie ihr das erzählt hätte.

„Mein Name ist Lex." Mirza wollte aufstehen, als ihr plötzlich schwarz vor Augen wurde. Immer mehr entglitt ihr das Bewusstsein. Sie hatte sich wohl doch mehr verausgabt, als sie angenommen hatte. Das letzte, was sie wahrnahm, waren warmen Arme die sich um ihren Körper schlossen. Danach kam nur Dunkelheit und Stille.

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