AURORA

By SezenElev

13.7K 353 45

Das Leben kann verwirrend sein - vor allem als Teenager. Darüber kann Aurora, ein Lied singen. Denn zwischen... More

Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22

Kapitel 1

2.5K 38 9
By SezenElev

Wir verstehen das Leben in jener Richtung, die wir nie erleben.



KAPITEL 1

Aurora

Sommer 2016

Seit dem ich denken kann lebe ich in Los Angeles. Für viele Leute rund um die Welt die wohl coolste Stadt überhaupt. Wir haben einiges zu bieten: Hollywood, Sonne, Meer. Alles was das Herz begehrt.

Gut, die 5th Avenue liegt in New York und Breakfast At Tiffany's spielt dort aber das sei L.A. verziehen. „Dreh die Musik lauter" bitte ich Roxy als ich nach links abbiege. Gerade ertönte der erste Ton von Glad You Came, meinem Lieblingslied. Sofort durchströmt mich eine Vorfreude auf all die Strandpartys und Grillabende, die mich in den Ferien erwarten. Wir sind auf dem Weg zu unserer Schule, denn heute steht das Sommerfest der Lennox High an. Leider ist die Schule auch in L.A ätzend. Es ist Mitte Juli und das Einzige, was mich über diesen tragischen Morgen hinweg tröstet, ist mein Outfit und mein eiskaltes Getränk in meiner Hand. Es ist ein Samstag morgen und wir mussten um 7 Uhr aufstehen, weil wir um Punkt 9 Uhr in unserem Klassenzimmer sein müssen. Dort wartet unser Klassenlehrer Mr Carter auf uns und trägt uns in eine Anwesenheitsliste ein. Wer nicht erscheint hat ordentlich Pech gehabt, denn in dem Falle darf man in den Ferien regelmäßig zum Nachsitzen in die Schule. Die Sonne brennt mir im Nacken und ich bereue kurz, das schwarze Kleid angezogen zu haben. „Da muss ich jetzt wohl durch", denke ich. Wie heißt es doch so schön? „Wer schön sein will muss leiden". Wohl wahr. Vor allem im brühend heißen L.A. Wo in meinen Kreisen jeder das teuerste Auto fahren möchte und eine Monogramm Louis Vuitton auf dem Beifahrersitz hat.

Seufzend nehme ich einen großen Schluck mit dem Strohhalm. Unsere Schule liegt mitten in Los Angeles und Roxy und ich wohnen an der Küste in Santa Monica. Da wir wegen mir unbedingt zu Starbucks mussten, sollte ich mich nun wirklich beeilen, denn Roxy kommt ungerne zu spät. Ich beiße mir auf die Unterlippe und schaue fleißig jede rote Ampel böse an.

„Es hätte ja nicht unbedingt Starbucks sein müssen, das lag nun wirklich nicht auf dem Weg", kommentiert Roxy die ganze Situation, als könnte sie meine Gedanken lesen. Das würde mich jedenfalls nicht wundern, denn wir kennen uns bereits unser gesamtes Leben lang.

„Ich trinke nur Starbucks-Kaffee", gebe ich mit verstellter Stimme und einem Grinsen zurück.

„Du bist so wählerisch Auri!", wirft sie mir triefend vor Ironie vor während sie den Spiegel runter klappt. In ihrem weißen Polokleid von Ralph Lauren sieht sie umwerfend aus. Ihr platinblonder Bob fällt perfekt und ihre Haut ist am Anfang des Sommers schon goldbraun gebrannt.

„Und du solltest dich mal locker machen. Es macht keinen Unterschied, ob wir fünf vor oder fünf nach in der Schule sind", brachte ich unter einem schiefen Lächeln zurück. Die Aussage empört sie so sehr, dass sie ihren Blick mit offenem Mund vom Spiegel zu mir wendet. Es sieht herrlich aus wie sie mich mit ihrem Lipgloss in der Hand empört mustert. Ich muss lachen und lege dabei den Kopf leicht in den Nacken. Das Wetter ist so schön, dass es mir den schulreichen Samstag noch schwerer macht. Ich könnte jetzt am Strand sitzen denke ich. Sehnsüchtig blicke ich zur Küste. Es sieht großartig aus hier. Das Wasser ist türkisblau und an beiden Straßenrändern ragen hohe Palmen in den strahlend blauen Himmel.

Zufrieden drehe ich die Musik selbst so laut bis sie draußen schon die Leute an der Küste hören und singe lauthals mit. Meine letzten fünf Minuten in Freiheit muss ich schließlich genießen. Ich werde ganze fünf Stunden auf diesem doofen Fest ausharren müssen.

Roxy und ich sind überrascht, dass das Schulgelände schon um diese frühe Uhrzeit so voll ist. Man sieht Eltern, Schüler, kleine Geschwister und natürlich Lehrer in Grüppchen stehen. Die meisten haben ein Champagnerglas in der Hand. Durch die Grüppchen schlängeln sich weiß angezogene Kellner und Kellnerinnen mit Häppchen und es läuft klassische Musik. Alles zusammen ist es einfach zu öde und zu anstrengend für einen Samstag morgen.

Da wir gefühlt Stunden nach einem Parkplatz suchen müssen, sind wir tatsächlich eher später als fünf nach da. So schnell wir können bahnen wir unseren Weg durch die Grüppchen zum Eingang. Wir huschen die Treppe hoch und betreten das Klassenzimmer, ohne davor zu klopfen. Mr Carter steht zum Glück noch mit einigen Schülern da. Roxy entschuldigt sich drei Mal bei Mr Carter dafür, dass wir zu spät sind und ich werfe ihm ein entschuldigendes Lächeln zu nachdem Roxy mit ihrer dritten Entschuldigung fertig ist. Wir warten bis Mr Carter uns auf die Liste geschrieben hat und gehen dann direkt Roxys Freund Maxwell suchen. „Lass uns in der Nische schauen, ich könnte wetten er sitzt dort und schmiedet Fluchtpläne" flüstert Roxy mir ins Ohr während wir die Treppe wieder runter gehen. Sie streicht ihr Kleid glatt und richtet ihre Haare.

Ich muss kichern. Bei Fluchtplänen wäre ich dabei! Wir müssen jetzt bis 14 Uhr hier bleiben uns abmelden und dann Roxys Mum Rose am Flughafen abholen.

Wir laufen gerade in Richtung Ausgang, als Cindy Sherman hinter uns auftaucht. Wie immer trägt sie ihre aschblonden Haare aalglatt, ein Haarreif hält ihr das Haar aus dem Gesicht. Heute in marineblau, passend zu ihrem Polokleid. Ihr Kleid ist viel enger als Roxys. Wie eine zweite Haut klebt der blaue Stoff an ihrem Körper. Sie sieht sehr dünn aus. Automatisch ziehe ich meinen Bauch ein, ehe mir einfällt, dass man den unmöglich sieht. Ich trage ein lockeres, schwarzes Minikleid, das ich letztens erst in der Mall bei Guess gekauft habe. Roxy meint ich sähe darin perfekt aus. Ich versuche an ihr Kompliment zu glauben und straffe die Schultern.

„Mum und ich kommen am Montag zu zweit zu Roses Brunch. Das sollt ihr Rose ausrichten", sagt Cindy kurz angebunden. Dabei taxiert sie mich und fixiert Roxy mit ihrem Blick. „Klar, machen wir", antwortet Roxy ebenfalls kurz angebunden. Dann dreht sie sich einfach weg. Ich starre Cindy noch eine Sekunde an und tue es Roxy dann gleich. Nach ein, zwei großen Schritten laufe ich wieder neben Roxy. Sie dreht sich zu mir und meint: „Kannst du glauben, dass wir es früher gewagt haben in einem Raum mit dieser Hexe zu schlafen?", ehe sie weiter durch die Menschenmassen eilt.

Cindys Familie, die Shermans sind unsere Nachbarn. Sie wohnen drei Häuser weiter in einem übertriebenen Gebäude mit hohen weißen Säulen. Früher waren wir gut mit ihr und ihrer Cousine Skyler befreundet. Regelmäßig übernachteten wir beieinander. Am Anfang hat das auch immer sehr viel Spaß gemacht, aber irgendwann entwickelte sich Cindy in eine komische Richtung. Cindys Mum Tiffany war schon immer extrem oberflächlich. Wenn Cindy nicht so gemein wäre, könnte sie einem glatt leidtun. Sie muss ständig irgendwohin. Sie spielt fast täglich Tennis, deswegen ist sie auch so unfassbar dünn. Man könnte meinen, Cindy besitze kein überschüssiges Gramm Fett. Roxy und ich reiten beide seit der ersten Klasse. Früher hat Cindy oft gemeint, dass man vom Reiten einen fetten Po bekommen würde, darauf hat Roxy meistens gekontert, das Tennisspielen Männerarme macht. Aber Cindy hat mich dann oft dabei erwischt, wie ich im Spiegel meinen Po in der Jeans kontrolliert habe. Darauf meinte sie dann oft so etwas wie: „kneift sie schon?".

Am Anfang wirkte es wie ein Witz zwischen Freunden. Aber ich fühlte mich immer unwohler mit meiner Figur. Und manchmal hatte ich das Gefühl, Cindy hatte Spaß daran mich leiden zu sehen. In der Clique tauschten wir oft Klamotten. Ich hatte nie ein Problem damit, Cindy etwas von mir zu leihen. Cindy hingegen wollte mir ihre Klamotten nicht leihen, weil sie fürchtete, sie würden ausleiern. Das sagte Cindy mir im Vertrauen. Sie meinte, sie würde nicht wollen, dass ich vor den anderen Mädchen dumm dastehe. Natürlich erzählte ich das Roxy. Sie musste lachen und sagte, Cindy wäre einfach nur eifersüchtig. Und obwohl ich Roxy glaubte, konnte ein Teil in mir das nicht glauben. Ich merkte damals gar nicht, dass ich immer weniger aß. Es passierte irgendwie automatisch. Ich fühlte mich so unwohl, dass ich beim Essen ein schlechtes Gewissen hatte. Nach einer Weile passten mir dann sogar Roxys Hosen, die eine Größe kleiner als meine alten waren. Nun ja, ich schätze, ich wollte einfach nicht die Dickste unter uns sein. Also nahm ich immer weiter ab indem ich wenig aß. Irgendwann reichte mir das nicht mehr, das war letzten Sommer. Dann fing ich an zu Joggen. Erst nur einmal die Woche, dann immer öfter. Heute versuche ich mein Gewicht zu halten indem ich immer noch zu Hause lüge und sage, ich hätte keinen Hunger und zusätzlich mindestens drei Mal die Woche joggen gehe. Ich merke immer wieder, dass Roxy sich schreckliche Sorgen um mich macht. Wir reden nie konkret über das Abnehmen. Aber als sie eines Morgens ihre Hand auf meine Schulter legte während ich mich im Spiegel musterte und mich bat ihr zu versprechen, dass ich es nicht übertreiben werde, wusste ich sofort, was sie damit meinte. Aber ich habe alles unter Kontrolle. Ich bin nun zierlicher als Cindy und Roxy. Da ich jedoch auch etwa zehn Zentimeter kleiner als die anderen bin, sieht es gut aus. Vor anderen fühle ich mich sehr wohl. Nur vor Cindy habe ich noch meine Probleme.

Roxy konnte Cindy noch nie etwas. Jedoch hat Roxy andere wunde Punkte. Aber, es gibt niemanden ohne wunde Punkte. Roxy muss sich oft etwas zu ihrer Mum anhören. Roxys Mutter galt im Munde unserer Mitschüler als Trophäen Ehefrau. Klar, sie sah wirklich gut aus und mein Dad Jake – Jap, mein Dad – war nicht ihr erster reicher Ehemann. Aber von einer Trophäen Ehefrau konnte nun wirklich nicht die Rede sein. Und ja, sie sieht unglaublich gut aus, aber es braucht schon mehr als einen durchtrainierten Körper und ein makelloses Gesicht um meinen Dad um den Finger zu wickeln. Außerdem war Rose schon immer sehr beliebt. So ist das hier, desto reicher, schöner oder beliebter du bist, desto mehr reden die Leute über dich. Meine Mutter starb als ich fünf Jahre alt war. Roxys Familie wohnte damals genau gegenüber und als diese Sache, nun ja der Tod meiner Mutter, passierte, da nahm Roxys Mum Rose ohnehin eine Art Ersatzrolle für meine Mutter ein. Von irgendjemandem musste ich doch den ganzen Mädchenkram lernen. Roxy war also schon immer wie eine Schwester für mich. Sie war für mich da als meine Mama von uns gegangen ist und ich bin für sie da gewesen als ihr Vater sie und ihre Mutter vor neun Jahren für eine Kellnerin in New York verließ, die er auf einer Geschäftsreise kennen lernte. Solche Erlebnisse schweißen zwei Personen zusammen. Roxy und ich freuten uns sogar, als unsere Eltern uns vor einem Jahr erzählten, dass sie sich trafen. Vor drei Monaten war ihre Hochzeit und seit dem wohnt Roxy nicht mehr im Haus gegenüber, sondern im Zimmer nebenan.

Wir sind gerade noch auf dem Weg zur Nische, als wir Maxwell an eine Wand gelehnt in der Nähe des Ausgangs entdecken. Roxy rennt los sobald sie ihn sieht. Ich laufe gemütlich zu den zwei Turteltauben, die sich gerade in einer innigen Umarmung befinden. „Hi Max" sage ich als ich neben ihnen ankomme. „Hi Aurora, was geht?" nickt mir Maxwell zu. Die zwei sind wohl das einzige Paar, mit dem es sich aushalten lässt. Seit zwei Jahren gehen sie nun miteinander und über Ostern war ich mit den beiden auf Ibiza. Bevor ich Maxwell eine Antwort auf seine Frage geben kann, ergreift Roxy das Wort: „Also mein Lieben, was haltet ihr von einer Poolparty bei uns?" Da niemand zu Hause ist, der uns anmotzen könnte, dass wir nicht auf dem Schulfest sind und es unsere Lehrer sowieso nicht interessiert, was wir zwischen An- und Abmeldung machen, ist das gar keine dumme Idee. Roxy grinst mir und Maxwell verschwörerisch zu und fast gleichzeitig nicken wir. „Gut! Ich fahre", sagt Maxwell schließlich und läuft Richtung Ausgang. Ich bin plötzlich unendlich glücklich. Der Eiskaffee von gerade eben hat mich ohnehin fit gemacht und jetzt freue ich mich tatsächlich aufs Sonnen am Pool. Schulfeste sind gar nicht so übel - wenn man nicht an ihnen teilnimmt! Grinsend laufen wir zu Maxwells Cabrio. Die zwei Turteltauben laufen einige Schritte vor mir. Maxwell hat Roxy einen Arm um die Schulter gelegt und die beiden lachen herzlich über ihre Unterhaltung. Ich fühle mich nicht ausgeschlossen, ich weiß, dass ich jederzeit zu ihnen treten könnte und sie mich mit in ihr Gespräch einbinden würden aber ich mag es, ihnen diese Momente zu lassen.

Die Fahrt nach Hause ist angenehm, obwohl ich es überhaupt nicht mag im Cabrio hinten zu sitzen. Der Wind peitscht einem dort dermaßen ins Gesicht, dass es schon fast weh tut. Das Schöne an Cabrios ist aber, dass sie so ein unglaubliches Sommergefühl in einem auslösen. Roxy hat beim Einsteigen schon ihr Handy mit Maxwells Auto verbunden und auf Spotify unsere Ibiza Playlist gestartet. Die Songs, die ich im sonnigen Ibiza gehört habe, lösen zusammen mit den im Wind fliegenden Haaren ein absolutes Hoch in mir aus, dass ich die Fahrt die Küste entlang nach Santa Monica genieße. Fast bin ich enttäuscht, als wir vor dem vertrauten weißen Tor stehen. Roxy steigt aus und öffnet das riesige Tor zu unserem Gelände. Maxwell parkt seinen Wagen links vom Haus. Ich reiße die Wagentür auf und rufe so laut ich kann „Wer zuerst drinnen ist!". Gerade als Maxwell und ich auf die rechte Seite neben dem Haus sprinten steht uns plötzlich Roxy und ein Sportwagen, den ich noch nie davor gesehen habe, vor der Nase.

„Wem gehört der?!", höre ich Maxwell brüllen. Anders kann man das nicht beschreiben. Ich versuche irgendwie herauszufinden, was das für ein Wagen ist. Aber ich erkenne nicht einmal die Marke, geschweige denn das Modell. Also Blicke ich zu Maxwell; wahrscheinlich würde er in seiner Begeisterung sowieso viel über den Wagen erzählen. „Das ist ein verdammter Aston Martin DBS, Roxy! Bitte frag deinen Dad ob wir damit fahren dürfen Auri!" brüllt Maxwell aufgeregt. Na also, ein Aston Martin. Das Auto sieht wirklich nicht schlecht aus. Ein eleganter Sportwagen in anthrazitgrau. Aber unmöglich gehört der meinem Vater. Dann fällt mir auch noch auf, dass das Lenkrad auf der rechten Seite ist. Und tatsächlich, das Auto hat ein englisches Nummernschild. Hat Rose sich ein Auto gekauft? Aber wofür steht dann das H im Nummernschild? Roxy schaut mich wissend an. Ich weiß, welche Frage ihr auf der Zunge liegt: Wem gehört der Wagen? Ich zucke mit den Achseln und beschließe, die Zeit das Rätsel lösen zu lassen. Spätestens wenn Rose und Dad zu Hause sind werden wir es erfahren. Maxwell kann wohl nicht so lange warten, denn er versucht mich und Roxy die ganze Zeit über zu überreden unsere Eltern anzurufen. „Ein Anruf nach England ist sowas von easy Roxy, du kannst mein Handy nehmen!" sagt er vom Flur aus, während Roxy sich in meinem Zimmer umzieht. Beide haben wir nun einen Bikini an und huschen die Treppe runter in die Küche. Maxwell versucht es noch ein paar Mal ehe auch er aufgibt. Davor müssen wir ihm aber versprechen, dass wir den Besitzer des Wagens überreden ihn eine Runde fahren zu lassen. Lachend stimmen Roxy und ich zu. Dann legen wir uns an den Pool und stellen uns einen Wecker auf 12 Uhr, damit wir uns wieder rechtzeitig auf den Weg zur Schule machen.

Ich muss eingeschlafen sein, denn ich nehme den Ton des Weckers auf diesem süßen Nichts wahr, in dem man sich direkt nach dem Aufwachen befindet. Dann laufe ich in die Küche und mache mir einen Kaffee. Es ist ja schließlich fast noch morgens, der Mittag hat gerade erst angefangen. Ich höre Roxy die Treppe hoch laufen und sehe im Augenwinkel, wie Maxwell sich mit seinem Handy an die Kücheninsel setzt. Dann nehme ich meinen Kaffee und laufe mit ihm hoch in mein Zimmer. Es ist um diese Uhrzeit immer lichtdurchflutet. Am liebsten würde ich nun etwas super Luftiges anziehen, aber ich möchte nicht unnötig damit provozieren, dass ich zu Hause war, also ziehe ich das Kleid von vorhin an. Ehe ich gehe, binde ich meine Haare noch in einen hohen Pferdeschwanz. Mein Haar ist lang und dunkel, eine Kombination, die im Sommer anstrengend ist. Im Flur warten Roxy und Maxwell schon auf mich.

Die Fahrt im Cabrio ist wieder so schön, dass wir noch eine extra Runde fahren, ehe wir zurück zum Schulfest gehen. Auf dem Schulfest angelangt haben wir noch eine halbe Stunde, bevor wir uns Abmelden gehen können. Maxwell und Roxy holen sich etwas zu essen und wir setzen uns in die Nische. Wir treffen Neil O'Brien und unterhalten uns mit ihm über Australien. Er wird den Sommer dort in einem Surf Camp verbringen und verspricht uns, fleißig Bilder von der atemberaubenden Gegend Sydneys zu schicken. Als er weg ist, meinen Maxwell und Roxy, das es das alles nur erzählt hat weil er auf mich steht. Ich laufe rot an und schlage vor, dass wir hoch gehen. Es ist fünf vor. Oben haben sich bereits alle versammelt als wir herein huschen. Schon wieder zu spät heute. Cindy Sherman schaut uns aus der Ecke dumm an, als würde sie gerade überlegen was sie über meinen Pferdeschwanz sagen könnte. „Hast du keinen Kamm zuhause" oder „Wann warst du denn das letzte Mal deine Spitzen schneiden" fällt mir da spontan ein. Doch dann kommt auch schon Mr Carter ins Klassenzimmer gestürmt. „So, ihr kennt die Regeln. Ich nenne eure Namen und ihr kommt euer Zeugnis holen und könnt gehen." Erklärt Mr Carter. Ungeduldig warten wir auf unsere Zeugnisse, nicht weil wir nicht wüssten was da drin steht, vielmehr weil wir gehen wollen. Schließlich bekomme ich mein Zeugnis, dann Roxy ihres und zum Schluss Maxwell seins. Dann sind wir befreit. Sommerferien! Schießt es mir durch den Kopf. Ich blicke auf mein Zeugnis und bin zufrieden, ich habe einen mehr als guten Schnitt. Ich beiße mir auf die Lippen. Ungläubig, dass nun der Sommer anfängt. Sommerferien! Das bedeutet Erholung, Pause, ruhige Tage am Pool oder Strand und viel Spaß. Ich beschließe keine Sekunde etwas für die Schule zu machen oder über irgendetwas Ernstes nachzudenken. Jetzt wird abgeschalten! Mehr als glücklich verlassen wir drei das Schulgebäude. Maxwell und Roxy verabschieden sich ehe wir zur unserem Auto laufen. Ich bin voller Euphorie und Vorfreude. Wir machen alle Fenster auf und ahmen die Cabrio Atmosphäre in unserem Geländewagen nach. Die Fahrt zum Flughafen genießen wir in vollen Zügen. Dann parken wir und laufen in den LAX Flughafen rein. Roxy schreibt Rose auf WhatsApp, das wir da sind und auf sie warten. Rose war ganze sechs Wochen in London bei ihrer Familie und ihrer besten Freundin Olivia. Mein Dad war die ersten zwei Wochen dabei und meinte dann frühzeitig Heim fahren zu wollen, da es ihm zu anstrengend mit Rose und Olivia im Doppelpack wurde. Rose ihrerseits meinte noch eine auf die fünf geplanten Wochen drauf zu legen und jetzt holen wir sie also nach ihrem langen regnerischen Urlaub in England im sonnigen L.A ab. Pünktlich zu Roses Ankunft stellen wir uns vor den Ausgang der Gepäckausgabe. Und dann nach einigen Minuten warten sehen wir Rose auch schon.

Doch sie ist nicht allein.

„Wer ist das?" frage ich Roxy mit hochgezogenen Augenbrauen. Neben Rose steht ein Junge in unserem Alter. Er trägt abgewälzte dunkle Jeans und ein weißes Shirt mit einer Lederjacke darüber. Lässig verlagert er sein Gewicht auf ein Bein und stützt sich auf seinem Carry On ab. Seine dunklen Haare fallen ihm ins kantige Gesicht.

„Das ist Olivias Sohn, Henri." Antwortet Roxy mit ebenfalls hochgezogenen Augenbrauen.

Henri wirft uns ein schiefes Lächeln zu.


Am Sonntagmorgen werde ich von Roses Stimme geweckt, die nach mir ruft. Irgendwie merke ich jetzt gerade, dass ich sie vermisst habe. „Ich komme" rufe ich zurück. Ich habe zwar nicht verstanden, was sie nach meinem Namen noch gesagt hat aber ich nehme an, dass sie mich zum Frühstück ruft. Ich werfe die Decke von mir runter und schlüpfe aus dem Bett. Im Bad wasche ich mein Gesicht mit eiskaltem Wasser und benutze etwas Deo. Wahrscheinlich wird Henri jetzt mit uns frühstücken. Gestern am Flughafen waren Roxy und ich ganz schön baff, als wir erfuhren, dass Henri den Sommer bei uns verbringen wird. Nicht dass es uns stören würde, es hat uns einfach sehr überrascht. Man bekommt nicht immer Besuch aus London – und das den gesamten Sommer über. Ich werde mir nichts vor machen: Henri sieht sehr gut aus und ist charmant. Sehr charmant sogar, meinen Dad hat er in London dermaßen um den Finger gewickelt, dass er ganz aus dem Häuschen war als er Henri sah. Die Entscheidung, dass Henri den Sommer bei uns verbringt, wäre so spontan gefallen, dass Rose beschlossen hätte eine Überraschung daraus zu machen. Wie gesagt, Roxy und ich waren baff. Rose und mein Dad scheinen regelrecht vernarrt nach Henri zu sein. Ich verstehe nicht, wie er das macht. Er läuft ganz und gar nicht rum wie die Jungs, die unsere Eltern sonst mögen. Henri trägt seine Haare wild und zerzaust, seine Klamotten sind eher rockig und sein Auftreten extrem Selbstverliebt. Es muss sein Charme sein, der ihn so beliebt macht. Mir kommt er irgendwie manipulativ vor. Es scheint mir, als würde er von seinem Gegenüber immer genau das bekommen, was er will, das kann ja wohl kaum mit rechten Dingen vor sich gehen. Der Aston Martin DXYZ gehört natürlich ihm. Rose hat Henris Mum Olivia überredet, ihn verschiffen zu lassen: So viel zur spontanen Entscheidung über Henris Sommer in L.A.

Roxy und ich vermuten, dass Rose keine Lust auf Diskussionen mit Roxy hatte. Zugegeben Roxy kann zickig werden, aber irgendwie sollten wir doch auch ein Recht darüber haben zu wissen mit wem wir den Sommer verbringen wollen. Jedenfalls ist schon einmal klar, dass wir Henri diesen Sommer näher kennen lernen werden. Roxy kennt Henri von ihren Ferien in London. Jedoch hat sie ihn da immer nur ein zwei Mal gesehen. Ich bin also die Einzige in diesem Haus, für die Henri ein Fremder ist. Oder wenn man es anders herum sieht. Ich bin die Einzige Fremde für Henri, hier in diesem Haus. Gestern Abend haben Roxy und ich uns mit Tee in mein Zimmer gesetzt und über die ganze Sache gesprochen. Dabei haben wir recht laut Musik spielen lassen und haben selbst so leise gesprochen, dass wir uns mehrmals wiederholen mussten – denn Henri hat das Gästezimmer neben mir bekommen, und wir trauen den Wänden nicht. Manchmal, wenn Roxy und ich zu faul sind unterhalten wir uns einfach durch die Wand hindurch. Ich teile mir jetzt also die eine Wand mit Roxy und die andere mit Henri. Roxy und ich sind uns einig, dass wir Henri in die Gruppe einschließen möchten. Maxwell wird Henri allein wegen seinem Wagen schon mögen und wir müssen ja so oder so mit ihm klar kommen. Wir wollen ihm heute also vorschlagen, denn Tag mit uns zu verbringen. Ganz schön viele Veränderungen denke ich mir. Gedanken versunken bürste ich mir die Haare, ziehe meinen Morgenmantel an und mache mich dann auf den Weg in die Küche.

„Morgenröte", die tiefe Stimme hinter mir lässt mich auf der Treppe rumfahren. Es ist Henri der mich verwandt angrinst. Ich blicke ihm mit großen Augen entgegen. „Wie bitte?" sage ich. Ich versuche zwar empört zu klingen, aber ich muss wohl eher verwirrt klingen – also genau so wie ich mich fühle.

„Dein Name, du wirst im gerecht" erklärt er während er an mir vorbei die Treppe hinunter geht.

Dann ist er weg.

Was war das gerade? Was meint er denn damit? Morgenröte, dass ist die Bedeutung meines Namens aber in wie fern werde ich dieser Bedeutung gerecht? War das ein Kompliment? Oder vielleicht sogar eine Beleidigung? Ich bin einfach nur verwirrt und möchte wissen, wie er es gemeint hat. Ich stehe noch eine ganze Weile so auf der Treppe, ehe mir einfällt das er ja bereits in der Küche ist und sich fragen muss, wieso ich noch nicht da bin. Wahrscheinlich denkt er, ich stehe einfach so auf der Treppe herum weil er mich so aus der Bahn geworfen hat. Du meine Güte! Genau das tue ich doch gerade. Wie aus Schreck stürme ich die Treppe runter, richte meine Haare und laufe dann in die Küche. Der Geruch von Pancakes überwältigt mich. Zu gerne würde ich nun Pancakes essen, aber ich weiß ganz genau, dass ich mittags davon einen enormen Heißhunger bekomme und sie unendlich viele Kalorien haben. Also lasse ich es. Ich begrüße die anderen, dabei tue ich so als würde ich Henri an diesem Morgen zum ersten Mal sehen. Ich lasse Rose wissen, dass es schön ist sie wieder hier zu haben und nehme mir einen Müsliriegel und etwas Obst. Dann unterhalte ich mich mit Dad und Roxy. Dabei versuche ich möglichst nicht zu Henri rüber zu sehen. Herni redet gerade mit Rose. Ich bin geschockt, wie oft Rose lachen muss. Rose lacht eigentlich nie. Sie ist stocksteif und wirkt eigentlich wie die First Lady höchst persönlich. Aber als ich jetzt zu ihr rüber schaue wirkt sie zehn Jahre jünger. Mindestens. „Unglaublich, oder?" flüstert mir Roxy zu. Sie sitzt zwischen mir und meinem Dad, der sich inzwischen von uns ab-, und zu Rose und Henri zugewendet hat. Ich schlinge mein Frühstück regelrecht runter und verabschiede mich dann zum Joggen. Jetzt muss ich erst einmal den Kopf frei bekommen. Die ganzen Veränderungen werden mir langsam zu viel. Erst zieht Roxy zu mir. Was ja toll ist, nur wird es so schwierig mal eine Auszeit von Dad zu bekommen. Früher konnte ich einfach zu Roxy rüber wenn Dad mir auf den Geist gegangen ist. Jetzt wo Roxy bei mir wohnt fällt dieser Fluchtpunkt weg. Dann kommt dieser verdammte Brite zu uns. Und jetzt sind unsere Eltern auch noch so verzaubert von dem, dass sie sich wie Teenager aufführen. Wo soll das denn hinführen? So schnell ich kann laufe ich hoch. Ich binde meine Haare zusammen und ziehe mir meine Sportklamotten an. Dann sprinte ich runter, die anderen sind noch am Frühstücken. Ich ziehe meine Schuhe an und laufe los. Ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken anzuhalten, laufe ich. Erst nur ganz langsam, doch desto mehr ich in das Gefühl von der Geschwindigkeit hineinfalle, desto schneller werde ich. Jegliche Gedanken lösen sich auf. Ich spüre nur noch meinen Atem. Bemerke nur noch das pochen in meinen Schenkeln. Sehe nur noch alles an mir vorbei blitzen.

Funkstille.

Der Sonntagmorgen vergeht fliegend. Nachdem ich vom Joggen Heim gekommen bin, war ich ganz verblüfft darüber, dass ich ganze anderthalb Stunden unterwegs gewesen bin. Am liebsten wäre ich noch weiter gelaufen, aber irgendwann fingen meine Beine an zu rebellieren. Jetzt sitze ich mit einer großen Wasserflasche am Poolrand und lasse meine Beine ins Wasser baumeln. Roxy liegt auf einer Liege nicht weit weg von mir und sonnt sich. Dad war schon seine täglichen Bahnen schwimmen und Rose hat sich ganz kurz im Pool abgekühlt. Henri scheint nichts von Abkühlung zu halten. Denn er war noch keine Sekunde im Pool oder hat mit einem Wort erwähnt, dass er rein möchte. Eigentlich verbringt Roxy die Sonntagebei Maxwell in Malibu und ich lerne und lese Bücher. Heute ist Maxwell aber bei uns. Roxy wollte Henri nicht zu den Hughes' bringen. Sie meinte sie würde Maxwells Eltern, Jake und Lizza, nicht als Teenager – also in Henris Gegenwart - ertragen. Jetzt sind also Henri und Maxwell eine Tour mit dem DBXY fahren. Erst ist Henri gefahren, und dann durfte Maxwell tatsächlich fahren. Gestern Abend habe ich gegoogelt, wie viel ein Aston Martin kostet. Meine Suche war zwar nicht so präzise, weil ich mir bis heute nicht den Namen vom Modell merken kann, aber es reicht mir zu wissen, das Aston Martin eine verdammt teure Marke ist. Mit dem Geld, das Henris Auto wahrscheinlich gekostet hat kaufen sich andere Leute ein Haus. Gut, ich fahre ein G-Klasse und sollte vermutlich gar nicht so denken, aber die gehört mir ja schließlich nicht. Außerdem teile ich sie mir mit Roxy bis unsere Mini Coopers fertig sind. Ich beschließe dieses Thema abzuhaken und stattdessen in den Pool zu springen. Also stehe ich auf und nehme mir einen der Schwimmreifen. Ich werfe ihn mitten auf den Pool und springe dann selbst ins kühle Wasser. Dann schwimme ich zum Ring und klettere von unten in die Mitte hinein. Ich liege da und entspanne mich. Dann höre ich den Motor. Toll, die Jungs sind also von ihrer zweiten Spritztour zurück. Maxwell stört mich ja nicht, aber Henris Anwesenheit macht mich regelrecht nervös. Ständig rätsle ich darüber, ob das vorhin Kompliment war, oder eine Beleidigung. Als ich leise Henri und Maxwell im Hintergrund höre springe ich ins Wasser, da ich mir nicht sicher bin wie wir zueinander stehen. Eine Bemerkung zu meinem Körper würde ich nicht überleben. Maxwell tritt als erster in mein Sichtfeld. Er strahlt über beide Ohren und läuft zielstrebig auf Roxy zu. Mich grüßt er im Vorbeilaufen. Dann sehe ich Henri. Er trägt heute Shorts, die aussehen, als hätte man einer Jogginghose den Teil an den Waden abgeschnitten und ein graues Shirt. Er grinst mich an, läuft auf mich zu und setzt sich dann ausgerechnet auf den Liegestuhl genau vor mir. Ich kann nicht anders als ihm entgegen zu starren. Er lächelt komplett selbstbewusst. Was ist denn los bei dem?

„Maxwell lädt Roxy zu sich ein. Wir sind dann also alleine" setzt Henri an. In seinem Gesicht spiegelt sich nichts als Selbstvertrauen. Ich frage mich, worauf er hinaus will. Ja wir wären dann alleine hier. Mein Dad und Rose sind vor einer Stunde mit unseren Nachbarn zu einem Pferderennen. Das könnte eine ganze Weile dauern. Vielleicht denkt Henri, es würde langweilig werden hier alleine mit mir zuhause. Oder vielleicht wird er jetzt fragen ob ich nicht ganz alleine bleiben kann, weil er lieber sonst etwas macht. Ich möchte nicht fragen, wie er das meint also sage ich einfach nur „Sieht ganz so aus", ich werfe ihm ein Lächeln zu. Dabei versuche ich so selbstbewusst wie er zu wirken. Aber ich meine es sieht eher verlegen aus. Seine Mundwinkel wandern weiter nach oben. Mir wird die Situation unangenehm.

„Ich geh dann mal duschen" sage ich in die Runde. Dann stemme ich mich so elegant es geht am Poolrand hoch und schnappe mir in Windeseile mein Handtuch von der Liege neben Henri. Er beobachtet meine Hand, und ich bin froh, dass er den Anstand besitzt mir nicht auf den Körper zu glotzen. Seit der Bemerkung heute fühle ich mich unsicher. Außerdem sah ich heute im Spiegel so dick aus. Auch wenn die Waage sagt, dass ich abgenommen habe.

Oben schließe ich meine Zimmertür ab ehe ich mich auf den Weg ins Bad mache. Ich bin nach dem Joggen direkt an den Pool und war deswegen heute noch nicht unter der Dusche. Jetzt werfe ich meinen Bikini und das Handtuch in den Wäschekorb und stelle mich unter die heiße Dusche. Henri hat mir jetzt schon das zweite Rätsel aufgebuckelt. Was will er denn damit sagen? „Wir sind dann also alleine". Ich lasse mir das heiße Wasser über den Körper laufen und sinniere über Henri und seine Worte. Seit seiner Ankunft hat er nicht viel mit mir geredet. Gestern waren es nur herkömmliche Geschichten. Er hat gefragt wie alt ich bin, in welche Klasse ich gehe. Solche Fragen eben. Natürlich hat er auch fleißig die jeweilige Gegenfrage beantwortet. Er ist 19 und hat dieses Jahr auf einem Internat in London seinen Abschluss gemacht. Aber heute? Das waren keine Fragen. Im Grunde genommen haben wir heute vier Sätze miteinander getauscht, wenn man meinen Part jeweils als Satz zählt. Und jetzt stehe ich hier unter der Dusche und denke darüber nach? Ich schüttle den Kopf, als könnte ich damit verhindern, dass ich darüber nachdenke. Ich werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand. Erschreckt bemerke ich, dass ich schon viel zu lange hier im Bad bin, dabei wollte ich mich noch fertig machen und Henri nicht allzu lange warten lassen, Naja, falls er natürlich auf mich wartet und nicht irgendwohin ist. Ich hab mich ja nicht getraut zu fragen, wie er das meinte. Zügig steige ich aus der Dusche, föhne meine Haare, tusche meine Wimpern und benutze Lipgloss. Danach verlasse ich das Bad und ziehe mich in meinem Zimmer an. Ich entscheide mich für ein helles blau-graues Seidenkleid mit Spaghettiträgern, weil die momentan in sind. Dazu trage ich meine Haare in einem Dutt und ziehe Sneakers an. Im Spiegel kontrolliere ich, ob mein Outfit nicht zu opulent für einen Sonntagnachmittag mit Rose Patenkind wirkt. Dann benutze ich einen sommerlichen, blumigen Duft und mache mich auf den Weg nach unten. Unten kann ich niemanden finden, also schreibe ich Roxy eine Nachricht aufs Handy: Kann nicht fassen, dass ihr mich alleine mit dem Britten lasst.

Dann beschließe ich, bei Henri am Zimmer zu klopfen. Ich husche die Treppe hoch und bleibe eine ganze Weile vor Henris Tür stehen. Ich beiße mir auf die Lippen und frage mich, ob ich nicht doch lieber unten warten sollte? Ich klopfe.

„Komm rein" ruft Henri aus dem Zimmer heraus. Sein Akzent klingt gar nicht so schlecht. Ich öffne die Tür einen Spalt, so dass ich hineinschauen kann. Er sitzt mit einem Buch auf dem Sessel in der einen Ecke seines Zimmers. Als er mich sieht legt er das Buch zur Seite und schaut mir einfach nur entgegen. „Ehm, ich wollte dir nur sagen, dass ich aus dem Bad raus bin" sage ich. Unweigerlich schleichen sich wieder zehntausend Fragen bei mir ein. Was wenn es ihn gar nicht interessiert und er sich jetzt denkt ich bin ein komisches nerviges Mädchen. Zu meiner Überraschung wirft er mir ein strahlendes Lächeln zu, steht auf und läuft auf mich zu

„Gut, lass uns gehen"

Continue Reading

You'll Also Like

391K 15.1K 53
BEARS- HOCKEY REIHE BUCH 1 Lilian Mills- 25, Hochzeitsplanerin und wunschlos glücklich. Mason Cooper- 26, professioneller Eishockey Spieler und verl...
539K 12.6K 67
Eine Lesung am College machte Cecilia Russo auf eine der größten Drogenmafien der Welt aufmerksam. Den italienischen Camorra. Sie ist zielstrebig, ju...
813K 28.2K 52
Was passiert wenn man mit seinen jungen 19 Jahren aus der eigenen Familie gerissen wird? Alissa ist ein ruhiges Mädchen und kommt aus schlechten fam...
934K 22.3K 70
Gina ist 17 Jahre alt. Sie wollte nie umziehen, doch nachdem ihr bester Freund sie von jetzt auf gleich alleine gelassen hatte, wollte sie nur noch w...