Optimisten werden immer zuers...

By ElliElzbett

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Cornelius ist ein Pessimist aus Leidenschaft. Er lebt nach einer einfachen Regel: Erwarte nichts vom Leben, d... More

Von Schicksal, Blondinen und Doppeldates
Das Löckchen ist des Blondie sein Freund
Das Highlight
Die himmlische Versuchung der Schokolade
Pessimisten werden nicht enttäuscht
Über das Geboren worden sein
Ein Hoch auf die Freundschaft
Von Katern, Bloody Marys und Kellnern
Das Schiff sinkt sowieso
Eine Katastrophe kommt selten allein
-Mein Müll-
Aus diesem Winkel ist alles nur noch halb so beschissen
Familie ist das Größte
Die trügerische Verlockung des Alkohols
Mit dem falschen Fuß voran ins Leben
Wenn das Gefüge der Welt ins Wanken gerät
Was die Liebe einfängt lässt das Herz nicht mehr los
Sterbende Hoffnung nennt sich Verzweiflung
Wenn Eis an seine Grenzen stößt
Weil Mauern nicht schützen sondern trennen
Abschied nehmen bedeutet immer ein wenig sterben - Teil 1.
Abschied nehmen bedeutete immer ein wenig sterben - Teil 2
Neuanfang?
Träume altern nicht, du schon
Von der Angst vorm glücklich sein
Der schönste Tag im Leben eines Sammys
Wenn Träume Realität werden
Pessimisten erobern die Welt
Bonus

Jeder hat sein Päckchen zu tragen

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By ElliElzbett

Tim Bach. Der wohl einfältigste und unkreativste Name seit dem Anbeginn der Namensgebung.  Und wie es schien eine recht beliebte Namenskombination. Hätte Löckchen mir nicht den Namen der Kanzlei gegeben, in der Blondie arbeitete, würde ich mich immer noch durch die Gelben Seiten wühlen.

Ich hatte Blondie immer für etwas dümmlich, wenn nicht sogar ziemlich beschränkt gehalten und es war mir bisher ein Rätsel gewesen, wie dieser Mann ein Jurastudium hatte absolviert können. Doch als er dann mit dem teuren Anzug, der schwarzen Ledertasche und eleganten Schritten durch das Foyer dieser Nobel Kanzlei lief, fragte ich mich, ob er vielleicht nur in Sammys Gegenwart so blond wirkte. Vielleicht machte Liebe ja tatsächlich dumm. Ich glaubte kaum, dass ich das dachte, aber in dieser Umgebung und in diesem Aufzug strahlte er fast schon so etwas wie Autorität und Kompetenz aus.  Ich entdeckte ganz neue Seiten an ihm.

Mein lauter Pfiff hallte an der hohen Decke des hell gehaltenen Eingangsbereiches wieder. Ich wartete bereits seit einer viertel Stunde darauf, dass der werte Herr endlich Mittag machte. Die Empfangsdame hatte sich schlichtweg geweigert, mich nach oben in die Kanzlei zu lassen und auch für einen Anruf im entsprechenden Büro war sie anscheinend zu beschäftigt. Die Stifte der Größe nach zu sortieren, war aber auch nun wirklich eine extrem wichtige Aufgabe, da verstand ich natürlich, dass sie sich da nicht auch noch mit meinen Anliegen rumschlagen konnte.
Ich wusste nicht, was an meiner löchrigen Jeans und meinem knittrigen Shirt so schlimm zu sein schien, aber sie hatte mich gemusterte, als wäre ich ein potenzieller Attentäter, dabei hatte ich noch nicht einmal einen Rucksack dabei.

Blondie blieb, von meinem Pfiff aus seinen Gedanken gerissen, stehen und blickte sich verwirrt um. Auch die etwa zwanzig restlichen Personen, die sich in der Eingangshalle befanden, sahen mich irritiert an.
„Blondie, ich muss mit dir reden!", rief ich, als er mich endlich erblickt hatte.
­_

Das Café, das er ausgesucht hatte, lag nicht weit von der Kanzlei entfernt. Sie boten neben Kaffee und Tee auch kleinere Speisen an, doch uns beiden war nicht wirklich nach essen zumute. Es war das erste Mal, dass wir zwei nur unter uns waren, sonst wuselte wenigsten noch ein Sammy herum, der eine eventuell auftretende komische Stimmung hätte auflockern können.

„Ich denke du weiß, dass das hier kein Besuch aus reiner Nettigkeit ist." Er nickte. In der Luft hing der penetrante Geruch nach gerösteten Kaffeebohnen. Ich war schon immer mehr der Teeliebhaber gewesen.

„Wie geht es ihm?", fragte er und blickte von seiner Kaffeetasse auf. Die Dame hinter dem Tresen besaß diese krassen Kaffee-Schaum-Zeichen-Künste. Auf der beigen Schaum Krone seines Cappuccinos thronte ein dunkleres Spinnennetzmuster. Verdammt kreativ.

Ich zuckte mit den Schultern. „Beschissen." Ich musterte ihn, er ließ keine Gefühlsregung zu. Ganz der knallharte Anwalt, den ich mir erst seit vorhin an ihm vorstellen konnte.

„Was ist zwischen euch vorgefallen an diesem Abend?" Jetzt schien er doch ein wenig überrascht.
„Er hat es dir nicht erzählt?" Er nahm einen Schluck aus seiner Tasse, der kunstvoll verzierte Schaum blieb an seiner Oberlippe hängen. Er leckte sich über die Lippen. Es sah in keinster Weise auch nur annähern erotisch aus, sondern eher wie eine sabbernde, schmatzende Dogge, die sich mit ihrer monströsen Zunge einmal quer durchs Gesicht leckte. Mehr oder weniger. 

„Er hat die Woche über nicht viel mit mir geredet." Ich konnte mich täuschen, aber es hatte ausgesehen, als sei der leise Anflug eines spöttischen Lächelns über sein Gesicht gehuscht. Fand er das etwa lustig? Einatmen, ausatmen. Ich werde ihn nicht schlagen, wiederholte ich wie ein Mantra in meinem Kopf. Ich wusste, dass nur ein klärendes Gespräch diese verzwickte Situation klären konnte.

„Wir haben uns gestritten." Allerdings konnten so ein paar leichte Schläge auf den Hinterkopf bestimmt nicht schaden. Natürlich nur, damit er endlich etwas gesprächiger wurde.

„Sag bloß!" rief ich gespielt erstaunt. „Erzähl mir was Neues! Zum Beispiel weshalb ihr euch gestritten habt." Ich sah ihn auffordernd an, er seufzte. 

„Ich liebe Sammy, wirklich. Deshalb war ich dumm genug anzunehmen er bräuchte einfach nur noch ein wenig mehr Zeit. Aber an diesem Abend, nachdem er mich zum wiederholten Male weggestoßen hat, da hab ich es endlich verstanden." Ich brauchte einen Moment bis mir klar wurde, worauf Blondie gerade anspielte.

„Okay, warte! Ihr habt also noch keinen Sex gehabt?" fragte ich ein wenig zu laut. Einige Menschen an den Nachbartischen sahen mich entsetzte an, auch Blondie schien unangenehm berührt von meiner direkten Art. Meine Güte, wir waren doch alle erwachsene Menschen, und jetzt taten sie so, als hätten sie noch nie etwas dergleichen getan. Ich wollte gar nicht wissen, was bei manch einem von denen im Schlafzimmer abging, wenn die Rollläden erstmal unten waren.

„Ich dachte, er wäre eben noch nicht soweit." Er zuckte leicht mit den Schultern. Sein Gesicht schien verschlossen, doch man merkte ihm an, wie sehr ihn all dies mitnahm.

„Fuck. Ich dachte wirklich er wäre endlich darüber hinweg." Ich fuhr mir über mein Gesicht. Es war besser geworden in letzter Zeit. Und seit er Blondie kannte, war er so glücklich gewesen, da hatte ich es irgendwie vergessen, in der Annahme er hätte dasselbe getan. Dabei wusste ich doch, dass man so etwa nicht vergessen konnte, vor allem nicht Sammy.

„Hör zu Tim, das ist alles nicht Sammys Schuld. Er liebt dich!"

Blondie lachte bitter auf. „Ich bin vielleicht nicht immer der Schnellste, aber irgendwann habe selbst ich es kapiert. Ihr braucht mir nicht länger etwas vorzuspielen. Ich hab euch durchschaut."

„Das hast du?" Ich musste zugeben, dass mich das ziemlich überraschte. Er hatte meine Meinung über sich zwar heute in ein besseres Licht gerückt, aber so viel traute ich ihm dann doch noch nicht zu. „Hat Sammy es dir erzählt?" fragte ich deshalb nach.

Er schnaubte. „Das brauchte er gar nicht. Es war mehr als offensichtlich was dazwischen euch läuft. Ich meine, irgendwie  verstehe ich es ja auch, du warst sein persönlicher Held in seiner Kinderzeit, hast ihn beschützt und auf ihn aufgepasst. Da können schnell Gefühle einstehen..."

„Warte! Wovon zum Teufel redest du?" Ich sah ihn verständnislos an.

„Das Sammy verliebt ist in Dich!" Einen Moment lang starrte ich ihn einfach nur an, musste seine Worte erst einmal realisieren. Mein rechter Mundwinkel zuckte, dann brach es aus mir raus. Ich lachte, konnte mich kaum noch halten, meine Augen begannen bereits zu tränen. Blondie verzog keine Miene.

„Das kannst du nicht ernst meinen!" brachte ich schließlich hervor und wischte mir die Lachtränen weg. „Sammy ist die einzige Familie, die ich noch besitze. Und ich liebe ihn, von ganzem Herzen, wie einen Bruder. Wir haben eine enge Beziehung zueinander, aber sie war, ist und wird immer platonisch sein. Und zwar von beiden Seiten aus! Sammy liebt mich, aber er ist verliebt in dich!" Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, blickte ich ihm direkt in die Augen. Blau. Wie der Ozean. Ganz hübsch, wenn man auf blaue Augen stand. Ich bevorzugte Braun.

„Aber... Was ist dann der Grund, das er mich immer wieder von sich stößt? Er verbirgt etwas vor mir, das spüre ich." Er verschränkte die Arme vor der Brust, zog die Augenbrauen zusammen. Er erinnerte mich ein wenig an ein bockiges Kind, das seinen Spinat nicht essen wollte.

„Es ist eigentlich nicht meine Aufgabe dir das zu erzählen..."
„Bitte! Cornelius. Ich will Sammy nicht verlieren, aber ich muss wissen was da zwischen uns steht."

In seinen Augen stand die Verzweiflung. Ich glaubte es kaum, aber ich hatte tatsächlich Mitleid! Mit Blondie! Langsam war mir nicht mehr zu helfen.

Ich blickte auf die Tischplatte, folgte mit den Augen den geschwungenen Maserungen des Holzes. Sammy wäre aufgebracht würde ich es Blondie erzählen, andererseits wusste ich, dass er dieses freudestrahlende Funkeln in seinen Augen nicht so schnell wiederbekommen würde, wenn ich die beiden nicht bald wieder vereinte.

„Na gut." Ich blickte in sein Gesicht. Ein dankbares Lächeln lag auf seinen Lippen. Ich atmete einmal tief durch, ich musste mich sammeln, mir meine nächsten Worte gut zurechtlegen.

„Sammy und ich sind seit dem Kindergarten beste Freunde, wie du schon weißt. Wir waren immer unzertrennlich und ich habe es immer als meine persönliche Aufgabe angesehen, ihn zu beschützen. Das tue ich immer noch. Aber es gab eine Zeit in meinem Leben, da konnte ich nicht für Sammy da sein. Ich hatte mit meinen eigenen Dämonen zu kämpfen, in dieser Zeit hatten wir keinen Kontakt. Daher hatte er niemand der auf ihn aufpasst. Das ich ihn damals alleine gelassen habe, das ist rückblickend die schlimmste Entscheidung gewesen, die ich je getroffen habe und es gibt keinen Tag an dem ich sie nicht bereue." Ich merkte wie schwer es mir fiel darüber zu reden und dabei war es nicht mal meine Geschichte, sondern die von Sammy. Ich wusste nur zu genau, wie schwer es für ihn war, sie zu erzählen. So schwer, dass er es bisher nur einmal geschafft hatte.

„Eines Tages, ich war schon ein paar Monate gegangen, da traf er diesen Typen. Janis nannte er sich. Er war schon neunundzwanzig und Sammy gerade erst sechzehn geworden." Blondie verzog das Gesicht missbilligend. Verständlich.
Ich spürte wie diese eiskalte Hand mein Herz umgriff, wie jedes Mal, wenn ich daran dachte, dass all dies hätte verhindert werden können, wäre ich damals nicht so egoistisch gewesen.

„Er schien zuerst wohl ganz nett. Doch, später..." Ich schluckte. „Er hat Sammy schreckliche, unaussprechliche Dinge angetan. Er hat ihn gezwungen abscheuliche Sachen zu tun. Sammy war furchtbar verliebt gewesen in dieses Arschloch und er hat ihn einfach rücksichtslos ausgenutzt. Benutzt um seine eigenen Bedürfnisse zu stillen. Dieses Schwein hat Sammy komplett zerstört." Ich atmete einmal tief durch, meine Stimme zitterte leicht. „Wäre er damals nicht für eine andere Straftat in den Bau gewandert... Ich will nicht wissen, wie es ausgegangen wäre." Einige Augenblicke war es still an unserem kleinen runden Tisch. Das monotone Murren der anderen Gäste und das gelegentliche Klappern von Geschirr, ergaben eine Geräuschkulisse, in der man zu leicht versinken konnte.

„Wie hast du es herausgefunden?"

Ich schnaubte. Weniger wegen der Frage, als wegen der Antwort.

„Vor einigen Jahren, stand dieser Janis plötzlich vor unserer Tür. Laberte irgendwas von wegen er hätte sich geändert, wäre nun in Therapie und trocken geworden. Es behauptete es würde ihm alles so leidtun." Ich spürte wie die Wut immer weiter in mir hoch kroch. Wie sehr ich es doch bereute ihm damals nicht einfach direkt eine verpasst zu haben. „Ich hab ihm die Tür vor der Nase zugeknallt, mir den vor Angst zitternden Sammy geschnappt und solange auf ihn eingeredet, bis er mir alles erzählt hat. Wirklich alles." Vor meinen Augen zogen die Bilder von damals vorbei, während ich in die Leere starrte. „Ich weiß nicht, ob er es mir jemals erzählt hätte, wäre diese Missgeburt nicht plötzlich bei uns aufgetaucht."

Blondie nickte langsam. Ich sah förmlich wie die Zahnräder hinter seiner Stirn sich bewegten. Er war dabei all diese Informationen zu verarbeiten. 

Plötzlich griff er in seine Hosentasche, legte einen fünfzig Euroschein auf den Tisch und stand auf. Verwirrt blickte ich von seinem gänzlich überzogenen Trinkgeld zu ihm hoch. Er war dabei sich seine Anzugjacke wieder anzuziehen.

„Wo willst du hin?"

„Wohin wohl? Zurück ins Büro." Erwiderte er und griff nach seiner Aktentasche. Ungläubig sah ich ihm dabei zu. Ob es wohl schon zu spät war, ihm eine reinzuhauen?

„Ich muss mich krank melden. Danach werde ich meinen rosahaarigen Schatz endlich wieder in die Arme schließen und nie wieder los lassen." Mit entschlossenen Schritten verließ er das Café. Ich lächelte. Wurde ja auch Zeit.

_____

„Gib mir mal den 12er Schraubenschlüssel, bitte." Wies Löckchen mich an, sein Kopf steckte in den Ruinen meiner früheren Bar. Ich hatte keine Ahnung, was er da unter rum schraubte, ich wusste nur, das ich von hier den perfekten Ausblick auf seinen Hintern hatte, der zugegebenermaßen, in seiner Arbeitshose verdammt gut aussah.

Wahrlos griff ich in den Werkzeugkasten und reichte ihm irgendeinen beliebigen Schraubenschlüssel.

„Das ist ein 15er! Ich wollte den 12er." Erklang seine Stimme erneut gedämpft, irgendwie war es ja schon heiß, dass er dieses ganze Handwerkerzeugs konnte. Traute man ihm auf den ersten Blick nicht wirklich zu.

„Oh natürlich! Welch' ein unentschuldbarer Fehler! Wie konnte das den nur passieren?" erwiderte ich und vermutete, das er den leichten Anflug von Sarkasmus vernommen hatte. Ich reichte ihm einen anderen Schraubenschlüssel auf dem eine kleine 12 schimmerte.
„So bezahlst du also deine Retter in der Not? Mit Sarkasmus und Spott?" Er werkelte weiter, irgendetwas klapperte.

„Die Ironie ist leider leer. Aber wenn du willst, ich hab hinten im Lager noch etwas Zynismus rumliegen." Grinste ich. Er lachte. Für einen Moment herrschte harmonische Stille zwischen uns. Bis die Tür aufging und die viel zu laute und viel zu fröhliche Stimme meines ältesten Kellners durch den Laden tönte. „Hallo! Jemand zuhause?"

Löckchen erschreckte sich anscheinend, ich hörte nur den Knall des dumpfen Aufpralles, gefolgt von einem gepressten „Fuck!". Wild sich den Kopf reibend kroch er ans Tageslicht. Ich war unterdessen aufgestanden und blickte den Eindringling über den halb zerstörten Tresen an. „Was machst du denn hier? Ich hab euch doch übers Wochenende freigegeben." Fragte ich Jan, der mit zwei Pappbechern in den Händen auf mich zu marschierte.
„Darf man seinem Lieblingschef etwa keinen spontanen Besuch abstatten?" Er wackelte mit dem Becher in seiner linken Hand vor meinem Gesicht rum. Hoffentlich verschüttete er nichts, es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert alles wieder halbwegs sauber zu bekommen.
„Schwarzer Tee?" Der himmlischste Geruch stieg mir in die Nase.
„Extra stark, ohne Zucker, mit einem Spritzer Milch. So wie du ihn gern hast." Er grinste stolz.

„Ich liebe dich!", rief ich überschwänglich und riss ihm den Becher aus der Hand. Einen kleinen Schluck schwappte dabei aus dem Becher und verteilte sich auf dem Tresen. Das hat niemand gesehen!

„Ich weiß." Er grinste immer noch und langsam bekam ich Angst, dass dieser Ausdruck in seinem Gesicht festwachsen würde.

Jemand räusperte sich neben mir. Löckchen hatte sich anscheinend von seiner Karambolage mit dem Tresen erholt. Er blickte ziemlich finster zwischen Jan und mir hin und her.

Der heiße Tee hinterließ dieses warme Kribbeln im Bauch, das ich so sehr liebte.

„Jan, das ist Alex, ein Freund von mir, der mir mit den Reparaturen hilft. Löckchen, das ist Jan, einer meiner Angestellten." Beide nickten, Jan lächelte freundlich.

„Tut mir Leid, hätte ich gewusst, dass noch jemand hier ist hätte ich noch einen Kaffee mitgebracht." Entschuldigte sich Jan. Löckchen zuckt nur die Schultern, murmelte irgendetwas wie „Passt schon." in seinen imaginären Bart.

„Du kannst was von mir haben." Bot ich ihm an, da ich heute anscheinend meinen sozialen Tag hatte. Auffordernd hielt ich ihm meinen Becher hin. Er musterte diesen, als würde ich ihm gerade eine scharfe Bombe überreichen wollen.
„Tu es nicht! Von dem Zeug wird man blind, ich sag es dir." Riet Jan ihm, Löckchen zögerte weiterhin.
„Kulturbanausen. Wissen einen ordentlichen Tee nicht zu schätzen!", schnaubte ich und trank selber aus meinem Becher. Wer nicht will, der hat schon.

„Wie weit seid ihr den schon gekommen?" fragte Jan in den Moment der Stille hinein und sah sich im Laden um. Wir hatte schon viel geschafft, seit dem wir am Mittag mit unserer Arbeit begonnen hatten, doch für ihn war unserer Leistung nur schwer zu erkennen, immerhin hatte er das Chaos zuvor nicht gesehen.

„Wir haben erstmal den Dreck, die ganzen Scherben und Splitter weggemacht und anschließend die demolierten Tische und Stühle aussortiert. Die Bestellung mit den neuen Möbel ist auch schon raus, die werden Montag geliefert." Ich war doch überrascht, dass nicht ganz so viele Möbelstücke kaputt waren wie zuerst angenommen. „Gerade waren wir dabei an der Bar rumzuschrauben." Jan schien ein wenig irritiert, doch eine bessere Wiedergabe war leider nicht möglich aufgrund meines mangelnden Handwerker-Fachausdruck-Wissens.

Löckchen schüttelte amüsiert den Kopf neben mir. „Ich war dabei die Spüle und die Rohre abzumontieren. Die sind noch weitestgehend intakt, deshalb kann ich sie in der neuen Bar wiederverwenden." Jan nickte und hatte einen wissenden Blick aufgesetzt, also entweder er verstand, oder er war seit neuestem zu einem dieser schrecklichen Wackeldackel mutiert, die sich irgendwelche völlig bekloppten Menschen freiwillig ins Auto stellten.

„Hab ich doch gesagt." Murrte ich und nahm noch einen Schluck von meinem herben Gebräu.

„Braucht ihr dabei Hilfe?" fragte Jan und sah mich an. Löckchen wirkte wenig begeistert. 

„Ich glaub, das kriegen wir schon hin. Zu dritt steht man sich hinter der Bar sowieso nur im Weg herum." Erwiderte ich und lächelte ihn an. Ich wusste es wirklich zu schätzen, dass er an seinem freien Tag hergekommen war, wo er doch bestimmt noch andere Dinge zu tun hatte.

„Aber wenn du schon hier bist, könntest du vielleicht einen Brief mitnehmen. Für Ramon. Der wohnt doch bei dir in der Gegend, oder?"
„Ja klar, kein Problem."

„Perfekt! Dann komm gleich mit nach hinten ins Büro." Ich nickte in Richtung der dunklen Tür, die an einen kleinen Flur grenzte.

„Ich schraub dann mal weiter.", brummte Löckchen vor sich hin und widmete sich wieder den Schraubenziehern.

„Der ist ja sowas von eifersüchtig!", stieß Jan belustigt aus, kaum dass wir den dunklen Flur betreten hatten.

„Wer?" fragte ich, da meine Denk Leistung momentan wohl eher auf Sparflamme lief. Aber wer konnte es mir verübeln schließlich hatte ich mich heute schon mit einem Versicherungstypen rumgeschlagen, eine Beziehung gerettet und geputzt!  Eigentlich hätte ich einen Orden verdienet.

„Na, wer wohl? Dieser Löckchen oder wie du ihn nennst!"

„Er heißt Alex." Ich wusste nicht woher es kam, doch es störte  mich, dass Jan ihn Löckchen nannte. Löckchen war mein Spitzname für ihn, den er, wie es sich für einen richtigen Spitznamen gehört, nicht leiden konnte, und irgendwie war diese ganze Sache etwas persönliches, etwas nur zwischen ihm und mir.

„Wie auch immer!" fuhr Jan fort. „Wenn Blicke töten könnten, wär ich jetzt toter als Dieter Bohlen."

„Dieter Bohlen lebt noch." Bemerkte ich ungerührt.

„Echt jetzt? Scheiße. Wie alt ist der Mann? Mitteachtzig?"

„Woher soll ich das wissen? Der sieht schon seit 30 Jahren aus wie fünfzig. Manchmal glaub ich, dass der mit diesem, durch Facelifts fest getackerten, Grinsen geboren wurde."
Wir hatten das Büro erreicht, ich kramte in meinem Papierstapel herum.
„So oder so, der Typ steht auf dich!"

„Wer? Dieter Bohlen?" fragte ich geistesabwesend, immer noch in meine Suche vertieft.

„Oh Gott, nein! Ich rede von deinem Handwerkerfreund da draußen!"
„Du spinnst doch." Murrte ich, bevor sich mein Gesicht erhellte, ich einen weißen Briefumschlag emporstreckte und freudig ausrief: „Aha! Da haben wir ihn ja!"

„Was ist da überhaupt drin?"

„Schon mal was von Briefgeheimnis gehört?" Ich verdrehte gespielt die Augen. „Da stehen nur ein paar Sachen über den Arbeitsvertrag drin, welche Unterlagen ich vorher noch brauche und so ein Zeug."

„Gute Entscheidung, den Jungen einzustellen." Ich nickte zustimmend.

„So, dann mach ich mich mal wieder vom Acker. Viel Spaß noch mit deinem Loverboy!" Er zwinkerte mir süffisant zu.

„Du bist schrecklich! Jetzt geh endlich." 

________

Endlich ist raus, warum unser Traumpaar sich zerstritten hat!
Habt ihr damit gerechnet, oder hattet ihr eine vollkommen andere Vermutung?

Seid ihr enttäuscht, dass es keine Schlägerei gab? ( @otakas  du musst es gar nicht erst leugnen! :P)

Was haltet ihr von Löckchens Verhalten Jan gegenüber? Wirkliche Eifersucht oder Stimmungsschwankungen? Obwohl er für die Wechseljahre ja etwas zu jung ist. :D

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