Verschiedene Welten

By HolyPinApple

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Jamie ist bei ihrer Mutter aufgewachsen. Geldprobleme kennt sie nicht, genau so wenig wie ihren Vater. Für si... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41

Kapitel 15

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By HolyPinApple

Am Nachmittag saß ich allein im Garten und starrte nachdenklich auf die glatte Oberfläche des Pools. Lucia war mit einer Freundin zum Shoppen gefahren. Sie hatte zwar lange versucht mich zu überreden mitzukommen, doch ich hatte jetzt wirklich keinen Nerv für so etwas. Erstaunlich, vor ein paar Tagen noch hätten mich Nichts und Niemand davon abgehalten shoppen zu gehen. Doch ich kam mit dieser Geschichte, und mit Rauls Tod, obwohl ich den armen Mann noch niemals gesehen hatte, einfach nicht klar. Was lief hier verdammt nochmal? Ich verstand es einfach nicht und es machte mich so langsam fertig. Ich war erst kurz in Mexiko und schon kam ich überhaupt nicht mehr klar. Ich hatte nicht nur mich selbst in die Scheiße geritten sondern musste nebenher noch mit Morden, Waffen und Gangs fertig werden. Im Vergleich hierzu war mein altes Leben in San Diego total lachhaft gewesen. Dort ging es nur darum zu feiern, einzukaufen und sämtliche Lippenstiftfarben auszuprobieren, die Chanel zu bieten hatte. Außerdem, und das machte mich wirklich verrückt, machte ich mir riesige Sorgen um Chico. Er war ein Arsch und hatte sich mir gegenüber richtig übel verhalten, trotzdem hatte ich unheimliche Angst davor, dass er auch erschossen werden könnte. Ich hatte auch Angst um Miguel, schließlich gehörte er auch zu den La Morenas. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass die Sonne hinter dichten, grauen Wolken verschwunden war. Erst als der erste Tropfen auf meinen Kopf fiel, bemerkte ich den Wetterwechsel. Seufzend stand ich auf und ging ins Haus. Kaum hatte ich die Terrassentür geschlossen goss es auch schon wie aus Eimern. Plötzlich war mir richtig kalt. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und schaute den Regentropfen zu, wie sie auf die Oberfläche des blauen Pools klatschten und der sonst so hellen und warmen Welt Mexikos etwas Trostloses verliehen. Plötzlich fühlte ich mich so allein wie noch nie. Ich vermisste meine Mutter und noch trauriger wurde ich als mir klar wurde, dass sie noch nicht einmal versucht hatte mich zu erreichen seit ich hier war. Ich ging in Lucias Zimmer und kramte einen langärmligen Pullover aus meinem Schrank. Dann griff ich nach meinem Handy, das überhaupt keine Nachrichten anzeigte. Nicht einmal Hannah hatte sich gemeldet. Als die Tür aufgeschlagen wurde zuckte ich zusammen. Lucia trat kichernd ein und schmiss verschiedene Tüten auf den Zimmerboden. Sie war klatschnass und ihre Locken klebten ihr auf dem Kopf.

„Hey Jamie!", rief sie, während sie ihren Kopf schüttelte. Hinter ihr trat eine Dunkelhaarige ein. Auch sie trug etliche Tüten mit sich und sah genauso begossen aus wie Lucia. Das Beeindruckendste an ihr war, dass sie leuchtend grüne Augen hatte. Es passte überhaupt nicht zu ihren dunklen Haaren und dem südländischen Aussehen.

„Hi!", sie winkte mir zu. „Ich bin Becca!"

Ich grinste sie an und reichte zuerst Lucia, dann ihr, ein frisches Handtuch.

„War die Shopping-Tour erfolgreich?", fragte ich obwohl ich die Antwort schon kannte.

„Oh ja! Allerdings!", rief Lucia und kramte in einer dunkelroten Tasche. „Hier! Das hat mich sofort an dich erinnert!"

Sie schmiss eine kleine Schachtel zu mir die ich geschickt auffing. Beinahe hätte ich gejubelt. Eigentlich fing ich nie etwas auf. Ich war in solchen Dingen komplett untalentiert.

„Was ist das?", fragte ich und musterte die Freundin neugierig.

„Machs auf!", Lucia trat näher und beobachtete mich. Ich öffnete die kleine Schachtel und fand einen Anhänger für eine Kette darin. Es waren schwarze Pumps mit roter Sohle. Louboutins!

„Oh Lucia!", rief ich und umarmte sie stürmisch. „Die sind wunderschön."

„Na ich dachte, weil deine echten ja kaputt sind... Du warst so traurig deswegen."

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.", ich war heut sowieso nah am Wasser gebaut und diese kleine, liebevolle Geste trieb mir die Tränen in die Augen.

„Sag einfach: Danke Lucia, du bist die allertollste und allerbeste Freundin auf der Welt!", schlug sie grinsend vor.

„Danke Lucia! Du bist die allertollste und allerbeste Freundin auf der Welt!", wiederholte ich ihre Worte.

„Ich weiß!", flötete sie theatralisch ehe sie die restlichen Tüten leerte um ihre Beute erneut zu begutachten. Becca ließ sich aufs Bett fallen und sah Lucia dabei zu.

„Wie ist die Stimmung hier?", fragte Becca. Ich setzte mich vor das Bett auf den flauschigen Teppich und schaute sie kurz verwundert an. Wusste sie Bescheid?

„Ich habe keine Ahnung. Es ist keiner hier." antwortete ich verwirrt.

„Becca ist Marias Nichte. Sie wohnt drei Häuser weiter mit ihren Eltern und ihren drei Brüdern.", erklärte Lucia schnell während sie ein Halstuch ordentlich zusammen legte.

„Du hast drei Brüder? Du Glückliche!", sagte ich und nahm Lucia eine Bluse ab, welche sie gekauft hatte. „Hübsch!", kommentierte ich das Kleidungsstück.

„Naja... mit drei Brüdern aufzuwachsen ist nicht gerade etwas, was mich glücklich macht.", Becca lachte. Ich beschloss, sie zu mögen. Sie war irgendwie wie ein scheues Reh, aber doch selbstbewusst. Ich kannte Frauen wie sie, sie sahen unschuldig und süß aus, hatten es aber faustdick hinter den Ohren. Becca war wie ich.

„Ich habe mir immer einen großen Bruder gewünscht.", erklärte ich.

„Hast du keine Geschwister?", Becca reichte mir Ohrringe, die sie für sich ausgesucht hatte. Ich nahm die Klunker in die Hand, dann schüttelte ich meinen Kopf.

„Nein. Ich bin Einzelkind.", mit einem „Süß!", reichte ich ihr die Ohrringe zurück.

„Was sagt ihr zu diesem Fetzen?", Lucia war aufgesprungen und hielt sich ein knallbuntes Shirt vor die Brust.

„Was soll das denn sein?", fragte ich entsetzt während ich das scheußliche Teil musterte.

„Hey! Hast du was gegen dieses Shirt?", fragte Lucia und zog eine Schnute.

„Ich hab ihr schon im Laden gesagt, dass es schrecklich ist!", erklärte Becca mit hoch gezogenen Augenbrauen.

„Und ich habe dir schon im Laden gesagt, dass das total modern ist!", widersprach Lucia.

„Wo denn? In Frankreich vielleicht!", Becca verdrehte ihre grünen Augen.

„Wieso Frankreich?", fragte ich während ich Lucia dabei beobachtete, wie sie das Teil genauer betrachtete.

„Ich hab mal gehört die Franzosen sind immer so seltsam gekleidet. Mit so seltsam geformten Hüten und...", erklärte sie doch Lucia unterbrach sie.

„Baskenmützen!"

„Ja. Das. Und Baguettes und solche Sachen...!", schloss Becca.

„Baguettes sind doch nicht zum Anziehen!", ich lachte.

„Ja schon, aber die Franzosen stehen doch auf Baguettes, oder nicht?", Becca sah fragend in die Runde.

„Klar. So wie ich auf Tacos!", meinte Lucia. „Scheiße!"

„Was ist?"

„Jetzt gefällt mir das Shirt auch nicht mehr!", Lucia schmiss es zurück in die Tüte während Becca und ich laut lachten. Die beiden hatten es in kurzer Zeit geschafft mich wieder aufzumuntern.

***

Während Lucia seelenruhig schlief und immer wieder irgendwelche seltsamen Wörter vor sich hin murmelte, wälzte ich mich unruhig hin und her. Ich versuchte schon seit mehreren Stunden einzuschlafen, schaffte es aber einfach nicht. Zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf herum. Vor allem sorgte ich mich um Chico und die anderen. Sie waren zum Abendessen nicht wieder zurück gewesen, sodass ich jetzt auf jedes Geräusch im Haus reagierte. Ja, ich wartete bis sie nach Hause kamen. Bescheuert, ich weiß. Ich war gerade dabei zum ungefähr einhundertsten Mal auf die Uhr zu sehen, es war kurz nach halb drei in der Nacht, da hörte ich Schritte im Gang. Ich erkannte Chicos Stimme. Er diskutierte offenbar mit jemandem. Und als dieser Jemand antwortete breitete sich ein ungutes Gefühl in mir aus. Das war Juan. Würde er heute Nacht hier bleiben? Ich wollte und konnte nicht unter einem Dach mit so einem Psycho schlafen. Nachdem die beiden vorbei gegangen waren gähnte ich herzhaft. Irgendwie fühlte ich mich jetzt beruhigter, weil Chico hier war, andererseits hatte ich aber erst recht Angst, weil Juan hier war. Trotzdem dämmerte ich langsam aber sich weg. Lucia würde Juan schon die Meinung geigen, sollte er hier drinnen aufkreuzen. Doch bevor ich richtig einschlafen konnte hörte ich, wie sich unsere Tür öffnete. Sofort verkrampfte ich mich. Das war er nicht, das war er nicht!

„Jamie?", ich atmete erleichtert auf. Das war nicht Juan. Doch die Tatsache, dass es Chico war machte mich genauso nervös. Ich richtete mich auf und sah ihn verwundert an.

„Hm?"

„Bist du wach?", fragte er. Irgendwie erfüllte es mich mit Genugtuung, dass nicht nur ich immer so blöde Fragen stellte.

„Jetzt schon. Was ist los?"

„Kannst du... kannst du mitkommen? Kurz.", wieso klang er so verunsichert?

„Ähm. Okay.", sagte ich und stand auf. Lucia erzählte etwas von gelben Quietscheenten, die nicht in den Bus einsteigen wollten, schlief aber ruhig weiter. Ich folgte Chico in den Flur und schloss leise die Tür hinter uns.

„Also? Was ist los?", ich verschränkte meine Arme vor der Brust und unterdrückte ein Gähnen. Ich bemerkte seinen Blick, der sich in meinen bohrte. Sicherlich vergingen nur wenige Sekunden, dennoch war die Zeit für mich einen Moment stehen geblieben. Ich konnte etwas in seinem Blick lesen, das mich sehr beunruhigte. Doch leider war ich nicht in der Lage ihn zu deuten. Einmal mehr verfluchte ich ihn innerlich für seine Undurchsichtigkeit. Wieso konnte er mich lesen, wie ein offenes Buch und er war für mich ein einziges, großes Geheimnis?


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