Fabelblut

Bởi Wortweberin

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Eigentlich sollte es nur eine Klassenfahrt nach Schottland werden - aber als Lina auf einem Friedhof in Edinb... Xem Thêm

Prolog
Karte
Teil 1: Das Kollegium der Schatten
Fabelnacht (1)
Fabelnacht (2)
Zum tänzelnden Einhorn (1)
Zum tänzelnden Einhorn (2)
Der Junge im Baum (1)
Der Junge im Baum (2)
Die Schwestern von Stormglen (1)
Die Schwestern von Stormglen (2)
Reale Fiktion(1)
Reale Fiktion(2)
Feuerprobe (1)
Feuerprobe (2)
Feuerprobe (3)
Wo Schatten, da auch Licht (1)
Wo Schatten, da auch Licht (2)
Wo Schatten, da auch Licht (3)
Wo Schatten, da auch Licht (4)
Das Falsche, Böse und Hässliche (1)
Das Falsche, Böse und Hässliche (2)
Das Falsche, Böse und Hässliche (3)
Spartakus 2.0 (1)
Spartakus 2.0 (2)
Spartakus 2.0 (3)
Das hier ist ein Anfang
Teil 2: Der geteilte Wald
Schauer und Sterne (1)
Schauer und Sterne (2)
Schauer und Sterne (3)
In the bleak midwinter(1)
In the bleak midwinter (2)
In the bleak midwinter (3)
Scherbengericht (1)
Scherbengericht (2)
Tiefere Magie (1)
Tiefere Magie(2)
Tiefere Magie (3)
Komme, was da will
Magdalen College (1)
Magdalen College (2)
Alter Wald, neue Wünsche (1)
Alter Wald, neue Wünsche (2)
Der Fremde im Schatten
Götter und Dämonen (1)
Götter und Dämonen (2)
Die Prophetin (1)
Die Prophetin (2)
Maulwürfe und Giftschlangen (1)
Maulwürfe und Giftschlangen (2)
Teil 3: Die blinde Festung
Das hier ist ein Anfang
Lethe
Lethe (2)
Im Haus der Spiegel (1)
Im Haus der Spiegel (2)
Im Haus der Spiegel (3)
Gretchenkomplex (1)
Gretchenkomplex (2)
Geschwisterliebe (1)
Geschwisterliebe (2)
Pater Familias
Pater Familias (2)
Im Auge des Sturms
Im Auge des Sturms (2)
Nänie für den Frühling (1)
Nänie für den Frühling (2)
Nänie für den Frühling (4)
Eine Bitte zum Schluss
Nachwort
Fabelfluch
Prolog
Erster Teil: Die Allegorie der Nacht
Dunkle Tunnel (1)
Dunkle Tunnel (2)
Dunkle Tunnel (3)
Was kein Auge je gesehen
Was kein Auge je gesehen (2)
Dolch, Eule, Mond
Myrthas Geheimnis
Die Herrin von Schatten und Wellen
Auge um Auge
Der Pakt der schwarzen Waage
Zwischenspiel: Das Abschiedsglas
Zwischenspiel: Das Abschiedsglas (2)
Zweiter Teil: Soteria
Bei Tageslicht
Spreu von Weizen
Spreu von Weizen (2)
Wachstumsschmerzen
Zwischenspiel: Das Haus der Schatten
Von der Ordnung der Dinge
Von der Ordnung der Dinge (2)
In den Hallen von Eleos
In den Hallen von Eleos (2)
Das Mädchen mit dem grauen Haar
Das Mädchen mit dem grauen Haar (2)
Die Eirenen
Die Eirenen (2)
Die Eirenen (3)
Die Eirenen (4)
Die Eirenen (5)
Dritter Teil: Der Garten der Ideen
Zwischenspiel: Der Erbe der Schatten
Ante Portas (1)
Umfrage
Ante Portas (2)
Ante Portas (3)
Heimspiel (1)
Heimspiel (2)
Zwischenspiel: De profundis
Der letzte Flug der Elfen
Der letzte Flug der Elfen (2)
Bei Mond und Stein
Zwischenspiel: Schattenschwestern
Zwischenspiel: Schattenschwestern (2)
Dem Schicksal zum Trotz
Dem Schicksal zum Trotz (2)
Zwischenspiel: Der Erbe der Schatten 2 (neues Kapitel!)
Die Muse und die Gärtnerin
Die Muse und die Gärtnerin (2)
Dreifach verraten (1)
Dreifach verraten (2)
Dreifach verraten (3)
Epilog (Neu!)
Fabelblut Agentur-Einsendung?
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Fabelblut Band 3
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Eine kurze Frage an alle, die Fabelblut schon gelesen haben
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Nänie für den Frühling (3)

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Bởi Wortweberin

Als ich am nächsten Tag ins Kolleg komme, ist die Welt eine andere. Schwarz war eigentlich immer die Farbe der Schatten, aber jetzt begegnet sie mir überall. Jeans und bunte Pullover sind verschwunden, hastig ersetzt durch zerknitterte Kleider und ungebügelte Hemden, die aussehen, als seien sie aus irgendeiner vergessenen Schrankschubladen gekramt worden. Niemand scheint so wirklich zu wissen, was zu tun ist. Eine ermordete Priorin sprengt jedes Protokoll und die einzige Antwort darauf ist lähmende Stille. 

Unter meinen Füßen raschelt welkes Laub, während ich die Eingangshalle durchquere. Der Baum in der Mitte hat über Nacht seine Blätter abgeworfen. Ohne das Grün und die Dekorationen des Winterballs wirkt die Räume nackt. Im Refektorium hängt ein einsamer Schal aus schwarzer Seide über Demetras Stuhl am hohen Tisch. Auf den Bänken davor kauert das halbe grüne Kollegium, noch immer im Schock.

Selbst der Himmel trägt Trauer, als ich das Haus in Richtung Gewächshäuser verlasse, jagen schwarz graue Regenwolken über den Horizont und bringen neuen Regen. Vom Strand weht Gesang zu mir herauf, langgezogene Wehklagen, schaurig und schön zugleich. Es sind Nänien, Totengesänge der Sirenen, über einen verlorenen Frühling und einen sternlosen Winter.

Klagelieder für Demetra, die lebende Tote.

Vor dem Eingang zu den Gewächshäusern wartet schon Faustia. Zum ersten Mal, seit ich sie kenne, trägt sie schwarz, die unnatürlichste Farbe für jeden Gärtner und auf einmal bin ich froh um meinen Schattenumhang.

Ich nicke ihr zu und spähe durch das Glas ins Gewächshaus. „Wie lange ist sie schon da drin?"

„Die ganze Nacht." Faustia seufzt. „Keine Ahnung woher sie die Energie nimmt, so viel Milkweed wie sie im Blut hat. Wir haben ihr gesagt, sie soll sich ausruhen. Sinnlos."

„Danke", sage ich und lege ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich übernehme das. Geh zu den anderen. Wenn ich eine Ablösung brauche, hole ich euch."

Ich warte bis Faustia außer Sichtweite ist, dann öffne ich die Tür zum Gewächshaus. Seit gestern hat sich wenig verändert. Mo ist fort und Demetra liegt immer noch reglos auf diesem Stein, grau in grau, wie eine Statue. Eine Königin der Altvorderenzeit, aufgebahrt zum Begräbnis.

Nur eins ist anders. Eleanor sitzt an ihrer Seite, Demetras Hand fest in ihrer. Sie weint nicht, aber ihre Augen verraten, dass sie es getan hat.

Leise schiebe ich einen Stuhl an ihre Seite und setze mich: „Das grüne Kollegium wartet darauf, dich abzulösen."

„Ich brauche keine-"

„Willst du sie umbringen?" Es überrascht mich selbst, wie forsch ich klinge. So spricht man eigentlich nicht mit Trauernden. Vielleicht färbt Eleanor schon auf mich ab? Wird man so, wenn man diesen Umhang zu lange trägt? „Deine Magie liegt am Boden. Und du auch bald, wenn du so weiter machst. Was du hier tust, nützt niemandem, Demetra am wenigsten. Die Alumni treffen sich in einer halben Stunde. Wenn du wirklich helfen willst, geh hin."

Eleanor presst die Lippen zusammen. „Es interessiert mich nicht, wen sie wählen."

„Sollte es aber. Das entscheidet nämlich, ob Demetra lebt oder stirbt."

Meine letzten Worten gewinnen für einen Moment ihre Aufmerksamkeit. Kurz wirkt sie wie aufgeschreckt, ihre Hand umklammert Demetras fester. Dann: „Eric hat mir von dem Gift erzählt."

O, natürlich hat er das. Dieser-

„Das ist doch nicht deine Schuld", beginne ich, „du hast nicht wissen können, dass der Dolch vergiftet war." Ich versuche, sie anzusehen, aber sie weicht mir immer noch aus. „Eleanor. Mir ist klar, dir gehts scheiße. Und ich werde nichts sagen, das dich tröstet, weil ich weiß, es gibt nichts. Bitte. Heule, schlag mich, schrei. Aber lass dich jetzt nicht hängen. Das hier ist dein Zuhause. Erzähl mir nicht, es ist dir egal, was gerade passiert. Was wenn Eric Prior wird? Wenn Mo nicht zurückkommt?"

Offenbar habe ich einen wunden Punkt getroffen, denn bei Mos Namen schaut sie endlich auf. „Mo wird sich wieder beruhigen", sagt sie leise, wie als müsste sie es sich selbst versichern. „Und dann kommt er zurück."

„Beruhigen?" Ich bin so fassungslos, dass ich nichtmal den Kopf schütteln kann. „Mehr fällt dir dazu nicht ein?"

Eleanor zieht die Stirn in Falten, jetzt selbst verärgert. „Was willst du? Erwartest du, dass ich vor dir zu Kreuze krieche?"

„Nicht vor mir." Ich starre sie an. „Verdammt, Eleanor! Sechzehn Jahre? Kein Wunder, dass Mo dich nicht sehen will." Die Worte sprudeln einfach so aus mir heraus. All die Vorwürfe und Fragen, die ich mir eigentlich verkneifen wollte, aus Rücksicht, Trauer und Schock. Plötzlich kann ich sie nicht mehr bremsen. „Er war der einzige, der zu dir gehalten hat, weißt du das eigentlich?" Kurz muss ich die Lippen zusammenpressen, um meine Wut zu kontrollieren. „Alle haben behauptet, dass du Reigen ermordet hast. Alle haben an dir gezweifelt. Ich habe an dir gezweifelt. Aber Mo nicht. Er hat dir vertraut! Dich gesucht, bis ans Ende dieser beschissenen, scheinheiligen Welt. Und du?" Ich hole Luft, will mich beeilen weiterzureden, bevor mir Eleanor ins Wort fallen kann. Aber die sieht nicht aus, als wolle sie sich verteidigen. Stumm sitzt sie vor mir, ein harter Ausdruck um die Mundwinkel, während sie meinen Vorwürfe über sich ergehen lässt. „Du hast ihn sein Leben lang belogen! Mo hatte ein Recht darauf, seine Eltern zu kennen! Wie hast du ihm das verheimlichen können? Sag' s mir."

Eleanor sieht mich nicht an. Ihre Haltung allein wirkt wie ein Schuldeingeständnis. „Wir hielten es damals für die beste Lösung."

„Die beste oder die bequemste?" Mittlerweile ist meine Kehle eng vor Wut. „Was haben du und Demetra euch eigentlich rausgenommen? Ist euch klar, was ihr angerichtet habt? Einer Mutter ihr Kind wegnehmen und ihr sechzehn Jahre jeden Kontakt verbieten...war das auch die beste Lösung? Ganz ehrlich?" Meine Hand ballt sich zur Faust. „Ich kann verstehen, dass Margret dir wehtun wollte!"

Eleanors Blick schnellt hoch zu mir. Sie öffnet den Mund, wie um mir etwas bissiges entgegen zu schleudern. Dann aber schluckt sie.

Wir starren uns an. Meine Worte hängen zwischen uns, mit jeder Sekunde, die vergeht scheinen sie mehr Raum einzunehmen, türmen sich auf wie eine Mauer.

Schließlich bricht Eleanor den Blickkontakt. Geistesabwesend fährt sie mit den Fingern über ihre Seite und zuckt zusammen, als sie Schmerz spürt. „Was glaubst du, warum ich mich nicht gewehrt habe?", flüstert sie. Ihre Lippen zittern. „Ich kann sie auch verstehen."

Meine Wut flaut so schnell ab, wie sie gekommen ist. Ich schlucke. Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen.

„Ich hatte Angst, ihn zu verlieren", sagt Eleanor mit gesenktem Kopf. „Ich war einfach zu feige. Zu feige für die Wahrheit"

„Ausgerechnet du." Die Enttäuschung hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack in meinem Mund.

Offenbar hat das auch Eleanor wahrgenommen, denn sie schaut plötzlich zu mir auf, die Stirn zusammengezogen: „Ich habe nie behauptet, eine Heilige zu sein, Lina."

„Nein. Aber du hast immer so getan, als müsste ich eine werden, wenn ich die Schatten kontrollieren will."

„Und jetzt siehst du auch warum." Sie presst die Lippen zusammen. „Wie es sonst endet. Ich tauge nicht zum Vorbild. Das habe ich nie. Wenn Mo und du etwas anderes geglaubt habt." Sie schluckt. „Wenn ihr dachtet, dass ich es wert bin, gerettet zu werden, dann liegt die Täuschung bei euch."

„Dein Ernst?" Ich funkle Eleanor an, aber sie wendet sich ab. Wahrscheinlich, damit ich das Glitzern in ihren Augen nicht bemerke. Zu spät. „Verfallen wir jetzt wieder in alte Muster, oder was?" Ich bekomme keine Antwort. Stattdessen wischt Eleanor sich rasch mit dem Handrücken über die Augen. Dabei schnaubt sie, als würde sie sich über sich selbst ärgern.

Ich starre ihren Hinterkopf an und weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll. Okay, ich wollte Eleanor konfrontieren. Vielleicht auch provozieren. Zu Antworten, einer Reaktion. Schließlich macht sie mit mir ja auch immer das gleiche. Aber ich habe eine Grenze überschritten, das spüre ich. Mo dürfte so etwas sagen, ich nicht. Ich habe hier kein Recht zu urteilen. Und eigentlich will ich das auch gar nicht.

„Tut mir leid", ich leise. „Das hätte ich nicht sagen dürfen."

„Für die Wahrheit sollte man sich nie entschuldigen, Lina." Eleanors Stimme klingt dumpf. „Egal wie hässlich sie ist."

„Es war aber nicht die Wahrheit. Nicht die ganze. Du hast Scheiße gebaut, ja. Aber auch wenn du in dieser Sache feige warst, bist du-" Für die nächsten Worte muss ich buchstäblich meinen Stolz runterschlucken. „Du bist trotzdem die mutigste Frau, die ich kenne."

Eleanor hebt den Blick, schaut mich an. Sie wirkt verblüfft und als ich die Tränenspuren auf ihrer Wange bemerke, spüre ich einen Stich in der Brust. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen, so leid tut sie mir ins diesem Moment. „Eleanor", beginne ich sachte. „Damon hat recht. Seit sechzehn Jahren lebst du in deinem eigenen Schatten. Du hast Angst vor deinen Kräften. Angst jemanden auszubilden, weil-" Ich zögere. Was ich sagen will, ist wichtig, so wichtig, dass ich nicht riskieren kann, mich falsch auszudrücken. „-weil du glaubst, mit deinen Fehlern kannst du kein Vorbild sein? So ist es doch, oder? Das war auch ein Grund, warum du mich nicht im Kollegium wolltest. Bei der ersten Gelegenheit hast du meinen Unterricht auf Mo abgeschoben. Sogar bei den Alumni hältst du dich zurück. Als hättest du Angst vor der Verantwortung."

„Ich habe keine Angst vor Verantwortung!"

„Was dann?"

Für einen Moment schweigt sie, als wäge sie sorgfältig, ob sie mir sie Antwort anvertrauen könnte. Dann sagt sie leise, wie zu sich selbst. „Ich bin damals nur Alumna der Schatten geworden, weil es keinen anderen mehr gab. Demetra ist mit mir ein Risiko eingegangen. Nach Damon war die Fallhöhe zwar nicht mehr besonders hoch, aber sie hat trotzdem ein paar Sicherungen eingebaut."

„Sicherungen?"

„Regeln. Bedingungen. Ich darf meine vollen Kräfte nur im Notfall einsetzen. Meine Aufträge für das Kolleg werden von den Alumni ausgesucht und überwacht." Sie schnaubt. „Mir Fehlverhalten nachweisen war lange sowas wie ein Hobby für Eric. Außerdem habe ich im Rat der Alumni kein Stimmrecht. Bis heute."

„Weiß Mo davon?"

„Teilweise. Aber denkt, es liegt am Misstrauen gegen unser Kollegium."

„Und du akzeptierst diese Regeln einfach?" Irgendwie überrascht mich das mehr als vieles, was ich in den letzten Tagen erfahren habe. „Seit sechzehn Jahren?"

„Ich habe es ihr versprochen, ich-" Eleanor verstummt. Noch immer weigert sie sich, Demetra loszulassen. Sie hält ihre Hand locker, wie um ihr nicht wehzutun und streicht mit dem Daumen besänftigend über ihre Fingerknöchel. „Weißt du, warum ich Damon damals verraten habe?", fragt sie leise. Ich unterbreche sie nicht, also fährt sie fort. „Es war kurz vor der Schlacht. Margret hat ihm gesagt hat, dass sie schwanger ist. Sie hat sich so gefreut. Aber Damon nicht." Bei der Erinnerung beißt sich Eleanor auf die Lippe. „Er war wütend. Richtig wütend. Ich habe schon davor angefangen hinter seine Fassade zu schauen aber...an dem Tag habe ich zum ersten Mal gesehen wie er wirklich ist. Und dass Margrets Kind nicht lange leben würde. Wahrscheinlich nichtmal bis zu seiner Geburt."

Die Erinnerung an Mo legt sich in meinen Magen wie Blei. „Warum?"

„Weil Damon keine Konkurrenz will." Ein bitteres Lächeln zuckt über Eleanors Mundwinkel. „Das ist die alte Angst der Tyrannen, Lina. Ein Kind, das dir eines Tages den Rang streitig macht. Nach deiner Krone greift. Ein lebendes Sinnbild deiner Sterblichkeit. Damon hatte Angst, meine Schwester könnte Mo einmal mehr lieben. Margret sollte ihn vergöttern, kein Baby."

„Das ist doch krank!"

„Das ist Damon."

Ich schüttle den Kopf. Dann erinnere ich mich an Eleanors Worte zu Damon, vor ein paar Tagen in der Festung. Du würdest lieber die Realität ändern, als dich selbst. „Und Margret?"

„Sie wollte natürlich kein Wort gegen Damon hören. Hat hundert Ausreden gefunden, warum er sich nicht so freut wie sie. Mir vorgeworfen, dass ich eifersüchtig bin und ihr Glück kaputtmachen will." Eleanor schnaubt. „Du musst verstehen: Dieses Kind war ihr Triumph. Die Kette, die Damon und sie endgültig aneinander bindet und mich ausschließt."

„Du bist ihre Schwester!"

„Für sie war ich vor allem ihre Konkurrentin. Ich habe versucht, sie da rauszuholen. Aber ich habe nicht gewusst wie. Wie schützt man jemanden, der nicht geschützt werden will?" Eleanor holt Luft. „Dann kam der Angriff auf das Kolleg. Damon hat mich zu Demetra geschickt. Ich sollte verhandeln, sie zum Aufgeben bringen. Aber Demetra-" Wieder wandert Eleanors Blick zu der Frau vor ihr. Diesmal ist das Lächeln auf ihren Lippen keine Spur bitter oder spöttisch. „Sie war anders als ich erwartet habe. Persönlicher. Verletzlicher. Ich stand mit einer Armee vor ihrer Tür und statt mir Vorwürfe zu machen, hat sie sich bei mir entschuldigt. Für ihr Versagen. Dass sie nicht eingegriffen hat, bei uns und Damon. Ich war hin und hergerissen. Irgendwann habe ich ihr alles erzählt." Sie hebt ihre freie Hand, streicht Demetra sanft eine lose Haarsträhne hinters Ohr. „Sie hätte mich belehren können. Abweisen. Auslachen. Aber das hat sie nicht. Sie hat mich einfach in den Arm genommen. Als wäre ich nie weggewesen."

Die verlorene Tochter, die nach Hause kommt. Ich verstehe. „Sie hat versprochen, euch zu beschützen, oder?", frage ich, „Wenn du ihr hilfst, Damon zu besiegen. Margret, Mo und dich."

Eleanor nickt. „Damon glaubt bis heute, sie hätte mir irgendetwas geboten. Sein Amt. Macht. Rache. Dabei ist die Wahrheit viel einfacher. Sie hat mich gesehen. Mit allen Fehlern. Und trotzdem hat sie mich nicht weggestoßen. Sie hat mir schon vergeben, bevor ich überhaupt den Mund aufgemacht habe."

„Im Gegensatz zum Rest des Kollegs."

„Kann ich ihnen einen Vorwurf machen? Für die Wächter bin ich, was ich für Damon bin. Eine Verräterin. Niemand wusste das mit meiner Schwester. Eigentlich sollte Margret mit Mo in die Menschenwelt, weg von Damon. Aber sie hat sich geweigert, wie du weißt. Also hat Demetra Mo ins Kolleg geholt und seine Herkunft geheimgehalten. Sie hatte Angst vor den Reaktionen, wenn rauskommt, dass er Damon's Sohn ist. Dass der Hass gegen Damon und mich auf ihn abfärbt."

„Deswegen deine Loyalität", murmele ich. „Du hast das alles sechzehn Jahre lang ertragen. Den Hass der Wächter, diese bescheuerten Regeln und dich nie beschwert. Für sie. Für Mo."

Mo, für den die eigenen Eltern zur größten Gefahr geworden waren. Der nur an einem Ort auf der Welt wirklich sicher war. Im Schutz von Stormglen Manor.

„Lina." Eleanors Stimme hat wieder diesen ernsten Ich muss die die Welt erklären Ausdruck angenommen. „Du bist vielleicht noch zu jung, um es zu begreifen aber- Diese Regeln hatten und haben ihren Sinn. Ich kann jemanden mit einer Handbewegung töten, nur weil ich wütend bin. Ich bin gefährlich."

„Na und? Was soll das denn für ne Rechtfertigung sein? Du bis ein Mensch, kein Raubtier." Auf einmal fallen mir Asterias Worte ein. „Menschen können zwischen gut oder böse wählen. Immer. Nur weil jemand gefährlich ist, heißt das nicht, dass er nicht auch gut sein kann. Gefährlich und böse sind nicht das gleiche. Du hast mir das beigebracht, schon vergessen?"

„Nein. Aber bei uns Schatten verschwimmen die Grenzen besonders leicht. Ich habe einen Aufstand gegen das Kolleg unterstützt. Wegen mir wurden Menschen verletzt. Wenn ich mich damals verführen lasse und meine Macht missbrauche-"

Damals warst du ein halbes Kind. Ein Teenager, der geglaubt hat, Macht ist das richtige Gegenmittel für seine Ohnmacht. Damon hat dir das eingeredet. Er hat seine Macht missbraucht. Und ja, du hast mitgemacht. Aber im Gegensatz zu ihm, hast du es bereut. Du bist nicht mehr die gleiche wie damals. Damon hat es doch selbst gesagt: Du bist kein bisschen so wie er."

„Wer weiß. Macht ist eine Droge. Wenn du schon mal süchtig warst, hältst du dich in Zukunft besser ganz davon fern."

„Bullshit!" Diesmal bin ich es, die schnaubt. „Sechzehn Jahre Alumna der Schatten. Das ist genug Bewährungszeit. Gib's zu. Wie oft hast du dir in all der Zeit auf die Zunge gebissen, und heimlich gedacht Das könnte ich besser. Wahrscheinlich immer, wenn Eric den Mund aufgemacht hat."

An Eleanors Mundwinkel zuckt ein Lächeln, aber ich fahre mit ernster Stimme fort. „Keine Ahnung, ob du meine Meinung willst. Du kriegst sie trotzdem: Hör endlich auf, deinen ganzen Charakter an diesem Fehler zu messen. Akzeptiere ihn. Ohne Selbstmitleid, ohne Ausreden. Und dann schau nach vorn. Es gibt einen Grund, warum Mo sich für dich und gegen die Wächter entschieden hat. Du bist es wert. Und, wenn dir das bis jetzt keiner gesagt hat, dann tue ich es: Du darfst weiterleben, ohne dich ständig selbst zu bestrafen. Ohne irgendwelche Regeln, die dich klein halten. Du darfst dir verzeihen."

Eleanor schaut mich an. In ihrem Gesicht regt sich kein Muskel, aber ich bemerke die Träne, die langsam über ihre Wange rinnt. „Das-", ihre Stimme bricht, „-das hat mir wirklich noch keiner gesagt."

Glaube ich sofort. Wieder ein Grund mehr, warum sich dieser Verein hier einfach nur schämen sollte. So mächtige Magier und gleichzeitig so armselig in allem anderen. 

Meine nächsten Worte sind leise, aber ich lege so viel Nachruck hinein, wie ich aufbringen kann. „Bitte. Komm zurück. Nimm deinen Platz im Kapitel wieder ein. Was du hier machst, ist kein Hell or high water. Es ist aufgeben, verstecken. Das Kollegium der Schatten braucht seine Alumna."

Eleanor schluckt. „Es tut mir leid, Lina. Aber die gibt es nicht mehr." Sie greift in ihre Manteltasche. Als sie die Faust öffnet, kommt ein Gegenstand zum Vorschein.

„Nein, oder?" Mein Blick wandert von dem Ding in ihrer Hand zu Demetra. „Eric wird uns umbringen!"

Ich könnte schwören, dass bei meinen Worten ein Lächeln über Demetras versteinerte Lippen huscht.

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