»Du bist ihre Mom, nicht ich!«, ich gehe noch einen Schritt näher an den Tisch, an dem sie sich festhält, »Du hättest sie fertig machen sollen für das Bett! Du hättest sie schlafen legen sollen, ihr etwas vorlesen sollen aus ihrem verdammten Buch!«

Die Tränen, die meine Wange hinunterlaufen, kann ich nicht stoppen. Nein, ich möchte sie nicht aufhalten; ich hatte die letzten Jahre das Gefühl, dass ich ihre Mutter war. Mom, Mom!

»Du hast mir nicht nur meine Schwester auf eine grausame Art genommen; es war so, als wäre sie meine Tochter. Ich habe sie zugedeckt, ich habe mich neben sie gelegt. Xade und ich haben mit ihr gegessen, Xade und ich sind mit ihr in das Schwimmbad gefahren. Xade und ich, nicht Daniel und Katrina waren für sie da!«

Ich wusste, dass ich mich beruhigen musste, weswegen ich meiner Mutter den Rücken zudrehte, »Ich würde dich gern fragen, ob ich dich noch Mama nennen darf, aber du bist keine. Du bist eine Frau, die drei Kinder in die Welt gesetzt und sich selbst verloren hat.« Ich sah dir in die Augen.

Dir, nur dir, Katrina.

»Kannst du dich an ihr Lächeln erinnern? An ihre frohen Kinderaugen, die jene Trauer durch Wärme ersetzen konnten? Stell sie dir bildlich vor«, Katrina schloss die Augen, »Siehst du sie?«

Ich nahm einen kleinen Windzug zu meiner rechten wahr, schätze die Zeit, die mir der Richter gab.

»Siehst du ihre blonden Locken, die feine Nase und den kleinen Mund? Hörst du noch ihre Stimme, wenn sie meinen Namen aussprach? Kannst du sie sehen, wie sie in ihrem Bett lag und die Hand nach oben streckte, um dir zu zeigen, dass sie dich liebte?«, ein Schluchzen ging durch ihren Körper.

Ich öffnete die Augen,
ich sah alles verschleiert.

»Du hast deine Tochter Michelle nicht aus fehlender Akzeptanz getötet«, ich flüsterte den nächsten Satz zu dir hinüber. Er wurde von der fehlenden Luft in diesem Raum, zu dir herüber getragen und verflüchtigte sich in deinem Ohr.

»Du hast ihr die Luft genommen, weil sie die Arme nicht nach dir ausstreckte, sondern nur nach mir«, du nicktest leicht, schwelgst in einer verblassten Erinnerung, »Sie hatte dich nicht mehr Mom genannt, Mama«, hauche ich leise.

»Du hast sie getötet, weil sie mich mehr liebte, als dich«, sie wollte mich abends sehen, nicht dich, »Du hast ihr das Leben genommen, weil sie das Kostbarste war, dass ich hatte. Du wolltest mir Schaden zufügen, Mom und hast sie getötet.«

Mom, halte mich.
Mom, dein Streicheln tut weh.

Wie lang sahst du nur da, hast deine Arme um den kühlen Körper geschlungen und dich hin und her gewogen, um nicht allein zu sein. Wussten wir, worauf wir nun warteten? Ich hatte meine Gefühle, meine Überlegungen nie ausgesprochen und lag doch noch nie in einer Annahme so richtig.

»Verzeih mir, Michelle, mein Kind.«

Du öffnest die Augen und stellst dich vor uns; das Rot deiner Augen zaubert dir Farbe in das Gesicht. Deine Haut ist schneeweiß; sie ist verblasst, so wie du. Nur noch da, aber nicht mehr hier.

»Ich legte sie in das Bett«, du siehst mir lang in die Augen, »habe dir eine Nachricht geschrieben«, deine Augen wandern zu Ricco. »Ich habe sie angekleidet, die Zähne geputzt; sie sollte schön aussehen, so schön wie nie, wissen Sie?«

Das Beben meines Körpers lässt sich auch nicht unterdrücken als Xade mich an seinen Körper zieht. Adair und Ricco, haben ihre Hände verschränkt; schenken sich gegenseitig ein wenig Halt.

»Sie trug ein weißes Kleid; ich habe es anfertigen lassen. Es hatte kleine Blumen als Stickereien, weil sie nach Lilien roch. Ich habe ihr die Haare um den Kopf drapiert, habe sie als einen Engel dargestellt. Ich wollte, dass sie mich gut in Erinnerung behielt; als jemanden, der ihr half. Sie hübsch machte.«

Mom, warum hörst du nicht auf? Mein Herz scheint unter der Trauer aufzugeben; meine Wut auf dich verflüchtigt sich. Bald ist da nur noch Mitleid.

»Ich sagte, sie solle tief Luft holen«, ein letztes Mal das heute riechen. Hatte sie ihren Teddy, den sie so liebte, in den Armen liegen? Sie sollte nicht allein in die Welt gehen, die ihr zustand. »Es würde bald vorbei sein; ich strich ihr eine Haare aus der Stirn. Küsste ihre Schläfen, dann tat ich es.«

Kann mein Herz vor Trauer schwarz werden und weiter schlagen? Es vertrocknet, zieht sich schmerzhaft zusammen und raubt mir die Luft zum Atmen. Sie zappelte, Mom, nicht wahr?

»Ich nahm das Kissen wieder weg, deckte ihren Körper zu und lies sie weiterschliefen«, du atmest tief durch, »Sie sagte, „Danke, Katrina" und für einen kurzen Moment war ich in derselben Trauer gefangen, wie zuvor. Ich konnte es nicht verhindern; ich musste meiner Tochter schaden. Ich wollte, dass sie mich Mama nannte, aber ich war Katrina.«

Deine Worte zerstören uns.
Deine Gesten haben sie getötet.

»Belle hatte Recht«, sie würde mich nicht Océane nennen, »ich war zu feige. Feige, zuzugeben, dass ich neidisch auf meine Tochter war. Sie war nur ein paar Jahre älter als ihre kleine Schwester und benahm sich wie eine Mutter; ihre Mutter.«

Du siehst mich an, Katrina. Dann Ricco.
Dann Daniel, Xade und Adair.

»Ich habe meine Tochter getötet«, du wischst dir die nassen Tränen weg, »Habe das Kissen unter ihren Kopf gelegt, ihre Wange berührt und die Tränen getrocknet, die ich verursacht habe.«

Mom, du hast sie getötet. »Ich habe meine Tochter im Haus erstickt«, du streckst deine dünnen Handgelenke in Richtung der vielen Polizisten.

»Und würde es wieder tun.«

Als Katrina im selben Moment noch festgenommen wurde, ging ein Keuchen durch die Reihen. Wie gelähmt saßen wir da; ließen die Worte des Anwaltes über uns ergehen, ohne zu wissen, wo der Satz anfing und endete. Wir waren da und gleichzeitig extrem abwesend.

»Es fehlt nur noch das Urteil«, Adair kniete vor mir, während Xade, Riccos Tränen trocknete. Er nahm meine Hand in seine, »Die Chancen stehen gut, da sie zugegeben hat, dass sie es war, Océane.«

Die Verhandlung wurde unterbrochen, als die Richter sich für zwei ewig lange Stunden zurückzogen, um letztlich das Urteil zu verkünden. Katrina hielt den Kopf gesenkt, während wir an den Lippen des Richters hingen, der alle Tatbestände nochmals wiederholte und die Beweise benannte. Unser Anwalt erklärte uns schon zuvor, dass wir das Urteil, solange Katrina aussagen würde, noch heute wissen würden.

Sie schauten sich jene Beweise und verfassten Zeugenaussagen, die in der Verhandlung vor einem Monat schon abgenommen wurden, erneut an. Werteten sie zusammen mit den Beweisen aus.

»Die Staatsanwaltschaft legt der Angeklagten Katrina Vallera einen Mord mittelbarer Täterschaft zur Last. Entsprechend des Tatbestandes, der Erstickung, sprich der Tötung auf Verlangen nach dem Artikel 211 verhaften wir Sie wegen Mordes und verordnen eine lebenslange Haftstrafe«, Tränen über Tränen verließen meine Augen, »Katrina Vallera lies alle Anklagen gegen die Beteiligten, Ricco Vallera und Océane Belrose fallen.«

Und ich weinte und weinte.

☹ ☹ ☹

Anmerkung:
Ich weiß, dass der letzte Abschnitt
unrealistisch ist, aber ich bekomm
es nicht besser hin HAHAHA!!

Markiert jemanden,
den du um sein Können beneidest.

☹ ☹ ☹

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