Ich hatte Recht - ich habe vielleicht nicht viele, ehrliche Gespräche mit ihr geführt. Aber bekanntlich sagen Blicke, mehr als Worte und das hat, in dem Moment, mehr als zugetroffen.

»Wir sind nunmal dumm, unerfahren«, gebe ich leise von mir. Kurz hatte ich die Befürchtung, dass du mich auslachen würdest oder wir uns streiten könnten. Doch warum habe ich das Gefühl, dass du mir nicht in die Augen schauen kannst. Vor Scham?

»Wir denken nicht an das, was uns in vier, fünf Jahren widerfahren wird«, weil wir im Jetzt leben, oder doch nicht? »Ich- ich würde sie gern küssen.«

Halten, lieben, mit ihr reden.
Einfach zusammensein?

»Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass du sie noch einmal lachen siehst oder fühlen kannst, Ricco«, ich würde dir gern die Bestätigung geben.

»Aber alles hat einen Grund.«
So auch eure fehlende Beziehung.

Es vergeht rund eine Stunde, in der wir uns gegenseitig Trost spenden, während wir nichts machen; nur mit dem Wissen, dass da jemand ist.

»Es tut mir leid.«
Verdammt, Ricco - fuck!

Ich bin mir unsicher, was ich antworten soll, also sehe ich dich nur stumm von der Seite an.

»Es tut mir leid, dass ich zwei erwachsenen, völlig kaltblütigen Menschen mehr geglaubt habe, als einer Person in meinem Alter«, du streckst deine Hände nach vorn aus, »Ich, ich bin - ich bin ein Versager, okay?«, du stotterst vor Nervosität.

»Wenn ich könnte, Océane Belrose«, dann würdest du alles - ab damals - ändern, »dann hätte ich dich aus der Hölle herausgeholt und keiner wäre zu Schaden gekommen, niemals verletzt wurden.«

Bitte sag, dass ich falsch denke.

»Ich hatte Angst vor etwas nicht vorhandenem, vor deiner Reaktion. Ich war doch nie da.«

Wir sehen uns nur in die Augen und auf einmal, fällt mir auf, wie ähnlich unsere Nasen sind. Dass du genau denselben kleinen, braunen Leberfleck an deiner rechten Wange hast, wie Michelle und ich.

»Es ist schon okay.«
Aber es tut trotzdem weh.

»Nein, Océane, es ist nichts okay«, ich lege meine Hände in den Schoß, »Ricco«, spreche ich deinen Namen aus, damit du nicht alte Wunden.

Wieder hervorrufst und sie bluten lässt.

»Ich habe niemanden mehr - ich hatte noch nie eine Bezugsperson und wenn Flora stirbt, Océane, dann bin ich schon wieder allein«, ich lausche dir stumm, »Habe keine Eltern, die mich aufrichtig lieben oder Freunde, die ich nicht verletzt habe.«

Wir sehen uns in die Augen, als eine Träne sich aus deinem Augenwinkel stiehlt und ich dich bedauere, »Du hättest Xade und mich gehabt, aber du hast uns verraten, Ricco. Ohne Scheu, ohne Gnade.«

»Es tut mir so leid, so sehr.«
Dein Körper bebt, als du schluchzt.

»Ich verzeihe dir, wenn du dich änderst«, und ich glaube, du könntest es schaffen. Weil deine Augen mich voller Reue ansehen; als hättest du das alles nicht freiwillig gemacht.

»Ich bin so allein«, als du die Worte aussprichst, gehe ich auf dich zu und lege die Arme um dein Torso. Weil ich nun dein Anker bin, weil Xade und ich, nun deine Freunde sind.

»Du hattest keine Eltern, die dich lieben«, ich wische mir die Träne weg, »und das ist nur ein Merkmal unserer Vergangenheit, hm?«

Auch du drückst mich an deinen Brustkorb und das, was ich schon lang vermutet habe, bewahrheitet sich. Denn du weinst noch schlimmer. Es vergehen zwei Minuten, in denen ich über deinen Rücken streichele - du dich versuchst zu beruhigen.

»Nenn mich, auch wenn du mich hasst«, ich lächele traurig, »nenn mich einmal Bruder, Océane.«

Und trotz aller Schmerzen sind wir aus einem Blut, eine Familie voller Fehler und Lügen, »Wir sollten nicht gegeneinander spielen, wenn wir doch offensichtlich ein Team sein sollten, Bruderherz.«

Und ich sollte Recht behalten, nicht wahr?
Denn wir spielten als ein Team.
Gegen unsere Eltern.

☹ ☹ ☹

Anmerkung:
DANKEEEEEE für die 5.000 Votes;
das bedeutet mir so vieeeeel.

. . . UND . . .

Würdet ihr gern wissen,
wie viele Kapitel das Buch
ungefähr beinhalten wird?

☹ ☹ ☹

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