Kerstin hat eine Lieblingswurst

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Kontaktverbot (Ausgangsbeschränkung) Tag 54 [Dienstag, 12. Mai]

Endlich schreibe ich wieder! Nicht nur am Blog, wo es jetzt endlich mit dem Thema „Wie geht eigentlich Jugendbuch?" losgeht, sondern auch tatsächlich an einer neuen Geschichte. Und obwohl ich eigentlich eine schon bestehende Idee für den Roman nehmen wollte, hat sich keine so richtig richtig angefühlt.

Jeder, der schreibt, kennt das: Figuren machen sich selbstständig, entscheiden, wie sie handeln und machen nicht immer unbedingt das, was sich der Autor vorstellt. Die Geschichte entwickelt sich, ohne dass man als Autor viel dafür oder dagegen tun kann. Und das liebe ich am Schreiben. Und deshalb wollte ich es diesmal so machen: Die Figur, die sich mir am meisten aufdrängt, darf ihre Geschichte erzählen. Aber aufgedrängt hat sich nicht die Figur selbst, sondern ihre Abscheu gegen ihren neuen Hund.

Es ist schon super spannend, sich in die eigene Jugend zurückzuversetzen. Mit einem Brainstorming habe ich alle möglichen Dinge Revue passieren lassen – das erste Mal Alkohol, Mobbingattacken oder der erste Kuss. Und mich vor allem wieder in mich selbst reinversetzt. Wie war ich als rotziger, genervter Teenager? Wie hab ich das Leben empfunden? Und wieso ist diese irre, schöne, grässliche Zeit vorbei? Und genau wegen dieser Frage macht es unglaublich viel Spaß, mich in der Protagonistin auseinanderzusetzen. Sie ist genauso genervt und anstrengend, wie ich es auch war. Nur liegen ihre Prioritäten woanders. Und gerade deshalb ist es schwer mit ihr. Und das macht besonders viel Spaß.

Es ist mir bisher nie passiert, dass meine Protagonistin mir so besonders fremd war. Zwar sind sie meistens lauter, sarkastischer oder haben andere Eigenschaften, die ich von mir selbst nicht kenne – aber die Werte waren bisher meist dieselben. Und jetzt? Kerstin hat eine Lieblingswurst. Und als Vegetarierin sperre ich mich vor dem Gedanken, dass meine Protagonistin – wenn auch nur imaginär – die Fleischindustrie unterstützt. Aber ich kann nichts dagegen tun. Sie hat nun mal eine Lieblingswurst. Und das ist nur einer von mehreren Punkten, an denen wir noch aneinandergeraten werden.

Und ich liebe es. Es macht so viel Spaß die Figuren mit Worten zu zeichnen. Ihre Macken herauszufinden. Und ihre Geschichte zu erzählen. Und in wenigen Seiten kommt er endlich, ihr Hund, den sie zu Beginn der Geschichte nicht leiden kann. Auch er hat es nicht leicht mit ihr. Aber genauso wie ich wird ihr Hund an ihrer Seite bleiben. Egal, wie schwierig sie wird. Egal, wie genervt sie ist. Er – und ich – sind für sie da. Vielleicht kapiert sie das irgendwann.

Geschichten über Klopapierhamster und Pizza To GoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt