Jamie Pov.
Ich dachte, hier wieder in der Heimat wäre es entspannend und ablenkend von all dem, was passiert ist. Aber von wegen!
Sobald ich am Montagmorgen einen Fuß auf den Schulhof gesetzt habe, wurde ich von allen umringt, alle wollten irgendwas von mir, alle redeten durcheinander und ich versuchte mich durch die Menge an ihnen vorbei zuquetschen um zum Eingang zu gelangen. Ich rannte ins Klassenzimmer und schloss hinter mir die Tür. Bei uns beginnt der Unterricht um acht Uhr und jetzt war 7:20 Uhr, da war meistens aus meiner Klasse noch keiner da. Nur Carina. Schnell setzte ich mich ganz nachhinten auf meinen Platz, und wartete auf Mea. Ich stellte meine Tasche ab und kramte mein Mäppchen und mein Englischordner raus.
'Ach, hey Jamie', sagte Carina. Ich kann sie nicht leiden. 'Wieso warst du denn die ganze Letzte Woche nicht da?' Fragte sie grinsend und setzte sich auf meinen Tisch und schaute zu mir herab. 'Geht dich nichts an', zischte ich zurück und stand auf. 'Jetzt warte doch mal.' Sie packte mich am Ärmel. 'Fass mich nicht an.' Ich wich zurück.
Carina war mal meine beste Freundin.
Bis zur 3.Klasse. Aber damals wurde ich, naja, mehr oder weniger von ihr nur ausgenutzt. Sie schrieb immer nur meine Hausaufgaben ab und sonst zickte sie mich an. Wenn wir alleine waren, verhielt sie sich wie meine beste Freundin. Doch vor den anderen wurde ich abgeschoben. Damals habe ich das nur noch nicht ganz verstanden.
'Ach, tut mir Leid. Ich sollte ja Mitleid mit dir haben.. wegen deinem Bruder', schmollte sie. 'Du hast doch keine Ahnung.' Ich riss mich los und lief zur Tür.
'Jamie.'
Ich drehte mich um.
'Hoffentlich schafft er es', zwinkerte sie provozierend und sprang vom Tisch ab.
Der Hass, die Enttäuschung, die Wut und die Tränen kamen hoch.
Wie kann man nur so respektlos in so einer Situation mit einem Menschen umgehen?
Ich verstand es nicht.
Ich stand immernoch wie angewurzelt, mit dem rücken zur Tür da und starrte sie fassungslos an. Doch sie würdigte mir keinen Blick sondern kritzelte etwas auf ihren College Block rum.
Schnell verließ ich den Klassenraum, und lief die Treppen runter. Ich dachte darüber nach, was Carina mir eben an den Kopf geworfen hatte. Ich stand in der Eingangshalle unserer Schule und wartete bis Mea reinkam.
Es war irgendwann kurz vor Acht und ich sah schon alle Klassenkameraden von mir, die die Treppen hochgingen.
Kurz darauf rannte Mea mit offenen Armen auf mich zu und drückte mich fest an sie. 'Hey.. wie gehts dir?' Fragte sie als wir uns gelöst hatten. '..gut', sagte ich lächelnd. 'Und wegen Taddl?' Sie machte ein besorgtes Gesicht. 'Ardy hält mich auf dem laufenden', sagte ich schnell. Ich griff nach ihrer Hand und zog sie hoch ins Klassenzimmer.
Es war bereits voll mit meinen Mitschülern. Carina traute sich nicht vor all den anderen blöde Sprüche abzulassen, deshalb war ich froh, dass alle da waren.
Wir setzten uns hin, da der Unterricht begann.
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Die Tage vergingen so rum- nein, die Wochen!
Weihnachten und Silvester waren schon lange vorbei und jetzt war der 02.01.2015.
Und wisst ihr was?
Taddl liegt immernoch im Koma.
Eigentlich hatte ich fast täglich Kontakt zu Ardy. Aber seit dem 29.12 hatte ich nichtmehr mit ihm telefoniert, geschweige denn geschrieben. Weder Simon noch Felix erreichte ich. Aber das schlimmste war: nichtmal auf ihren Kanälen erschienen neue Videos, was mir wiederrum nicht so gefiel, aber ich versuchte mich zu beruhigen.
Doch dann kam ein weiterer Rückschlag, der meine Angst vergrößerte.
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Samstag, 03.01.15, 0:37 Uhr
Genervt tastete ich auf meinem Nachttisch herum, bis ich mein laut klingelndes, und durchdringlich vibrierendes Handy in meine Hand bekam.
Meine Augen wurden von der Helligkeit geblendet, und taten weh. Es war immerhin mitten in der Nacht. Ich schaute nicht wer anrief, ich hob einfach ab, und ließ mich mit geschlossenen Augen in die Kissen zurück fallen.
'Ja?' Murmelte ich müde.
'Ardy hat versucht sich das Leben zu nehmen.'
Sofort saß ich kerzengerade im Bett und hatte meine Augen weit aufgerissen.
Ich ließ vor Schreck das Handy fallen. Tränen flossen mein Gesicht herunter, wie noch nie.
Meine Hände zitterten, in meinem Kopf drehte sich alles, durch das plötzliche aufstehen. Meine Kehle war wie zugeschnürt, meine Augen brannten und meine Wangen glühten. Mir tat auf einmal alles weh. Meine Arme wurden schwer, meine Gedanken leichter, und mein Kopf schien sich aufzulösen.
Mein Herz, tat mir aber am meisten weh.
Zu wissen, das einer der wichtigsten Menschen deines Lebens versucht hat sich selbst qualvoll umzubringen und jeden und alles verletzt zurück zu lassen, ist unerträglich.
'Jamie? Jamie?' Hörte ich Simons aufgelöste Stimme.
Ich griff nach meinem Handy, atmete schluchzend tief ein und aus.
'Hat er es geschafft?' Fragte ich direkt.
Ich erkannte meine Stimme selbst nichtmehr wieder. Sie klang so unververletzbar, direkt und stark.
Aber sie war kaputt, müde und traurig.
'Er ist mit Felix bei der Polizei. Übrigens steh ich vor deinem Haus. Willst du mitkommen?'
'Warte eine Minute', schluchzte ich, legte auf und sprintete zu meinem Kleiderschrank.
Ich packte in meine Sporttasche irgendwelche Klamotten rein, die ich fand, zog mir was anderes an und schrieb schnell noch einen Zettel, und legte ihn auf mein Bett.
Hey Mama, hey Papa.
Hatte heute Nacht einen Notfallanruf von Simon (der mit Taddl im Haus wohnt).
Er hat mich abgeholt und musste sofort dahin.
Mir geht's soweit gut!
Hab euch lieb
Jamie<3Ich verließ unsere Wohnung, rannte all die Treppen im Treppenhaus runter.
Und dann lief ich auf Simons Auto zu.
Jetzt zählte jede Sekunde.
Ich musste zu Ardy.
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Geschwisterliebe. [Taddl FF]
Fanfiction"Manchmal wünsche ich mir, ich hätte gar keine Schwester." ___ © awkwardhardy || 2014 #11 - youtuber [5.10.18] #2 - taddl [04.01.2019] #3 - youtuber [29.03.2022]