17 - Polizei

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Angestrengt starrt Paula auf die Röntgenbilder. Selbst ich als Laie sehe die Fraktur deutlich. Doch darin deuten kann ich nichts. Ihre Stirn legt sich in Falten. „Ouh", stößt sie aus, wechselt das Röntgenbild. Meine Nase ist nun von der anderen Seite zu sehen. „Paula? Sag doch was", drängle ich ängstlich. Ihr Gesicht lässt nichts gutes vermuten. Seufzend legt sie die Bilder zur Seite, setzt sich auf ihren Hocker und rollt wieder zu mir rüber. „Also es ist so...." Sie legt eine dramatische Pause ein. „Paula! Ich muss operiert werden, oder?" Sie guckt mich mit einem ernsten Blick an, doch plötzlich umspielt ein Lächeln ihre Lippen. „Dich kann man immer so schön leicht verarschen", sagt sie nun mit einem dicken Grinsen und haut mir gegen den Oberarm. Mein Gehirn braucht kurz, um das eben Gesagte wirklich zu verstehen. „Also muss ich nicht operiert werden?", schlussfolgere ich vorsichtig. „Nein, musst du nicht. Das verheilt von allein. Ein bisschen kühlen solltest du noch und um Schmerzmittel kommst du nicht herum, aber es wird." Grimmig gucke ich sie an und strecke ihr die Zunge raus. „Du hast mir total Angst gemacht. Aber das wars? Mehr nicht?" Verlegen kratzt sie sich am Kopf und guckt mich etwas weniger euphorisch als vorher an. „Was?", hinterfrage ich skeptisch. „Für ein bis zwei Wochen müsstest du eine Schiene tragen, damit wir eine Verschiebung verhindern können." „Na dann sehe ich ja super aus", brumme ich und kann mir ein Augenrollen nicht verkneifen. „Lieber eine Schiene als eine verschobene Nase, oder?" „Ja, das ist schon wahr. Noch was? Du siehst so aus, als hättest du noch was zu sagen." „Für sechs Wochen ist Sport ein Tabu. Da kann zu schnell etwas passieren und erst in etwa sechs Wochen wird alles wieder komplett stabil sein", räumt sie nun vollständig ein und guckt mich entschuldigend an. „Super, sechs Wochen kein Training." Sie zuckt mit mitleidigem Blick mit den Schultern und beginnt mit dem Schienen.

„Mensch, du hast dich aber schick gemacht." Mein Bruder steht grinsend an der Tür, die er mir gerade geöffnet hat. Ich habe meine Schultasche mit dem Haustürschlüssel bei Alex im NEF gelassen, die er jetzt mit zur Wache genommen hat. Da steht sie gut. Da ich aber auch auf keinen warten wollte, musste ich allein nach Hause gehen. Glücklicherweise hat Toni heute nur die ersten beiden Blöcke gehabt und kann mir somit die Tür öffnen. „Du bist ein richtiger Idiot. Andere Brüder würden erst mal fragen, was passiert ist und sich Sorgen machen." „Du bist eine richtige Zicke. Paula hat mir schon geschrieben, was passiert ist und dass du jetzt kommst. Sonst hätte ich dich gefragt und nicht so lässig reagiert", verteidigt er sich sofort. Doch wirklich Lust auf Konversation mit meinem Bruder habe ich jetzt nicht, weshalb ich sofort in meinem Zimmer verschwinde.

Auch die anderen haben sehr amüsiert auf mein Aussehen reagiert. Klar, sie haben so was nicht zum ersten Mal gesehen, im Gegenteil. Aber endlich konnten sie sich mal darüber lustig machen. Hahaha, wie witzig. Danke auch.

In der Schule dagegen gab es hier und da einen schrägen Blick, doch meine Klasse hatte sich am nächsten Tag eher besorgt bei mir erkundigt. Besonders Tim, der mir am Tag des Missgeschicks noch tausende Nachrichten geschrieben hat, wo er sich entschuldigte.

Nach zwei Wochen ist die Schiene endlich weg, meine Nase sieht wieder halbwegs ansehnlich aus. Trotzdem habe ich wie so oft unergründliche schlechte Laune, die ich nun in meinem Zimmer absitze. Ich könnte gerade kein normales Wort mit jemandem reden, auch wenn nur Phil da ist. Alex und mein Vater haben Nachtschicht.

Die klingelnde Haustür lässt mich aufschrecken. Ich bin gerade so fokussiert auf die Mathehausaufgaben gewesen, dass ich gar nichts mehr um mich herum mitbekommen habe. Ich werfe einen Blick auf meine Handyuhr. 19:47 Uhr. Wer klingelt denn jetzt noch an der Tür? Neugierig stehe ich von meinem Schreibtischstuhl auf und gehe in den Flur, von dem mir direkt eine ernste, männliche Stimme, ausgehend vom Wohnzimmer, entgegenkommt, jedoch kann ich nicht verstehen, was sie sagt. Die Stimme kenne ich. Sie gehört eindeutig zu Stephan, also wieso nicht mal hallo sagen? Doch unten erstarre ich kurz. Stephan und ein mir fremder Mann stehen in Polizeiuniform bei uns im Wohnzimmer. Phil neben ihnen, er wirkt etwas blass. Paula, die inzwischen fast täglich bei uns ist, sieht ebenfalls sehr erschüttert aus. Was ist denn passiert? „Hallo Stephan." Meine Begrüßung klingt eher wie eine Frage. Erst jetzt werde ich von den hier anwesenden bemerkt. „Oh, hallo Fine. Na, mit deiner Nase wieder alles gut?" Er lächelt mich leicht an und lässt sein Notizbuch, welches er in der Hand hat, sinken. Wie schnell solche Dinge mal wieder die Runde machen, man kennt ja nichts anderes. „Ja, so einigermaßen. Aber was machst du hier? Ist was passiert? Ihr seht alle so bedrückt aus."

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Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


7 Jahre Pech (Asds) |1/2|حيث تعيش القصص. اكتشف الآن