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„Er hatte nicht genug Geld da?", fragte Vero und ich schüttelte den Kopf.

„Nein, nur das", sagte ich und schaute auf den Haufen von Scheinen und Münzen auf dem Tisch. „Deswegen hab ich die hier wieder mitgebracht." Ich zog die Knarre aus meinem Hosenbund und legte sie daneben.

Vero schob die Unterlippe ein wenig vor und nickte.

„Nicht schlecht. Ich werde normalerweise nicht in Kleingeld bezahlt, aber ... Du warst ehrlich genug mir sowohl die Waffe wie auch das zusätzlich Geld zu übergeben, das rechne ich dir hoch an." Er nahm die Pistole und zog die Scheine unter dem Kleingeld hervor. „Wenn du's haben willst, kannst du's behalten. Als Bezahlung für deinen ersten Auftrag sozusagen."

„Ich hab's also geschafft?", fragte ich. Eine Faust schloss sich eng um meinen Brustkorb und mein Herz. Ließ es kräftig pochen und nur wenig Sauerstoff meine Lungen erreichen.

„Ja", sagte Vero und lächelte mich stolz an. Er erhob sich von der Couch und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Herzlichen Glückwunsch, Janko, du bist jetzt ein vollwertiges Mitglied der Rotte!"

Der stählerne Griff um mein Herz lockerte sich und ich glaubte, er würde abfallen. Zusammen mit der ganzen Last, aber es geschah nicht.

„Danke", sagte ich und lächelte.

„Ich melde mich bei dir wegen der Arbeit. Gut gemacht!" Da war etwas Warmes, Väterliches in seiner Stimme und jetzt gerade fühlte sich das an wie ein Schlag in die Magengrube.

„Danke", wiederholte ich und das Lächeln löste sich auf. Ich schob die Euro-Stücke vom Tisch in meine Hand und versenkte sie in meiner Hosentasche. „Bis dann."


Es war schon nach null Uhr, als ich Tessa am Bahnhof traf. Sie trug Hotpants und ein weites Top mit schmalen Trägern, das ihre Oberweite betonte.

„Na, bist richtig busy, was?", lachte sie, während sie mich in eine Umarmung zog.

„So ist das Leben als Erwachsener", grinste ich und wieder stach es in meinem Herzen.

„Wahrte Worte", erwiderte sie. „Wo wollen wir hin?"

„Irgendwo, wo der Alkohol billig ist", erwiderte ich. Ich konnte mich auf Tessa konzentrieren wenn ich mir zwei, drei Bier hinter die Binde gekippt hatte, aber jetzt brauchte ich erstmal Promille im Blut.

„Da weiß ich was", sagte sie und wenig später fand ich mich in irgendeiner Hinterzimmerkneipe wieder. Außer uns saßen hier nur ein paar alte Männer rum, die Poker oder sowas spielten, aber das war mir herzlich egal. Bier kostete 'n Euro, das war alles, was zählte.

„Ein Pils und zwei Kurze. Wodka", sagte ich zu dem ebenso alten Mann, der mit einem Block in der Hand zu uns kam. Er notierte und schaute Tessa an.

„Das gleiche", sagte sie und er zog ab.

„Einer davon war eigentlich für dich", meinte ich.

„Du siehst aus, als könntest du zwei vertragen", grinste sie. „Alles in Ordnung? Du bist ziemlich blass."

„Ja, passt schon. Der Tag war ziemlich hart", winkte ich ab und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht. Irgendwo in mir waren noch Ruckstände des ganzen Adrenalins und hielten mich wach, aber umso ruhiger ich wurde, desto mehr spürte ich die Erschöpfung in meinen Knochen. Ich spürte meinen schmerzenden Rücken und Nacken von Aurels hartem Boden, einen leichten Schmerz in meinen Fingerknöcheln von den harten Schlägen und diese verdammte Trauer, die mein Herz umklammert hielt. Die sich über alle Farben und Lichter legte und sie grau werden ließ.

Mamakind [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt