Niko lauschte staunend und ungläubig Sabrinas Worten.

„Du warst mir von Anfang an sympathisch und deine Großmutter war früher meine Großmeisterin. Ich gab ihr meine Wort, auf dich zu achten. Mir wurde schnell klar, dass du unmöglich für dich selbst sorgen kannst. Mit dem Tod deiner Großmutter, hast du auch den magischen Schutz der Schwesternschaft verloren. Ich habe deshalb schon lange überlegt, wie ich dich in die Obhut der Schwesternschaft zurückbringen könnte. Männer sind nämlich nicht erlaubt. Zuviel haben sie uns Hexen in den vergangenen Jahrhunderten schon angetan. Nur unsere Söhne und Nachfahren haben ein Anrecht auf unseren Schutz und Fürsorge und das auch nur, solange sie unbefleckt sind. Wenn sie ihre Jungfräulichkeit verlieren, verlieren sie den magischen Schutz und sie müssen ein unabhängiges Leben führen. Das scheint bei dir aber bisher nicht der Fall gewesen zu sein.

Niko wurde rot, als ihn Sabrina als Jungfrau outete. Dass ihr dass offensichtlich schon immer bewusst war, ärgerte und verstörte ihn. Auch wenn ihm immer klar war, dass man kein großer Hellseher sein musste, um ihm seine Unerfahrenheit anzumerken.

„Ida, eine meiner Schwestern, machte mich darauf aufmerksam, dass auch Findelkinder die das zweite Lebensjahr noch nicht überschritten haben, als Nachfahren aufgenommen werden können. Ich habe im Buch unserer Urahnen nachgeforscht, ob es einen Zauber gibt, der uns in dieser Situation helfen könnte, und dann bin ich auf einen Verjüngungszauber gestoßen."

„Du steckst also hinter diesem Horror", dachte Niko zornig und geschockt und fing wütend gestikulierend an, auf Sabrina einzubrabbeln.

„Beruhige dich Niko. Ich habe dass nicht zum Spaß gemacht. Wie du siehst, habe ich mir schon viele Gedanken über dich gemacht. Nicht nur ich. Auch all meine Schwestern. Jungfräuliche, schutzlose Hexensöhne, die ein gewisses Alter überschritten haben, stehen nämlich unter großer Gefahr. Sie können gefährliche Werkzeuge für die dunklen Mächte werden. Deshalb werden sie normalerweise vor Vollendung des 23. Lebensjahres in einer Zeremonie entjungfert und in ihr eigenes Leben entlassen. Meine jüngere Schwester hätte die Person sein sollen, die dir deine Unschuld nimmt, allerdings erreichte uns durch den plötzlichen Tod deiner Großmutter, diese Nachricht viel zu spät. Wir dachten wir hätten noch Zeit."

Nun wurde Niko einiges klar. An seinem letzten Geburtstag stand ganz plötzlich Sabrinas jüngere Schwester Lena bei ihm vor der Tür und wollte sich mit ihm betrinken. Sie war etwas jünger als Niko und wahrscheinlich fast die hübscheste der Schwestern. Als er ihr freudig erzählte, dass sein 24. Geburtstag war, erschrak sie plötzlich und nahm geschockt wieder Reißaus. Er war damals enttäuscht und dachte, er hätte sie mit seinen nicht vorhandenen Smalltalk Fähigkeiten in die Flucht getrieben. Aber all diese Informationen klangen zu verrückt um wahr zu sein. Würde er nun nicht tatsächlich im Körper eines kleinen Babys vor Sabi stehen, würde er ihr kein einziges Wort glauben. „Wir leben doch nicht in einer Märchenwelt.", dachte er sich verzweifelt und schluchzte bitterlich.

Sabrina nahm den hilflosen, nackten Jungen sachte auf den Arm „Ach Butzi, ich weiß, das ist alles gerade so viel. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie du dich jetzt fühlen musst. Ich hätte mir auch gewünscht, dieses Schicksal wäre dir erspart geblieben. Aber glaube mir eines, es ist zu deinem besten. Wie werden uns um dich kümmern, als wärst du unsere Familie. Ich werde von nun an deine Mami sein und meine Schwestern deine Tanten. Du wirst behütet und beschützt sein. Kleine Buben sind etwas ganz besonderes in der Hexengemeinschaft. Sie sind selten und werden besonders gerne großgezogen. Die Chance einen Buben zu einem Mann großzuziehen, der tiefsten Respekt und Achtung vor Frauen hat, ist etwas wunderschönes für uns Hexen. Und du bist der süßeste kleine Junge, den man sich nur vorstellen kann. Alle werden dich lieben."

Sabrina hielt Niko beschützend in ihrem Arm als sie ihn tröstete. Dass das Mittagessen so endet, hätte auch sie sich nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen können. Klar, sie wusste die Zeit, um Niko unter den Schutz der Schwesternschaft zu bringen, drängte. Vor allem weil Niko so naiv und hilflos durch sein Leben spazierte. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wie sie den Jungen dazu bringen konnte den Zaubertrank und die Kräuter zu essen. Außerdem hatte sie so einen Zauber noch nie durchgeführt und sie kannte auch niemanden, der das schon einmal gemacht hatte. Als er aber das letzte Kriterium erfüllte, in dem er ihr ihre Liebe gestand und sie sich ziemlich sicher war, dass er es auch so meinte, musste sie es einfach versuchen. Die Zaubermittel, ein mächtiger Zauberspruch und Nikos Gefühle ihr gegenüber (die sie über Monate hinweg versuchte zu entfachen) hatten den Jungen tatsächlich in Baby verwandelt, das nicht älter als eineinhalb Jahre war. Wahrscheinlich sogar jünger. Sie hatte keine Erfahrung mit so einem Zauber und wusste nicht, wie er sich auf Niko auswirken würde. Anhand seiner Reaktionen, konnte sie aber erkennen, das sein Verstand noch funktionierte. Er schien ihr während ihrer Erklärung aufmerksam zuzuhören und er schien auch alles zu verstehen. Auch wenn er es nicht schaffte, ein verständliches Wort zu sagen.

Nikis GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt