2. Kalte Augen

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'Oh man, was mach ich hier eigentlich? Wer hat entschieden, dass ich jetzt mit dieser anderen Klasse Unterricht habe? Warum, ey?', innerlich grummelte ich wütend vor mich hin, nach Außen hin merkte man davon jedoch nichts. Ich sah ruhig aus wie immer. Niemand von diesen Menschen hätte sagen können, was ich wirklich dachte. Nein, das konnte nur einer.. 

Jetzt schlich sich doch ein klitzekleines Lächeln auf meine Lippen. Wenn Frodo jetzt hier wäre, ey... Mit dem ging ich ja seit einem Jahr nicht mehr auf die gleiche Schule. Leider. Das pisste mich noch immer ordentlich an. Wenn der jetzt hier wäre, käme ich mit dem ganzen Scheiß sicherlich besser zurecht. Mann, ey.. Aber da meine.. „Aufpasser“, wie ich meine Pflegeeltern liebevoll nannte, meinen "Bruder" Jack und mich letztes Jahr dazu gezwungen hatten, in einen komplett anderen Stadtteil mit ihnen zu ziehen und wir deshalb die Schule wechseln mussten, würde ich meinen kleinen Hobbit heute erst nach der Schule wiedersehen. Das suckte hart.

Aber dass wir jetzt auch noch zusammengelegt wurden, das...war so ziemlich das Bescheuertste, was die Schrappnelle von Direktorin jemals beschlossen hatte. Wir passten von der Mentalität gar nicht zusammen. Würden wir auch nie. Naja, konnte mir eh egal sein. Ich würde auch in der neuen Klassenhälfte keine Freunde finden. 

Meine bisherige Klasse war es ja schon gewohnt, dass ich mich an Gruppenarbeiten aus Prinzip nicht beteiligte, sondern die Aufgabe immer allein machte ,wenn ich sie überhaupt machte. Mir war dabei ganz egal, was die Lehrer dazu sagten, sie konnten mich eh nicht dazu zwingen.

Ich saß schon eine ganze Weile in dem Klassenraum, als die ersten aus meiner und dann auch welche aus der anderen Klasse eintrudelten. Mein „Vater“ musste immer wahnsinnig früh zur Arbeit und konnte mich und Jack deshalb nicht zur Schule fahren. Unsere Mutter hatte öfters Nachtschicht und kam erst nach Hause, wenn wir schon längst los waren. Und wir mussten früh los, weil ohne die Möglichkeit, gefahren zu werden, waren wir auf den Bus angewiesen, der eine Dreiviertelstunde vor Schulbeginn an unserer Schule hielt. Der nächste kam erst eine Stunde später und damit wären wir, ja, richtig, eine Viertelstunde zu spät. Und ja, ich weiß was man jetzt denken mag: Aber das ist doch Berlin, ist die Infrastruktur da so schlecht oder was? In Berlin selbst nicht, aber in dem Vorort in dem wir wohnen schon. Zum Kotzen. 

Die aus meiner ehemaligen Klasse, der 10b, setzten sich fast alle in die ersten zwei Reihen. Solche Streber. Ich fand es mehr als sinnlos, sich dem Lehrer so anzubiedern. Entweder man war gut in der Schule oder nicht, so wie ich. Ich hielt in manchen Fächern eine durschnittliche 3, in Physik und in Ethik stand ich letztes Jahr auf 4 und nur in Englisch und Informatik hatte ich auch öfters mal eine 2 oder sogar eine 1. Das kam selten genug vor, aber die hirnlosen LEERapparatpuppen machten immer gleich so einen Riesen-Terz darum und freuten sich mega, mir verkünden zu können, ich habe mal eine gute Note. 

Die Lehrer dachten ja eh alle, ich sei nicht ganz dicht im Schädel. Ich hätte schon fast autistische Züge, meinten sie hinter vorgehaltener Hand, weil ich mit allen nur das nötigste sprach und partout keine Freundschaften schließen wollte. Aber, was sie nicht verstanden, war: Ich litt nicht darunter, dass ich mich mit niemandem von denen so gut verstand, dass ich sie meine Freunde nennen würde. Klar, einige waren trotz meiner kühlen Art freundlich zu mir und das freute mich irgendwie, aber so richtig Freunde, mit denen ich jeden Tag abhing und Sachen machte? Nein.

Der einzige, der es wirklich geschafft hatte, mich aufzuwärmen, war....nein, das würde jetzt zu weit führen..

Zurück in die Klasse: Mittlerweile waren alle von meiner Klasse da und soweit ich das beurteilen konnte, auch die von der anderen Klasse. Der eine Emo hatte mich vorhin mehrere Momente gemustert, das hatte ich genau mitbekommen. Soweit ich wusste, war er ein ziemlicher Player. Solche Leute konnte ich noch weniger ausstehen als diese Arschkriechbuchwürmer, sprich, die Streber, die sich immer bei den Lehrern einschleimten. Andere Leute zu behandeln,als wären sie Untermenschen und damit ohne Gefühle, war einfach scheiße. Egal, ob man ihnen jetzt vorgaukelte, man fand ihren Unterricht interessant, oder ob man sie in dem Glauben ließ, man liebe sie. 

Die Suche nach dem BugWhere stories live. Discover now