silent night, holy night

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Missmutig stand ich vor dem unordentlichen Schrank und scannte die Klamotten ab. Ich wusste nicht was ich anziehen sollte. Überfordert setzte ich mich auf die Bettkante und legte die Hände in meinen Schoß. Auf meinem Kopf trug ich einen Turban der meine nassen Haare trocknen sollte.
Es war endlich so weit. Der Weihnachtsabend war gekommen. Ich war total aufgeregt und hoffte, dass die Überraschung gut funktionieren würde. Doch zuerst musste ich was zum Anziehen finden. Als Erstes griff ich nach einer schwarzen Hose.
"Das wird schon passen", murmelte ich und warf sie aufs Bett. Zwischen zwei Kleidern lugte ein Stück dunkle grauer Stoff hervor. Es war früher meine Lieblingsbluse gewesen, als ich noch jünger war. Rein versuchshalber legte ich sie aufs Bett, um zu sehen, ob sie mir noch passte. Und wie durch ein Wunder war das der Fall. Anscheinend hatte ich in den letzten Wochen so stark an Gewicht verloren, dass es wieder gut an den Schultern passte. Als ich dann zurück ins Bad ging, fiel das mir im Spiegel auf, wie abgemagert ich eigentlich war. Meine Wangenknochen stachen aus meinem Gesicht hervor und mein Schlüsselbein war viel definierter geworden. Andere Leute würden das jetzt schön und erstrebenswert finden, doch ich war total unglücklich mit meinem Aussehen. Ich wollte wieder gesund und kräftig aussehen und nicht wie ein Strich in der Landschaft. Liza hatte einen wunderschönen Körper. Alles war gut geformt und weich. Bei mir war alles hart und knochig geworden.
Ich schüttelte den Kopf und griff nach meiner Bürste um meine Haare zu entwirren. Mit dem Föhn trocknete ich meine Haare dann endgültig und brachte mit dem Lockenstab sanfte Welle zustande. Halbwegs zufrieden sah ich mich im Spiegel an. Aus einer kleinen Schale, die auf dem Waschtisch stand, nahm ich noch ein paar Ohrringe. Es waren hellblaue Herzen die nach unten tropften.
Wieder betrachtete ich mich im Spiegel. Es war ein bisschen besser.

Als ich aus dem Bad kam, roch es herrlich nach Essen und Kerzen. Dad war dabei die Lichterketten an den Weihnachtsbaum anzubringen und Liza stand in der Küche und rührte in einem großen Topf.
Es war eine lange Tradition gewesen am 6. Dezember den Baum aufzustellen, doch aus Zeitgründen waren wird einfach nicht dazu gekommen, den Baum früher zu schmücken. Um Dad herum standen einige Kisten voll mit Kugeln und anderen Anhängern.
Liza lächelte mir von der Küche aus zu. Gemütlich schlenderte ich durch die Wohnung in die Küche.
"Glaubst du es wird klappen?", fragte ich so das es Dad nicht hören konnte.
"Bestimmt", meinte Liza und grinste mich an. Ich legte einen Arm um ihre Hüfte und lugte über ihre Schulter in den Topf. Darin brodelte eine Suppe vor sich hin die ihren Duft in der Luft verströmte.
Ich grinste zurück und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Sie seufzte.
"Was ist?", fragte ich.
"Nichts. Ich bin nur sehr glücklich", antwortete sie und grinste in den Topf hinein. "Ich auch. Irgendwie".

Kurz darauf begannen wir den Baum zusammen zu schmücken. Dabei dudelte Weihnachtsmusik im Hintergrund und ich konnte mich nicht zurückhalten und sang hin und wieder mit. In mir stieg die Aufregung auf und immer wieder lugte ich auf mein Handy, um zu sehen ob Ethan geschrieben hatte.
Ich war nervlich ein wenig am Ende. Immer und immer wieder spielte ich das geplante im Kopf durch. Es wird schon gut gehen.

Nach einer langen Dreiviertelstunde war der Baum ansehnlich geschmückt und zauberte eine weihnachtliche Stimmung. Mit großen Augen und einem breiten Lächeln bewunderte ich ihn. Liza legte ihren Arm um meine Hüfte und legte ihren Kopf an meine Schulter.
"Fühlst du das auch?", fragte ich leise und sie zog verwirrt den Kopf hoch.
"Was?".
"Na diese Wärme... diese Freude", versuchte ich zu erklären. Es fühlte sich ungewohnt an, so anders. Mir wurde ganz warm ums Herz und ich strahlte dem Lichtermeer entgegen.
"Oh Grace". Liza grinste breit und drückte mir einen Kuss auf die glühende Wange.

Die Zeit bis meine Brüder kommen würden zog sich wie ein Kaugummi unendlich in die Länge. Ich platzte fast vor lauter Aufregung.
Kurz vorher richtete ich die Box mit dem Foto auf den Kaffeetisch im Wohnzimmer richtig hin und kontrollierte zum hundertsten Male ob es auch drin war. Immer wieder grinsten ich mich selber neben meinen Geschwistern an.

Um drei vor acht brachte ich Dad auf die Couch und setze ihn vor die Box.

"Dad ich möchte dir dein Geschenk heute schon geben", fing ich an er sah mich überrascht an.
"Keine Sorge ich hab keine Krawatte gekauft!". Er lachte und kratzte sich am Bart. "Ich hab etwas wieder gefunden, das ich dachte, wir bekommen es nie wieder zurück. Etwas was man nicht mit Geld zahlen kann". Ich nahm die Box und gab sie ihm. Verwirrt hob er den goldenen Deckel an und lugte hinein. Er zog die Augenbrauen zusammen. Dann erkannte er die beiden. Bis Dad geschnallt hatte, was gerade passierte, hatte Liza die Wohnungstür geöffnet und meine Brüder kamen herein.
"Hallo Dad", sagte Ethan und kämpfte mit den Tränen. Dad riss den Kopf hoch. Er weinte. Zum ersten Mal im Leben sah ich das.
Hinter Ethan kam Jackson rein, dicht gefolgt von Roberta. Dad stand ungläubig auf und starrte seine Söhne an. "Ethan? Jackson?". Seine Stimme zitterte. "Frohe Weihnachten", sagte Ethan leise und ging auf ihn zum Irgendwie weinten alle durch die geladene Stimmung im Wohnzimmer. Liza weinte, ich weinte und Roberta wischte auch schon.
Dad schloss die Arme um seinen ersten Sohn. Er schluchzte laut auf. "Oh Gott", murmelte ich und weinte noch mehr. Liza legte mir einen Arm um die Hüfte.
Sie drückte mir einen Kuss auf die Haare und lehnte sich an mich.
Nachdem Ethan ausreichend umarmt wurde, kam Jackson dran.
"Du siehst aus wie ich", stellte Dad fest und nahm sein Gesicht in die Hände.
"Und die wie ich", bestätigte mein kleiner Bruder und schniefte. Auch er wurde in die Arme geschlossen. Dann stellte Ethan uns alle Roberta vor. Ich wusste nicht, ob er heute noch den Antrag machen würde. Ich war erstmal froh das alles so gut über die Bühne gegangen war.

Dad schloss auch mich tausendmal in die Arme und bedankte sich ständig. Ich konnte die ganze Zeit nicht aufhören zu grinsen. Ich war einfach nur glücklich. 

Ich lernte auch Roberta richtig kenne und sie war einfach nur perfekt für Ethan. Sie hatte tiefschwarze Haare und sanfte dunkelbraune Augen. Doch an Lizas kamen die nicht ran. Doch allein schon wie sie Ethan ansah, ließ mein Herz schmelzen. Sie waren wie füreinander geschaffen.

Wir sahen bis drei Uhr morgens zusammen und redeten. Zwischenzeitlich wurde auch mal gegessen, aber reden war wichtiger. Vor allem für Dad.
"Wie lange wisst ihr voneinander schon?", fragte er dann und sah mich an. Ich überlegte. "Bestimmt schon zwei Wochen", meinte Ethan und grinste.
"Und da sagst du nicht eher Bescheid?". Ich zuckte mit den Schultern. "Frohe Weihnachten, mein alter Herr". Dad lachte und schüttelte den Kopf. "Du bist schon eine feine Tochter".
Ich grinste müde auf meinen Teller und gähnte. Das war ein aufregender Tag.

Nachdem alle gegangen waren, räumte ich mit Liza in der Küche noch ein wenig auf. "Ich bin so froh das alles  geklappt hat", sagte ich in die Stille. "Ich auch". Sie schloss den Geschirrspüler und drehte sich zum mir. Sie grinste mich an. "Hab ich dir eigentlich schon gesagt wie schön du bist?", sagte ich und ging auf sie zu. Sie legte den Kopf schief und streckte die Arme nach mir aus. "Halt die Klappe". Ich lächelte und zog sie nahe zu mir.
Zärtlich legte sie ihre Stirn an meine.
"Frohe Weihnachten".
"Ich liebe dich", sagte ich ganz leise und legte meine Lippen auf ihre. Sie grinste in den Kuss hinein und drückte mich gegen die Küchentheke. Ich vergrub meine Finger in ihren Haaren und wollte keinen Abstand mehr zwischen uns zulassen. Der Kuss wurde intensiver, doch sie ließ von mir ab.
"Ich denke wir sollten das an einer anderen Stelle vorsetzen".
"Kommt nicht infrage!", sagte ich entsetzt, packte ihre Hand und zog sie grinsend  ins Schlafzimmer.


Nochmal ein Kapitel!
Mal sehen wie lange ich für das nächste brauche ^^'
Lasst mir gerne eure Meinung und wünsche für zukünftige Kapitel :)

Miss JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt