Uncertain

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Die Schmerzen klingen langsam ab. Ich kann wieder frei atmen. Schräg liege ich auf dem Dach. Meine Wange habe ich auf meiner Hand gebettet. Es sieht fast so aus, als wolle ich hier draußen unter freiem Himmel die Nacht verbringen. Der Grund warum ich hier draußen liege ist allerdings ein anderer. Es ist ein für mich sehr verwirrender Grund. Regungslos betrachte ich ihn. Mein langes Haar hatte sich gelöst und fliest nun über meinen Rücken. Noch immer sitzt der Hauptgefreite bei mir. Ich weiß nicht wie viel Zeit inzwischen vergangen ist. Es ist mir auch egal. Ich habe das Gefühl ich könne ewig hier liegen und ihn dabei betrachten wie er in die Dunkelheit hinaus sieht. Still und erhaben. Wieder hat er dieses gewisse Etwas an sich, wie damals als ich ihn zeichnete. Nun ist es mir allerdings egal ob er es bemerken könnte. Vorsichtig und mit schmerzenden Rücken richte ich mich auf und lehne mich erschöpft an den Schornstein.

„Warum seit ihr hier?", frage ich mit gedämpfter Stimme. Ich erhalte keine Antwort. Nur kurz hat er mich im Augenwinkel betrachtet, um mich dann zu ignorieren. Schickt Erwin ihn etwa?

„Was wollt ihr von mir?", frage ich genauer nach und weiche unweigerlich zurück, als er sich erhebt. Einen Moment noch schaut er über die Dächer hinweg, doch im nächsten Moment wendet er sich mir zu. Ich drücke mich gegen den Schornstein. Es schmerzt mich sehr. Ich sehe zu ihm auf. Er sieht auf mich hinab. Unsere Körper glänzen im Mondschein. Unser Haar tanzt leicht im Wind. Ich zögerte einen Moment bevor ich seine Hand ergreife die er mir nun reicht, doch ich ergreife sie. Seine Haut ist etwas rau. Sie gibt Wärme an meine kalte Hand ab. Vorsichtig zieht er mich auf die Beine. Ich bin bemüht mir meine Schmerzen nicht anmerken zu lassen. Ich bin bemüht ihn nicht anzustarren, jedoch fällt es mir schwer.

Ohne auf meine Fragen einzugehen schreitet er der Scheitelpunkt es Daches entlang. Meine Hand lässt er dabei nicht los, er zieht mich mit sich. Ich folge ihm gehorsam. Als er die Haken seines 3DMA abfeuert zucke ich zusammen du will meine Hand aus seiner entfernen. Der Hauptgefreite spürt dies allerdings und verfestigt plötzlich seinen Griff. Schwungvoll zieht er mich zu sich. Sein Arm schlingt so schnell unter meinen Armen, über den Rücken entlang, dass ich mich nur noch an ihn klammern kann bevor wir vom Dach abheben und in Richtung Boden gleiten. Sachte setzt er mich ab und entfernt sich schnell von mir. Sprachlos stehe ich da und sehe ihn fragend an.

„Hol dein Gepäck! Wir brechen auf!", befiehlt er mir kühl.

„Wohin?", frage ich verwundert.

„Wirst du schon sehen!", antwortet er mir. Ich halte die Luft an. Er soll mich zurückbringen?

„ Ich gehe nicht zurück zum Hauptquartier !", offenbare ich ihm erbost und wende mich ab.

„ Mach dich nicht lächerlich! Ich weiß, dass du vorerst nicht zurück kannst!", antwortet er mir spöttisch. Geschockt sehe ich über die Schulter zu ihm. Die Augen des Hauptgefreiten blitzen mir warnend entgegen.

„Ich habe es Erwin empfohlen!", gesteht er mir mit ausdrucksloser Miene. Meine Kiefer spannen sich an. Es treibt mir die Tränen in die Augen, dass Erwin ihm so willenlos folgte, dass er seinen Worte so viel Beachtung schenkte.

„ Warum?", will ich wissen.

„ Er ist blind, wenn es um dich geht! Er kann die Sache nicht so betrachten, wie es eigentlich von ihm verlangt wird! Es war meine Pflicht ihn darauf hinzuweisen!", erklärt er mir. Ich straffe meine Schultern und gehe langsam auf ihn zu. Zähneknirschend sehe ich ihn an.

„Wie könnt ihr es wagen?", schreie ich und hole mit meiner Hand aus. Ich will ihn schlagen, doch er wehrt mich ab. Er ergreift mein Handgelenk, er hindert mich daran. Immer fester drückt er zu bis ich unter Schmerzen leicht in die Knie gehe.

„Diese Frage sollte ich dir eigentlich stellen! So blauäugig und unvorbereitet zurückzukehren, nur weil du es diesem blonden Idioten beweisen willst!", spuckt er mir entgegen. Sein Griff verfestigt sich weiter. Ich stöhne schmerzhaft auf.

„ Wenn du es dir selbst nicht eingestehen willst, dass du dir schon beim Gedanken dran hinter die Mauern zu müssen in die Hosen scheißt, dann ist es dein Problem! Aber ich lasse es nicht zu, dass du andere gefährdest!", sagt er und stößt mich weg.

„Was wollt ihr?", frage ich erneut. Die Vorwürfe, die er aussprach, stimmen. Laut hallen sie in meinem Kopf wieder. Ich fühle mich schlecht.

„Ich will dafür sorgen, dass du deine Zeit sinnvoll nutzt! Solange du lebst, wird Erwin an dir festhalten. Und solange ich lebe, wird er mich ständig auf dich ansetzen!", sagt er und führt zwei seiner Finger in seinen Mund. Ein schriller Pfiff ertönt und es dauert nicht lang bis das Klappern von Hufen zu hören ist und das Pferd es Hauptgefreiten aus einer Gasse kommt. Wortlos sehe ich ihn an.

„Hol dein Gepäck!", befiehlt er erneut. Ich nicke ergeben und verschwinde im Wirtshaus.

Langsam bewegen wir uns durch die verlassenen Gassen. Ich reite voran, im langsamen Tempo. Der Hauptgefreite leitet mich. Er ist nur eine Pferdelänge von mir entfernt. Er folgt mir, seine Blicke bohren sich in meinen Rücken. Ich habe keine Ahnung wohin wir gehen und was er vorhat. Ich vertraue ihm keineswegs, doch ein Fluchtversuch wäre sinnlos. Selbst mit Ausrüstung würde ich kläglich scheitern. Die Gegend in der wir uns befinden ist mir unbekannt. Angestrengt versuche ich zu erkennen wo wir sind, doch ich schaffe es nicht. Ich weiß nur, dass wir uns dem Rand eines Bezirkes nähern. Vor uns erscheinen keine dicht stehenden Häuser mehr, sondern eine große Fläche die hell erleuchtet ist. Die hohen dunklen Mauern ragen im Kontrast dahinter auf. Eine Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen, als ich erkenne das wir uns bei einem Massengrab gefallener Soldaten befinden. Ich halte an. Tränen steigen in meinen Augen auf. Ich wende mein Pferd auf der Stelle. Ich will hier verschwinden, doch der Hauptgefreite steht mir im Weg. Groß ragt er auf seinem prächtigen Pferd vor mir auf. Mein Blick gleitet zu seiner Satteltasche. Unter einer Jacke verborgen ragt ein Strauß schneeweißer Blumen hervor. 

Wallflower (Attack on Titan Levi x OC FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt