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In der Küche brannte Licht. Es fiel durch das Fensterglas bis in den Vorgarten und Jannis wusste, was auf ihn zukam. Warum das Licht noch brannte. Er blieb mitten auf dem Gehweg stehen und schaute die Haustür an, als ein Auto an den Straßenrand fuhr und dort den Motor abstellte. Es war ein alter, roter VW Kombi, dessen Beifahrertür immer ein leises Knarzen von sich gab, wenn man sie öffnete.

Die Fahrertür knarzte nicht, als Jannis' Vater sie öffnete.

„Jannis", sagte er und schaute ihn an, als er auf dem Bürgersteig stand, eine Hand auf die Oberkante der offenen Tür gelegt.

„Papa", erwiderte der.

„Ist schon ziemlich spät", sagte er leise und warf einen Blick zum beleuchteten Küchenfenster.

„Definitionssache", erwiderte Jannis. Er hatte sich von der Tür weggedreht und stand seinem Vater gegenüber.

„Was hast du gemacht?" Bei seinem Vater klang die Frage anders, als bei seiner Mutter. Interessiert an ihm, nicht an seinen Vergehen.

„Ich war mit Freunden unterwegs."

Sein Vater warf die Autotür zu und kam einen Schritt auf Jannis zu.

„Du hast was getrunken, oder?"

Jannis zog die Schultern hoch, um damit zu zucken, aber der strenge Blick seines Vaters traf ihn vorher.

„Lüg mich nicht an, Jannis", sagte er mit ruhiger Stimme.

„Nur Bier. Nicht viel."

Sein Vater nickte. Er streckte die Hand aus und wuschelte Jannis durchs Haar, ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

„Ich klär das mit deiner Mutter. Geht du ins Bett", sagte er und Jannis lächelte überrascht.

„Danke", sagte er und umarmte seinen Vater, ehe er gemeinsam mit ihm zur Tür ging und dann nach oben huschte, während sein Vater sich seiner Mutter stellte. Es dauerte nicht lange, bis ihre wütende Stimme durch den Boden in sein Zimmer drang, bis der entbrennende Streit sich durch seine Zimmertür drückte.

Jannis hörte nicht hin. Er legte Alarmsignal – Sklaven der Langeweile ein und drehte die Lautstärke hoch, bis das Gebrüll seiner Eltern in dem des Sängers unterging.


Es war sehr still im Haus, als Jannis am nächsten späten Vormittag die Treppen runterkam. In seinen schlabberigen Schlafklamotten ging er in die Küche, die sauber und verlassen dalag. Auch sonst kam kein Geräusch aus einem anderen Raum. Jannis schaute ins Wohnzimmer, ins Gästeklo, in den Keller.

Niemand da.

Er kehrte in die Küche zurück und schmierte sich zwei Brote zum Frühstück, die er in seinem Bett aß, während Fahneneid von Alarmsignal lief. Er zog sein Handy vom Ladekabel ab und verschickte drei Nachrichten. Eine an Lesz, an Vroni und an Marti.

KJH heute?

Er sperrte es und warf es wieder auf die Matratze, bewegte seinen Kopf im Takt zur Musik, biss von seinem Brot ab und kaute.


Jannis verließ das Haus bevor seine Eltern wieder nach Hause kamen. Vroni und Lesz erreichten fast zeitgleich den Bürgersteig und begrüßten Jannis mit einer herzlichen Umarmung.

„Wie fühlst du dich?", fragte Jannis Lesz und setzte sich neben ihn, als sie den Bürgersteig hinabliefen.

„Geht schon", sagte Lesz und zuckte mit den Schultern.

Anti-Normkonform [pausiert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt