15 - Auf den lichten Tag folgt die dunkle Nacht

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„Wer sagt denn, dass der andere Zauberer in dem Dorf bleiben und leiden muss? Wieso kann der erste Zauberer, der sich in dem Dorf wohlfühlt, dem anderen nicht helfen, sich wohl zu fühlen?! Sie könnten Freunde werden, uns der eine könnte dem anderen sein schönes Dorf zeigen. Dann wären beide glücklich." Ich musste einen Moment überlegen um zu verstehen, was sie damit meinte. Sie wollte meine Freundin sein?! SAG JA, schrie es in mir. Der Drang war so schmerzhaft, dass ich mich dessen kaum erwehren konnte. Aber durfte ich das? Hatte sie sich nicht überlegt, dass es sein könnte, dass ich einer ihrer Feinde sein könnte? Oder machte es ihr nichts aus? HA, das war bestenfalls mein egoistisches Wunschdenken! Oder hat sie nicht so weit gedacht? Oder war es ihr egal? Nicht möglich, auch wenn ich es mir wünschte. Ich durfte mich nicht wieder von meinen eigenen Wünschen blenden lassen. Es wäre ihr gegenüber nicht fair gewesen. Und ich? Mochte ich sie? Hm, ja... vermutlich. Es zog mich zu ihr hin, ja. Aber war das Liebe? Liebte ich sie, weil sie sie war oder zog es mich zu ihr hin, weil ich wusste, dass sie sich zu mir hingezogen fühlte? Nutzte ich sie nicht einfach nur aus? Nutzte den Vorteil, den ich durch das Verständnis der Kurgeln hatte, nicht nur aus, um meine egoistischen Wünsche zu stillen? Um nicht mehr einsam zu sein? Die Erinnerungen waren wieder da, die letzte Nacht war etwas Spezielles gewesen, war ein bisschen wie aus einem Traum. Eine bessere erste Nacht konnte ich mir nicht vorstellen. Exotisch, mit all den fremden Gerüchen und Geräuschen, der Hitze, die eine leichten Schweissfilm auf der Haut erzeugt hatte... Mir lief ein kleiner Schauder den Rücken herunter bei dem Gedanken daran. Aber nur kurz, dann verschwand er, verdrängt von etwas anderem. Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, was es war. Ekel. Ekel vor mir selbst. Es schüttelte mich. Meinen Arm, der um ihre Schulter lag, fühlte sich plötzlich verboten an und ich nahm, selbst überrascht von der Stärke des Gefühls, ihn zurück.

Ich musste bitter lachen. Ich hatte Stunden damit zugebracht, eine Entscheidung zu treffen zwischen dem, was ich sollte und dem, was ich wollte und ich war knapp davor gewesen, das zu tun, was ich wollte, obwohl ich wusste, das es nicht das Richtige war. Aber ich konnte es nicht, war zu zerrissen. Aber nun... Unvermittelt waren alle Zweifel verschwunden und ich hörte mich mehr sagen als ich es bewusst sagte: „Es geht nicht! Die beiden Zauberer leben in zwei verschiedenen Welten."

Ich war erleichtert, trotzdem tat es weh. Ich musste an die Nacht denken. Sie war so... als wäre sie... perfekt für mich.... gewesen. Sie sagte nichts. Ich wusste nicht, was sie jetzt dachte, aber ich durfte keine Zeit mehr verlieren. Ich wusste, wie dünn das Eis war, auf dem meine Entscheidung gebaut war. Jede Sekunde vergrösserte den Ekel vor mir selbst, hielt es nicht mehr aus. All das tobte in mir, als ich aufstand und schnurstracks in mein Zimmer ging. Dort nahm den Koffer und mit einem Wink mit dem Zauberstab flogen die wenigen Dinge, die noch hier waren in den Koffer, dann ging ich in unser... in ihr Zimmer und packte dort meine anderen Sachen ein. Und weiter ging es, direkt zu Miss Allencomb, die an der Tür stand und gerade Nummer 9 herein bat. Ich machte ein paar schnelle Schritte und streckte den Arm vor Nummer 9 aus, hinderte ihn einzutreten. In dem Moment sprang mich etwas an und kletterte auf meine linke Schulter. Für eine Moment was ich irritiert. Tur sass immer rechts... da sass er auch. Und links ein anders. Tar. Plötzlich verstand ich und beruhigte mich etwas.

„Bitte entschuldigen sie, Miss. Aber es ist sehr eilig. Bitte..."

Sie wollte zuerst wütend werden, nickte dann aber, es schien, als hörte sie etwas in meiner Stimme oder meinen Bewegungen. Sie fragte Nummer 9, ob es in Ordnung wäre. Nummer 9 war überrascht, nickte dann aber und sagte „Für Nummer 17 sowieso." und machte kehrt. Was immer das auch genau hiess. Miss Allencomb deutete in ihr Zimmer und ich trat ein.

„Was gibt es so Wichtiges?" fragte sie dann ruhig.

„Ich möchte das St. Mungo verlassen." meine Stimme klang völlig ruhig, als würde ich über das Wetter reden. Wobei... beim Wetter kann es sehr emotional werden. Es war eher so wie bei Professor Bims, monoton, was mich an mich selbst zweifeln lies? Gerade war ich noch so aufgeregt gewesen. Und nun? War ich tot? Nein, in mir tobte ein Vulkan an Gefühlen, aber wenn ich diesen auch nur ein kleines bisschen geben würde, würde es nicht über mich bringen, zu gehen. Dann könnte ich nicht einen klaren Gedanken fassen, geschweige denn so eine wichtige und gleichzeitig so schmerzhafte Entscheidung wirklich umzusetzen.

Ich und DracoWhere stories live. Discover now