38.

374 28 0
                                    

Mehrere Wochen sind bereits vergangen, in denen ich mich sehr elendig fühlte. Es war wie damals, nur das diesmal nicht Grindelwald der Verräter mit meinem Gesicht war, sondern wirklich ich.
Ich war ein Verräter und wenn dies je herauskam wäre ich nicht nur meinen Job los.

Es fällt mir immer öfter immer schwerer mich daran zu erinnern, weswegen ich das überhaupt mache. Oder besser, für wen.
Seid beinahe zwei Monaten habe ich nichts mehr von dem Mann gehört, dessen Leben und Zukunft in meinen Händen liegt. Auch Theseus hat mir keine kurzen Nachrichten mehr geschickt.

Seufzend vergrub ich die Finger in meinen Haaren und schloss die Augen. Es war tatsächlich wie ein Albtraum der wahr wurde. Ich fühlte mich als würde ich Schlafwandeln, ohne zu wissen wie ich aus diesem endlosen Traum aufwachen konnte.
Jeden Tag aufs Neue, bei jeder noch so kleinen 'Mission' die ich gemeinsam mit Grindelwald's Akolythen erledigen musste, schmerzte mein Herz und alles in mir sträubte sich dagegen.

Durch diesen Schmerz wurde mir aber bewusst, dass Scamander mir viel zu sehr am Herzen lag. Selbst wenn ich nicht wüsste das er mein Seelenpartner ist, war er mir wichtig. All die Jahre hatte ich alles versucht um nie eine solche Person als Druckmittel zu haben und ausgerechnet in Zeiten wie diesen musste sich mein Schicksal gegen mich stellen.

Von plötzlicher Wut erfasst, nahm ich die Feder, die durch einen Zauber tüchtig eine weitere Akte bearbeitete und brach sie in der Mitte durch, weswegen auch der Zauber erlosch.
Es knisterte leicht und ich ließ die beiden Teile auf den Tisch fallen, bevor ich wütend auf die Beine sprang und sämtliche Akten vor mir auf den Boden warf.

Bebend zitterte mein ganzer Körper und meine Hände ballten sich zu Fäusten. Schwer hob und senkte sich meine Brust, als ich auf die nun völlig ruinierten Akten am Boden blickte.

Ich war mein eigener Feind. Gefangen und in Ketten gelegt von niemand anderem als mir selbst. Ich belog und hintergang meine eigentlichen Freunde und Kollegen. Die Geschichte von damals wiederholte sich genau vor deren Nase, nur das sie es erneut nicht erkannten.
Diesmal war es aber nicht Grindelwald der sie verriet, sondern ich. Percival Graves, der Mann der davor eigentlich das Opfer der ganzen Geschichte war, wurde nun selbst zum Täter.
Es war alles ein perfides Spiel dieses kranken Zauberer und ich hatte ihm genau in die Karten gespielt. Mit jedem Schritt den ich besser machen wollte, machte ich eigentlich alles nur schlimmer. Hätte ich Scamander nicht zurück nach Großbritannien geschickt, hätte ich ihn beschützen können und er wäre nun nicht mein Druckmittel. Er, ein unschuldiger der mit all dem hier nichts zu tun haben wollte, wurde als Anker genommen um mich zu fesseln und zu binden.
Bitter spürte ich, dass nicht mein Ego meine größte Schwäche war, sondern er.

Ich konnte keinem mehr in die Augen sehen, weder Seraphina noch einem anderen. Ganz zu schweigen von mir selbst. Ich hatte bereits am selben Abend, nachdem ich mein Schicksal besiegelt hatte, den Spiegel im Badezimmer als auch in meinem Zimmer zerbrochen.

In genau einer Stunde, es war leider bereits 20:00Uhr,musste ich mich mit Grindelwald treffen. An keinem geringeren Ort als London, in diesem 'Hogsmead'. London an sich schmerzte schon genug, aber dann noch ein Ort an dem sich Scamander wohl möglich aufhielt? Es war einfach pure Qual.

_______________________________________

21:30Uhr stand ich schließlich in einem kleinen Dorf. Es war dunkel und nur ein paar Fackeln erhellten die Straßen. Niemand war zu sehen, bis auf ein paar Umrisse von Menschen in einigen der Gaststätten.
Ich selbst trug einen weiten, schwarzen Mantel, wie viele von Grindelwald's Anhängern es taten. Ich verabscheute diese Kleidung, aber man verschwand damit tatsächlich fast ganz in der Dunkelheit.

Seufzend steckte ich meine Hände in die Manteltaschen.
Ein leises Ploppen war rechts von mir zu hören und kurz darauf auch schwere, langsame Schritte die auf mich zu kamen.
Unmerklich stellten sich meine Nackenhaare auf. Ich musste nicht hinsehen um zu wissen wer es war.

"Eine wirklich tolle Nacht. Ich kann mich erinnern das ein ehemaliger Freund mich einmal dazu überreden konnte hier etwas zu kaufen und ein Butterbier zu trinken", sprach die eisige Stimme, welche mich in meinen Träumen heimsuchte.
Leicht nickend heftete ich meinen Blick so desinteressiert wie nur möglich an die Hauswand links neben mir. Den Gefallen demütig zu Boden zu sehen wollte ich ihm nicht tun.

Als er endlich auf meiner Höhe war, drehte ich meinen Kopf zu ihm. "Ich glaube kaum das diese kleine Geschichte alles ist, weswegen ich her kommen sollte?"
Grinsend drehte auch der andere Mann seinen Kopf zu mir. "Nein das war tatsächlich nicht der Grund. Ich wollte dir etwas zeigen, etwas was für dich sehr von Bedeutung ist."
Schnaubend sah ich geradeaus. Es gab nichts was mir noch etwas bedeutete.

"Du weißt das ich dir versprach, dass Scamander in Sicherheit und unbeschadet sein wird, richtig? Ich möchte dir zeigen das ich mein Wort gehalten habe. Ich bin kein Lügner Percival, ich bin vieles aber sicher nicht das."
Bei dem Namen 'Scamander' versteifte sich mein Körper deutlich. Er nutzte ihn schon wieder als Druckmittel und das ließ mich, hätte ich es gekonnt, vor Ekel beinahe kotzen.

Angespannt presste ich meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
" Siehst du den Laden da? Das ist der Drei Besen. Soweit ich weiß müsste der Mann für den du dies alles tust gerade dort sitzen und weiterhin an seinem Buch schreiben. Ich weiß das du mir dies nicht glaubst, weswegen du dich gern selbst überzeugen kannst. Ich weiß das du nichts unüberlegtes tun wirst, weswegen ich hier warte. "

Entgeistert blickte ich in dieses grauenhafte Gesicht. Er schien nicht zu lügen, sondern sah mich nur abwartend an.
Zögerlich machte ich einen Schritt nach dem anderen nach vorne auf das Gasthaus zu. In mir zitterte alles und ich hielt den Atem an.
Ich wusste nicht was in den nächsten Sekunden oder Minuten passieren würde. Wenn Newt wirklich dort war... Wollte ich ihn dann wirklich sehen? Er war alles an das ich die letzten zwei Monate dachte, nachdem ich mich wahrscheinlich sogar etwas sehnte. Würde ich zu ihm rennen und ihn an mich drücken, mich gegen Grindelwald Stellen und gemeinsam mit Newt verschwinden? Oder würde ich...

Augenblicklich blieb mein Herz für einige Sekunden stehen.
Ich stand vor dem Gasthaus und sah einen roten Lockenkopf an einem der Tische sitzen, seinen Stift konzentriert im Mund und ein Heft vor sich haltend. Über seinem Stuhl hing ein altmodischer, aus nicht sehr teurem Stoff gefertigter, blauer Mantel.

Minuten verstrichen in denen ich die Person einfach nur anstarren konnte. Es war tatsächlich Newt. Er sah aus wie immer, sogar glücklicher als sonst und deutlich entspannter. Es schien ihm tatsächlich gut zu gehen und er war unbeschadet.

Langsam trat ich näher an die Scheibe heran, um Newt auch ganz sicher sehen zu können. Grindelwald, der mich genaustens beobachtete, war längst vergessen.
Leider war ich so in Trance, dass ich die Besen vor mir nicht bemerkte und diese mit einem Scheppern in den Schnee vielen.

Newt schien dieses Geräusch wohl gehört zu haben, da sein Blick zu dem Fenster glitt, hinter welchem ich stand.
Schnell und erschrocken machte ich einen Satz zurück, an die kalte nasse Steinwand.
Mein Herz schmerzte und es fühlte sich an als würde es sich selbst gerade in kleine Teile zerreißen.

Newt durfte mich nicht sehen. Nicht so, nicht als das. Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht das er mich noch mehr hasste. Ich wollte das er glücklich und heilwegs sicher war und hoffentlich eines Tages glücklich sein konnte.
Es war das beste, wenn er nicht wüsste zu was ich geworden bin und so konnte ich ihm auch nicht unter die Augen treten.

Ich schloss meine Augen, die verräterisch brannten. Für Newt und mich gab es keine Zukunft mehr, nicht nach all dem. Ich war eine Gefahr für ihn und jetzt wo ich zu Grindelwald's Anhängern gehörte, war er unerreichbar für mich. Es ging ihm besser ohne mich, das wurde mir schmerzlich klar.
Ich tat dies alles damit der Mann der mir sehr wichtig geworden ist wieder ein Leben haben konnte. Eines das ich für seine Sicherheit geopfert hatte.
Ein Opfer das den Preis dafür wert war.

Ich atmete langsam aus, sammelte mich und lief mit zielstrebigen Schritten zu Grindelwald zurück. Ich hatte genug gesehen um sicher zu gehen, dass er sein Versprechen hielt. Jetzt musste ich dafür sorgen das dies auch so blieb. Selbst wenn dies hies, dass ich mein Leben und meine Freiheit für immer aufgab.
Der Grund weswegen ich dies tat, war auf einmal klarer als je zuvor und brannte sich regelrecht in mein Gehirn und meinen Verstand.

Gramander. Love is an open book, So write it. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt