Teil 9: Jonas

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An diesem Abend war ich sehr geknickt und lehnte jeglichen Kontakt nach aussen ab. Auch Noahs Nachrichten beantwortete ich nicht. Stattdessen lag ich völlig durcheinander in meinem Bett und überlegte mir, wo das Ganze noch hinführen sollte. Wenn ich immer nur etwas für die falschen Frauen fühlte, konnte ich doch gar nicht glücklich werden. Oder sollte ich das einfach alles verdrängen? Nein, das konnte ich auf keinen Fall. Während ich mich mit diesen Fragen befasste, klopfte es plötzlich an der Tür. Ich sagte: „Komm rein", ohne zu wissen wer da gerade geklopft hatte. Erfreulicherweise war es mein Bruder Jonas, der uns über die Feiertage besuchte. Er erschien bereits einen Tag früher als meine Schwester.

„Hey kleiner Bruder, alles klar?", fragte er mich, nachdem er eingetreten war. „Ja alles okay und bei dir?", fragte ich ihn. „Alles super. Ich freue mich echt dich wieder zu sehen. Ist lange her." „Genau ein Jahr", sagte ich kurz. Da wollte sich Jonas schon wieder rechtfertigen. Dies tat er sehr oft, denn er fasste vieles als Vorwurf auf. „Ja ich weiss, wir haben uns nicht oft gesehen in letzter Zeit aber das hat gute Gründe und soll sich jetzt im Übrigen ändern." Er legte eine kurze Pause ein und machte mir anschliessend einen Vorschlag. „Hey hör mal, was würdest du davon halten, wenn du nach Weihnachten mit mir nach Berlin kommst, für eine Woche oder so. Wir könnten dort zusammen Silvester feiern und ich könnte dir die Stadt zeigen. Emily habe ich auch gefragt, doch sie hat leider schon andere Pläne. Doch wenn du willst, könntest du auch einen Freund mitnehmen." Ich sagte erstmal nichts dazu. Sein Angebot kam überraschend. Er hatte uns vor einem Jahr das letzte Mal besucht und seit er in Berlin wohnte, hatte ich ihn nur noch sehr selten gesehen. „Und was meinst du?", fragte er noch einmal. „Okay", sagte ich ein wenig fröhlicher als noch zuvor. „Super", sagte Jonas und klatschte sich freudig in die Hände. „Und wie gesagt, falls du möchtest, könntest du auch einen Freund mitnehmen." „Ja ich überleg es mir", sagte ich zu ihm. Danach verliess er mein Zimmer wieder.

Einen Tag später kam auch meine Schwester Emily bei uns zu Hause an. Nun war die Familie also komplett, das erste Mal seit einem Jahr und das erste Mal in unserem neuen Haus. Um ehrlich zu sein, vermisste ich unser altes Haus. Zwar war unser neues Heim sehr elegant und stilvoll, doch das alte liess mich immer eine sehr besondere, heimelige Atmosphäre wahrnehmen. Diese war im neuen Haus kaum zu verspüren. Allerdings vermisste ich sonst nicht viel von meinem vorigen Leben. Echte Freunde liess ich durch den Umzug kaum zurück. Dies fiel mir allerdings erst auf, als ich merkte, dass ich sie nicht vermisste. Ich bin mir nicht sicher woran das lag, vielleicht an Noah oder der Musik, oder beidem.

Ich hatte mich, nachdem ich das Angebot meines Bruders gehört hatte, entschlossen, Noah zu fragen, ob er Lust hätte mitzukommen. Ich schrieb ihm gleich am Morgen des Tages vor Heilig Abend. Noah antwortete schnell. Er schrieb, er würde so gut wie alles tun um ein paar Tage von zu Hause weg zu kommen und so sagte er zu. Ich freute mich auf die Woche in Berlin, denn so konnte ich endlich mal ein wenig Abstand von den ganzen deprimierenden Vorkommnissen der letzten Monaten geniessen. Nach einer kurzen Absprache mit Noah, fragte ich auch Till, ob er uns begleiten möchte. Till freute sich über meine Anfrage und teilte mir sogleich mit, dass auch er mittkommen würde. Für Jonas war dies glücklicherweise in Ordnung. Er sagte zu mir, dass er uns in Berlin auch einige seiner Freunde vorstellen würde. Durch die Tatsache, dass Till und Noah mich nach Berlin begleiten würden, stand nun beinahe fest, dass die Woche in der deutschen Hauptstadt fantastisch werden würde. 

Die Musiker und die Realität - VorbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt