Dein Tod übernehme ich

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Kopfgeldjägerin. Schnell und präzise, keine Spur kann zurückverfolgt werden. Saubere Arbeit garantiert, natürlich gegen Bezahlung.

Das könnte wohl auf meinem Flyer stehen. Aber ich brauche keine Werbung, denn mein Image hat sich schnell herum gesprochen. Gefunden werde ich nur von den Leuten, von denen ich gefunden werden will, vorausgesetzt, sie bringen genug Geld mit sich.

Es wird zwar nicht gern gesehen, wie ich mir meine Unsterblichkeit zum Vorteil mache, aber ich ziehe daraus nur das Beste. Ich verstecke mich doch nicht. Viele Leute haben es auf mich abgesehen, da ich eigentlich nicht existieren sollte. Schuld daran sind wohl meine Eltern, beide unsterblich, obwohl das Gesetz lautete, dass keine Unsterblichen zusammen ein Kind kriegen sollen, denn es wäre zu stark, zu mächtig. Als meine Mutter erfahren hatte, dass sie schwanger war, ist sie geflohen und hat meinen Vater zurückgelassen, der eigentlich dafür sorgen sollte, dass sie nicht gefunden wird, was wohl nicht geklappt hat.

Denn als ich vier Jahre alt war, kam meine Mutter mich nicht aus dem Kindergarten abholen. Natürlich habe ich es nicht verstanden, als man mir gesagt hatte 'Deine Mama ist jetzt im Himmel', ich blieb immer in der Hoffnung, dass sie irgendwann wieder kam.

Bis zu dem Vorfall, als ich angefahren wurde. Von dem Kinderheim, in dem ich bis dahin zwei Jahre lang gelebt hatte, bekam ich zum Geburtstag Inliner. Ich schlich mich eines Abends raus, denn ich konnte von dem Gefühl einfach nicht genug kriegen, ohne Helm zu fahren. Das Heim lag auf einem kleinen Berg, von dem eine glatte, asphaltierte Straße hinunterführte, also perfekt zum Skaten.

Ich weiß noch, wie ich die Augen geschlossen hatte, als mir der Wind an den Haaren zerrte und zu spät bemerkte ich das Auto, das viel zu schnell die Kurve nahm. Das Gefühl, wie der Reifen meinen Brustkorb unter sich vergrub würde ich wohl nie vergessen.

Die Sanitäter erklärten mich an Ort und Stelle für tot, brachten mich ins Krankenhaus, in dem ich am nächsten Morgen aber nicht mehr war. Denn Ben hatte mich 'geklaut', wie es in den nächsten Tagen überall in den Zeitungen stand.

Wie sie mir erklärten, hatte Ben immer ein Auge auf mich und meine Mutter gehabt, sah jedoch kein Grund darin, mich aus dem Heim zu holen, denn meine Mutter hatte ihn immer wieder schwören lassen, dass ich in dem Unwissen aufwachsen sollte, was ich war und dass ich um jeden Preis in der normalen Welt leben sollte.

Das ging aber leider nicht mehr, als ich von zwei Ärtzen zu hirntot erklärt worden bin und am nächsten Tag meine Beerdigung hätte stattfinden sollen, denn am nächsten Tag war ich schon wieder auf den Beinen.

In der 'Organisation' wurde ich mit ein paar anderen Kindern ausgebildet, wie ich mit meiner Unsterblichkeit leben sollte. Natürlich lautete die Devise, dass ich unter keinen Umständen Leute einweihen solle.

Den Leuten in der Organisation war klar, dass ich noch weitere Gaben haben musste, da schon meine Eltern sehr mächtig gewesen waren, und so war es auch, allerdings machten sich diese 'Gaben' erst später bemerkbar.

Nicht nur meine Blutplättchen waren übermäßig stark in meinem Körper vertreten, sondern auch meine Muskeln. Dies bewies meine Kraft und Stärke. Und als ich sechszehn wurde kam noch etwas dazu, was es wohl noch nie gegeben hatte: Ich konnte Gedanken lesen.

Was dafür die Ursache war, kann sich keiner Denken, ich allerdings kam mit der Sache ganz gut klar, denn es erleichterte meinen Job ungemein. Mit achtzehn Jahren hat die Orgnisation keine Vollmacht mehr über dich, es sei denn, du begehst ein Kapitalverbrechen.

Und solange ich meine Identität nicht Preis gebe und es nicht zu lasse, dass mir jemand Blutwerte entnimmt, kann sie mich auch nicht zurückberufen. Außerdem hatte ich nicht schwören müssen, dass es verboten war, Menschen zu töten, denn das waren die Gesetze in der Menschenwelt, bei uns herrschen andere Normen.

Ich kann gar nicht genau sagen, was mich dazu gebracht hat, Mordaufträge entgegen zu nehmen... Wahrscheinlich war es einfach nur der Kick. Oder das Geld. Unsterbliche, die nicht in der Organisation waren, hatten es auch auf mich abgesehen, weil ich sowas wie das 'Wunderkind' war.

Außerdem hat mich die Organisation so gut wie aus den Augen verloren, denn kaum bin ich achtzehn geworden, bin ich aus dem Zentrum in London abgehauen und nach New York gezogen, wo sich mein Name schnell herum gesprochen hatte.

Dort zog ich in ein Penthouse, mit einem Bankkonto, deren Betrag immer höher stieg, allerdings wurden auch die Aufträge der Leute immer anspruchsvoller, je mehr sich mein Name herumsprach.

Heute Abend hatte ich einen Auftrag für einen gewissen Tony Alcantarra, der seinen größten Konkurrenten in Sachen Immobilien aus dem Weg haben wollte, denn er schnappte ihm wohl die größten Auträge vor der Nase weg. Eigentlich bräuchte sich Alcantarra nur ein bisschen mehr anzustrengen, die bessere Strategie entwickeln, aber seinen Feind töten zu lassen ging natürlich auch. Mal ganz davon abgesehen bekam ich für den Job eine halbe Million.

Er hatte mir die Information gegeben, dass Jacob Williams heute in dem neuen Nobelschuppen seinen Erfolg feiern wollte, er wollte es wohl richtig krachen lassen. Ich weiß zwar nicht, wie Alcantarra das herausgefunden, aber auf der Gästeliste standen wohl nur exquisiete Gäste und den Türsteher hatte er bestochen, dass nur eine Auslese an ansehenswürdigen Leute noch den Club betreten durften.

Das wird kein Problem für mich, denn ich bin June Parker.

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