Studium des Bösen

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Die mysteriöse Frau schritt durch die fackelbeleuchteten Höhlengänge, bis sie vor einer schweren Eichentür mit Eisenbeschlägen stand. Sie machte komplizierte Gesten, worauf die Beschläge begonnen blau zu glimmen und die Tür nach innen aufschwang. Dadurch wurde der Blick auf einen großen, prunkvoll eingerichteten Raum freigegeben, in dem merkwürdige Kunstgegenstände an den Wänden drapiert waren. Sie schienen aus Knochen und menschlicher Haut gefertigt. In der Ecke befand sich eine Feuerstelle mit Rauchabzug, wo über einem Feuer ein großer Kessel hing, aus dem es rötlich dampfte.

Die Frau setzte sich an einen kunstvoll gearbeiteten Tisch auf dem ein Öllicht stand und die Arbeitsfläche  erhellte, auf der ein uraltes, vergilbtes Buch aufgeschlagen lag. Die Geheimnisvolle mit den schwarzen Augen begann damit, in dem Buch zu lesen.
Nach einer Weile klopfte es zaghaft an der massiven Tür. Die mysteriöse, blonde Schönheit erhob sich und schritt zur Tür, um sie zu öffnen. Vor ihr stand eines der Kriegsmonster mit einem grob gewebten Leinenbeutel in der Hand, die ihm verblieben war. Die andere zierte ein schwerer Dreizack und die Hälfte seines Schädels war durch Metallplatten ersetzt worden. Als die rot leuchtenden Augenhöhlen die Herrin wahrnahmen, ließ sich das Kriegsmonster auf die Knie fallen, senkte sein Haupt und hob den Leinenbeutel der Frau entgegen. „Dann will ich sehen, wie erfolgreich ihr wart“, sagte diese, nahm den Beutel, öffnete ihn und sah hinein. „Was!?“, rief sie voller Zorn: „Nur drei?!? Wie KANNST du es wagen, mir SO unter die Augen zu treten?!?“ Sie griff in ihr nachtblaues Gewand, holte ein dünnes Schwert mit gebogener Klinge hervor und machte eine blitzschnelle, graziöse Drehung. Der Kopf des unglückseligen Kriegsmonsters blieb noch einige Lidschläge lang an seinem Platz, kippte dann vom Rumpf und rollte den düsteren Gang entlang. Der Körper sackte zur Seite und schwarzes Blut sickerte aus dem Hals auf den Boden und bildete dort eine Pfütze. Die grausame Frau drehte sich um und schloss die Tür hinter sich. Sie schritt anmutig zu der Feuerstelle, dann griff sie in den Beutel. Ein rötliches, langsam pulsierendes Stück Holz befand sich in ihrer Hand, als sie diese wieder aus dem Beutel zog. Die Frau ließ es in den brodelnden Kessel gleiten, worauf es heftig zischte. Dies tat sie auch mit den beiden Holzstücken, die sich noch im Beutel befanden. Dann drehte sie sich zu einem Regal, in dem dutzende Fläschchen säuberlich aufgereiht standen. „Oh, das Zwergenblut geht zur Neige“, stellte sie fest, als sie ein fast leeres Fläschchen begutachtete. Dann griff sie zu einer Flasche mit einer blauen Flüssigkeit und sagte zu sich: „Nun, Goblinblut habe ich noch genug…“, und träufelte ein paar Tropfen in den siedenden Topfinhalt. Anschließend nahm sie eine feine Klinge aus dem Regal und stach sich in den Finger. Ein Tropfen schwarzes Blut bildete sich auf der Fingerkuppe. Einen Augenblick betrachtete sie den Tropfen ihres Lebenssaftes, dann ließ sie ihn von ihrem Finger in den Kessel tropfen. Als er die brodelnde, dunkelbraune Flüssigkeit berührte, veränderte sich die Farbe schlagartig zu einem scharlachrot und begann unheilvoll zu leuchten.
Die Frau setzte sich wieder an den Tisch mit dem Buch und begann, es weiter zu studieren.

Auf einmal wurden ihre schwarzen Augen groß und sie setzte sich kerzengerade hin. „Ist es das…?“ ,fragte sie sich: „Habe ich endlich gefunden, wonach ich so lange suchte? Dann werde ich wohl einen Trupp zu den Erdwühlern im Osten senden. Die Zwerge scheinen das Geheimnis um Anderswelt zu kennen.“

Die Reise der PrüfungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt