34. Breathing

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♪ Breathin – Ariana Grande


N I A L L


Eigenartigerweise schlief ich in dieser Nacht relativ gut. Vielleicht lag es an der frischen Luft, die während des Abendspaziergangs, den ich gemeinsam mit Harry und Anni unternommen hatte, meine Lungen füllte. Wir waren noch eine gute halbe Stunde durch den Wald gelaufen, ehe wir uns zu Bett begaben und ich döste innerhalb kürzester Zeit hinüber ins Reich der Träume.

Ein lautes Geräusch weckte mich am Morgen. Es klang, als ob jemand Holz hacken würde und als ich mich ein wenig behäbig aus dem Bett erhob, um zum Fenster zu laufen, brach ich beinahe in Gelächter aus.

Harry stand tatsächlich mit einer Axt in der Hand vor einem großen, abgehackten Baumstumpf und die Holzscheite, die er fabrizierte, fielen zu Boden. Noch war es nicht Herbst, aber in England spielte das Wetter nach seinen eigenen Regeln. Da konnte es gut und gerne vorkommen, dass es nötig wurde, abends ein Feuer im Kamin anzuschüren.

Eine Weile beobachtete ich Harry, dessen muskulöse Arme sich immer in einem gleichbleibenden Rhythmus bewegten, während er das Holz zerteilte. Anni hatte ihn vollkommen verändert, so wie Heather mich verändert hatte. Nicht gänzlich, nicht unsere Charaktere, aber unsere Denkweisen. Frauen konnten Gutes bewirken, nicht nur Schlechtes, wie meine Mutter.

Unwirsch schüttelte ich den Gedanken an sie ab. Der merkwürdige Ausdruck ihrer Augen, als wir uns bei der Beerdigung meines Vaters über den Weg liefen, hatte sich leider in mein Gehirn gemeißelt.

Seufzend wandte ich mich vom Fenster ab, um das Badezimmer aufzusuchen, wo ich unter die Dusche stieg. Nachdem ich mir die Zähne geputzt und bequeme Klamotten angezogen hatte, begab ich mich ins Erdgeschoss, wo Anni bereits in der Küche werkelte.

„Guten Morgen, Niall. Na, hast du gut geschlafen?", begrüßte sie mich.

„Einwandfrei, die Landluft tut mir scheinbar gut", erwiderte ich grinsend.

„Det freut mich." Anni strahlte mich an und stellte Wurst, Käse, Marmelade, Honig sowie Butter auf den Tisch. Auf meine Frage, ob ich ihr behilflich sein könnte, bekam ich zur Antwort, dass ich Harry ins Haus holen sollte, damit wir mit dem Frühstück beginnen konnten.

Ich tat wie mir geheißen, lief zu meinem Freund und rief: „Axt beiseitelegen, es gibt Futter."

Lächelnd wischte Harry sich den Schweiß von der Stirn. „Guten Morgen, Niall, auch schon wach?"

„Bei dem Lärm kann ja keiner pennen", erwiderte ich, belgeitet durch ein Augenzwinkern.

„Es gab mal Zeiten, da schlief ich immer bis mittags, aber seit ich Anni kenne, stehe ich früh auf, weil ich jede Minute mit ihr genießen will", erklärte er, als wir gemeinsam ins Haus gingen.

Während Harry sich die Hände im Bad wusch, setzte ich mich zu Anni an den reichlich gedeckten Tisch. Ihre Eltern waren für einige Tage vereist, weshalb wir das Haus für uns alleine hatten.

„Ick kann nich weg, wenn sie weg sind, denn gestorben wird immer, auch an den Wochenenden", klärte Anni mich auf. Nickend nahm ich dies zur Kenntnis, wobei ich mich fragte, wie Harry das in der Zukunft wohl handeln würde, wenn Anni unabkömmlich sein sollte. Wie ich ihn kannte, hatte er bestimmt einen Plan B ausgetüftelt, der es ihm trotzdem ermöglichte, seine Freundin so oft wie möglich zu sehen, selbst wenn er zukünftig einer geregelten Arbeit nachging.

Zu dritt machten wir uns über das leckere Frühstück her und als wir aufgegessen hatten, kam Harry mit Vorschlag daher: „Ich würde gerne mit dir zum Golfen gehen, Niall."

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