4. Kapitel

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Warum war es so, dass die Woche unglaublich langsam verging, wenn man sich auf etwas freute und extrem schnell, wenn man sich vor etwas fürchtete?
Für mich war es die letzten paar Tage das erstere gewesen und ich war froh, dass es nun endlich Freitag war. Ich hatte die Klamotten, die ich heute anziehen wollte und meine Schminke in meine Gym-Tasche gepackt und lief runter ins Wohnzimmer, wo sich meine Mum aufhielt.
"Ich fetz jetzt rüber ins Studio und danach treffen wir uns bei Marisol für eine Film-Nacht", teilte ich meiner Mutter in einem nebensächlichen Ton mit, wobei das mit dem Gym eine Lüge war.
"Du auch? Kaine und Odys sind auch bereits dort", hakte meine Mum nach und sah dabei von ihrem Handy auf. Sie hatte mindestens zwei Stunden damit verbracht Hunde-Videos auf YouTube anzuschauen.
"Ja...die Idioten haben die Idee von uns geklaut", antwortete ich leicht unbehaglich. Diese Wichser! Das war nicht im Plan.
"Nicht, dass es Jolene zu viel wird. Wenn du willst kannst du Sol und Sam auch hierhin einladen", bot meine Mum an, weshalb ich mir ein Lächeln auf die Lippen zwang.
Wie ich es hasste zu lügen.
Eine Lüge ging meist in die nächste und irgendwann hatte man sich ein ganzes Netz aus Lügen gespannt.
"Ach was. Sie hat selbst gesagt, dass es klar geht und außerdem wird es mal wieder Zeit, dass du und Dad einen Abend für euch habt. Du weißt schon...bevor das Baby kommt", redete ich mich raus, weshalb sie lächelnd ihren Kopf schüttelte.
"Du vergisst Ophelia", kommentierte sie.
"Wann verlässt Ophelia schon mal ihr Zimmer? Sie übt wahrscheinlich für ihr Mathe-Triathlon oder so", gab ich schulterzuckend von mir.
Gott, sag bitte einfach ja...
Sie schien kurz zu überlegen bevor sie zustimmte.
"Hast recht. Das würde deinem Dad und mir vielleicht ganz guttun."
Jackpot!
"Okay also bis dann", verabschiedete ich mich glücklich und verließ das Haus.
Später würde ich anrufen und einfach sagen, dass ich bei Marisol schlief. Easy.

"Ich habe mein ganzes Maniküre-Set mitgebracht, dann können wir unsere Nägel machen während wir die Filme schauen", kam es aufgeregt von Sam als sie ihre Sachen in Sols Zimmer auspackte.
Marisol und ich wechselten kurz einen Blick bevor wir wieder zu dem rothaarigen Mädchen sahen.
"Das wird nicht nötig sein...", fing ich an und überlegte dabei wie ich es ihr schonend beibringen konnte, dass wir auf eine Party gingen.
"Wir gehen heute auf eine Party!", posaunte Marisol es raus.
Gut also dann wohl nicht schonend...
"Was?! Seid ihr Irre? Meine Eltern denken, dass wir eine Filme-Nacht machen", gab Sam schockiert von sich.
"Ja deshalb ist es doch perfekt. Jetzt können wir alle zu dritt auf die Party, ansonsten dürften du und Helen nicht gehen", antwortete Sol schulterzuckend.
"Ne, ich bin raus", sprach Sam endgültig.

Sam war dann auch raus.
Mit uns.
Fertig hergerichtet für die Party.
"Ich hasse euch", redete sie vor sich hin als sie und Sol mir ans Auto folgten. Ich war der Fahrer für heute also durfte ich leider nichts trinken.
"Und kaum zu glauben, dass du deine Mum in unseren Plan eingeweiht hast. Was ist, wenn das schief gegangen wäre?", beschwerte sich Sam.
"Chill. Meine Mum ist cool und der Plan würde ohne sie nicht funktionieren. Sie wird uns vor meinem Dad decken, der es ansonsten euren Vätern erzählen würde, weil er nicht lügen kann", beruhigte Marisol sie komplett entspannt.
So ging es die ganze Fahrt lang. Samantha war am ausrasten und Marisol am versichern während ich betete nicht erwischt zu werden.
"Okay, sind da", atmete ich nervös aus als ich das Auto fertig geparkt hatte. Ich stand extra mehrere Meter vom Haus entfernt, weil ich nicht riskieren wollte, dass man sich auf meinem Baby übergab.
"Bevor wir aber aussteigen und feiern, ein paar Sicherheitshinweise: Niemals eure Drinks unbeaufsichtigt lassen. Keine Getränke von anderen annehmen. Toilette absperren, wenn ihr müsst. Handy Klingelton anlassen, falls etwas wäre. Wenn wir uns nicht mehr finden, treffen wir uns an der Haustür, wo es beleuchtet ist. Wehe ihr denkt daran alleine ans Auto zu laufen. Es könnte nämlich sonst was passieren", sprach ich ernst. Ich war immerhin die älteste und hatte die Verantwortung für die zwei Vollidioten.
"Ja Mama", antwortete Sol ironisch und rollte amüsiert ihre Augen während Sam nervös zuhörte und sich wahrscheinlich gedanklich alles notierte. Sie war meine Lieblingsschülerin...
Ich ignorierte Marisols Aussage und packte die zwei Pfeffersprays aus, die ich für die beiden mitgebracht hatte.
"Falls euch ein Junge bedrängen sollte, zielt ihm hiermit auf die Augen. Warnt ihn davor aber nicht, dass ihr Pfefferspray dabeihabt, sonst kann er sich darauf vorbereiten", belehrte ich die beiden während ich es ihnen in die Hand drückte.
Ich würde mal eine gute Mutter werden...

Helen. (Sneak Peek)|| Coming SoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt