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Levington Unit/ State Penintary

Die Zellentore öffneten sich mit einem unerträglichen Lärm und ich verzog genervt mein Gesicht.
"Es gibt zu Essen, Boss", teilte mir mein Zellenbewohner das Offensichtliche mit, was ich ignorierte.
Der Typ hatte sich an mich geheftet seitdem ich aus der Einzelhaft entlassen wurde und nun mit den anderen Verbrechern sozialisieren konnte.
Selbst im Knast war derjenige mächtig, der Geld hatte. Und nun ja, derjenige mit den besten Rechtsanwälten.
Ach und vergessen wir nicht die Hilfe der korrupten Cops. Lang lebe das amerikanische Rechtssystem...

Der kleine Scheißer folgte mir aus der Zelle bis runter in die Kantine.
Er war noch jung. Wahrscheinlich hatte er noch vor ein paar Monaten an den Brüsten seiner Mutter genuckelt. Bevor er beschlossen hatte eine Bank auszurauben und dann im Knast gelandet war.
An unserem Tisch saß bereits Vincenzo und unser guter Freund Liam.
"Trägst du Zucker im Arsch oder wieso folgt der Knirps dir auf Schritt und Tritt?", kam es von Liam, worauf ich es nicht nötig sah zu antworten.
Man hatte Vincenzo und ihn in dieselbe Zelle gesteckt, nachdem man auch ihn aus der Einzelhaft entlassen hatte. Wahrscheinlich hatten die Wärter die Hoffnung, dass sie sich gegenseitig umbringen würden. Das war aber nicht passiert. Stattdessen meinte Vincenzo sich mit dem Kanadier anzufreunden.
"Soll ich dir dein Tablet holen Boss?", fragte Shrimp, dessen echten Namen ich immer noch nicht wusste, obwohl er es mir gefühlt 1000-mal schon gesagt hatte.
Ich nickte und er stellte sich an der Essensausgabe an.
"Schönes Stück Arsch hast du da, Benenatu", kam es kurz darauf von einer Stimme, die unmittelbar hinter mir stand.
"Du hast wohl nichts dagegen, wenn ich mir unseren Shrimp ausleihe oder?", hakte er provokant nach.
"Fass ihn an und ich lass dich von den Wachhunden in den Arsch ficken", antwortete ich unbeeindruckt ohne mich umzudrehen.
Die fünf Monate Einzelhaft mit nur einer halben Stunde Freilauf am Tag waren im Gegensatz hierzu Urlaub gewesen.
Jeden Tag aufs Neue meinte ein Bastard mich zu testen.
Gerade als der Wichser hinter mir wahrscheinlich Handgreiflich werden wollte, stand Vincenzo auf.
"Versuch es erst gar nicht", drohte er und ich konnte förmlich die Angst von dem Mann hinter mir spüren.
Ich hatte hier noch keinen getroffen, der genug Eier hatte, um sich mit Vincenzo anzulegen.
"Dein Wachhund wird nicht immer hier sein", spuckte der Mann aus, den ich noch nicht mal eines Blickes gewürdigt hatte und klopfte mir dabei drohend auf die Schulter bevor er sich zurückzog.
Shrimp kam mit zwei Tablets zurück und setzte sich zu uns.
"Man wie ich diesen Wichser Edge hasse", kommentierte er.
"Wieso ist er eigentlich hier?", hakte Liam nach während ich die Breie vor mir in mich runterzwang.
"Hat wohl seine Frau umgebracht, als er sie beim Fremdgehen erwischt hat und man sagt er hätte den Typen kastriert und dann vergewaltigt", erzählte Shrimp.
"Dem Typen will ich nachts nicht begegnen", kam es von Liam, wobei er angewidert sein Gesicht verzog.
Und dieser Typ war mal mein Konkurrent gewesen...

"Dante Benenatu", rief ein Bulle als wir alle im Hof waren.
Was war jetzt schon wieder los?
Die Jungs sahen mich interessiert an, woraufhin ich ihnen einen unbekümmerten Blick schenkte.
Ich lief zu dem Wärter, wobei ich mir die brennenden Blicke meiner Mitgefangenen bewusst war.
"Ja?", hakte ich nach.
"Anwalt", antwortete er knapp und lief einfach voraus.
Ich drehte mich kurz zu Vincenzo und nickte ihm zu, um ihm zu versichern, dass alles im grünen Bereich war, dann folgte ich dem Cop.

"Herr Benenatu", grüßte mich ein Fremder und stand dabei auf. Ich sah perplex von ihm zum Cop, der den Raum verließ und sich hinter den, nur nach außen verspiegelten, Spiegel stellte, um alles zu beobachten.
"Und Sie sind?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Jemand der Ihnen ein Angebot machen möchte", antwortete der Mann.
Mit einem emotionslosen Blick nahm ich Platz. Er tat es mir nach und blickte mich kurz an bevor er anfing zu reden.
"Sie wissen von dem Stick."
Als ich nichts sagte fuhr er fort.
"Und sie wissen wer ihn momentan hat."
"Wenn Sie hier sind, um mit ihren offensichtlichen Äußerungen meine Zeit zu verschwenden, dann werde ich jetzt gehen", gab ich unbeeindruckt von mir.
"Ich denke Sie haben genug Zeit. Schließlich sind sie hier ein Leben lang drin", schoss es gereizt aus dem Typen. Da hatte aber einer ein Aggressionsproblem...
"Also der Stick", wurde er wieder professionell.
"Wir wollen ihn haben und sie müssen uns dabei helfen, da ihr Komplize mit dem Stick leider unauffindbar ist", kam er auf den Punkt.
"Ich soll also snitchen? Und was habe ich davon?", antwortete ich amüsiert und zog dabei meine Augenbrauen hoch.
Der Typ konnte mich mal.
Er fing an zu grinsen bevor er etwas aus seinem Aktenkoffer holte und das Blatt vor mich legte.
"Wenn ich dieses Papierchen hier abschicke, dann würden sie transferiert werden und der Prozess für ihre Todesstrafe würde offiziell beginnen", sagte er mit einem bösartigen Lächeln auf den Lippen.
"Ich denke Sie sollten das Wort 'Angebot' im Wörterbuch nachschlagen. Denn das, was Sie gerade machen, ist Erpressung", informierte ich ihn während er das Blatt wieder einpackte.
"Nein es ist ein Angebot. Entweder sie sagen uns wo ihr Komplize sich mit dem Stick aufhält und bleiben hier in dieser gemütlichen Anstalt oder sie verlassen die Anstalt und somit auch die Lebenden", gab er von sich und ich konnte nicht anders als aufzulachen.
"Aus welchem Zirkus sind Sie? FBI? Secret Service? Was auch immer. Seid ihr ernsthaft so verzweifelt, dass ihr eine Person erpresst, die im Knast, ohne Kontakt zur Außenwelt, sitzt?"
"Woher soll ich wissen wo er mit dem Stick steckt? Kann ich durch die Wände durchsehen? Mir wird nicht mal Besuch gewährt. Nur meine Anwälte dürfen sich mit mir unterhalten. Also wie kommen Sie darauf, dass ich so etwas wissen könnte?", antwortete ich ihm amüsiert, bemüht nicht Jordans Namen zu sagen.
"Natürlich. Wie können wir so etwas nur denken? Aber wenn das so ist, dann habe ich Ihre Zeit wirklich verschwendet. Genießen Sie noch ihre zwei Tage hier bevor sie transferiert werden und bald schon auf den Stuhl kommen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zeitnah geschieht", gab er beim Aufstehen von sich und lief dann mit einem zufriedenen Grinsen aus dem Raum.
Meine gespielte Gelassenheit verflog mit einem Mal und ich stand wutentbrannt auf.
"Verfickte Scheiße!", brüllte ich und schmiss dabei den Tisch als auch die Stühle um, um mich etwas abzureagieren, was aber von zwei Cops schnell unterbrochen wurde.
Frustriert atmete ich aus als sie mich zurück in meine Zelle führten. Verfickte scheiße...

Meine Gedanken kreisten um Dawn.
Ich hatte immer noch die Hoffnung gehabt sie irgendwann wieder zu sehen aber der Tod war endgültig. Und auch wenn ich wissen würde wo sich Jordan aufhielt, was ich nicht tat, so würde ich ihn niemals verraten.
Ich musste jetzt einfach einsehen, dass es für mich und Dawn kein Wiedersehen mehr geben würde und hoffen, dass ich meiner Schwester auf der anderen Seite begegnen würde.

Rudderless.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt